nach dem Ende der ihrigen erzählen wenn ich einmal kan. Am Morgen wo ich gieng nahm sie Abschied und dankte mir für alles und war besorgt daß ich mich vom Boten verliere. Als ich wiederkam hatte die rauhe Hand des Todes, ungleich der Hand der Vorsehung, alle Leiden und alle Jahre auf dem blassen Angesicht ausgestrichen und sie5 war verjüngt und beruhigt. Ach wem wil ich etwas erzählen, da ichs nicht einmal schriftlich beschreiben kan? Lebe wohl! Und alles Sanfte und Gute und Liebevolle komme an unsern Freund Emanuel! --
Die Striche in Oertels Brief sind für dich keine, du liesest alles.[365]
Montags. Ich finde jezt meinen Brief von einem schlimmern Ein-10 bläser diktiert als der ist, der mich nach Hof begleitete. Dieser Soufleur sperte mich gestern ein. -- Vergieb manches Harte. Im Bade war keine Minute zum Schreiben übrig; und solche Briefe wie der gegen- wärtige solt ich auch ausser dem Bade nicht schreiben. Ich glaube, Emanuel hatte wie du noch keine frohere Zeit als diese. Deine15 Dichtung ist schön. -- Beigang hab' ich aus mehr als einer Ursache das Lesen aufgesagt: du kanst es künftig durch meine eigenhändige Aus- wahl bei ihm, besser fortsezen. -- Lasse doch Lübek fragen, wie weit die 2. Auflage des Fixleins ist. Lebe wohl! Ich habe im Bade viele Be- kante gemacht, viel Ehre, Lust und Gesundheit empfangen: denn ich20 gieng mit zerstörtem Magen hin. Mein Brief ist ein wahrer Frauen- zimmerbrief etc.
Vielleicht komm ich in 14 Tagen nach Bayreuth: denn die Berlepsch geht erst in 8 Tagen hier durch.
Gieb Emanuel was du für gut hältst: alle neuen Briefe hab ich dir25 nicht geschikt.
680. An?
[Kopie][Hof, 13. (?) Aug. 1797]
Man mus den Mädgen nur entgegen-nicht nachgehen.
*681. An die Generalin von Seckendorff in Obernzenn.30
Hof. d. 14 Aug. 1797.
Ihr liebender und ehrender Enthusiasmus, gnädige Frau, wurde wieder der Gegenstand des meinigen. Nur ein starkes Herz konte mir so viel vergeben; eine schöne Seele, wie die Ihrige, liebt unbewust in
nach dem Ende der ihrigen erzählen wenn ich einmal kan. Am Morgen wo ich gieng nahm ſie Abſchied und dankte mir für alles und war beſorgt daß ich mich vom Boten verliere. Als ich wiederkam hatte die rauhe Hand des Todes, ungleich der Hand der Vorſehung, alle Leiden und alle Jahre auf dem blaſſen Angeſicht ausgeſtrichen und ſie5 war verjüngt und beruhigt. Ach wem wil ich etwas erzählen, da ichs nicht einmal ſchriftlich beſchreiben kan? Lebe wohl! Und alles Sanfte und Gute und Liebevolle komme an unſern Freund Emanuel! —
Die Striche in Oertels Brief ſind für dich keine, du lieſeſt alles.[365]
Montags. Ich finde jezt meinen Brief von einem ſchlimmern Ein-10 bläſer diktiert als der iſt, der mich nach Hof begleitete. Dieſer Soufleur ſperte mich geſtern ein. — Vergieb manches Harte. Im Bade war keine Minute zum Schreiben übrig; und ſolche Briefe wie der gegen- wärtige ſolt ich auch auſſer dem Bade nicht ſchreiben. Ich glaube, Emanuel hatte wie du noch keine frohere Zeit als dieſe. Deine15 Dichtung iſt ſchön. — Beigang hab’ ich aus mehr als einer Urſache das Leſen aufgeſagt: du kanſt es künftig durch meine eigenhändige Aus- wahl bei ihm, beſſer fortſezen. — Laſſe doch Lübek fragen, wie weit die 2. Auflage des Fixleins iſt. Lebe wohl! Ich habe im Bade viele Be- kante gemacht, viel Ehre, Luſt und Geſundheit empfangen: denn ich20 gieng mit zerſtörtem Magen hin. Mein Brief iſt ein wahrer Frauen- zimmerbrief ꝛc.
Vielleicht komm ich in 14 Tagen nach Bayreuth: denn die Berlepsch geht erſt in 8 Tagen hier durch.
Gieb Emanuel was du für gut hältſt: alle neuen Briefe hab ich dir25 nicht geſchikt.
680. An?
[Kopie][Hof, 13. (?) Aug. 1797]
Man mus den Mädgen nur entgegen-nicht nachgehen.
*681. An die Generalin von Seckendorff in Obernzenn.30
Hof. d. 14 Aug. 1797.
Ihr liebender und ehrender Enthuſiaſmus, gnädige Frau, wurde wieder der Gegenſtand des meinigen. Nur ein ſtarkes Herz konte mir ſo viel vergeben; eine ſchöne Seele, wie die Ihrige, liebt unbewuſt in
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die rauhe Hand des Todes, ungleich der Hand der Vorſehung, alle
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nicht einmal ſchriftlich beſchreiben kan? Lebe wohl! Und alles Sanfte
und Gute und Liebevolle komme an unſern Freund Emanuel! —
Die Striche in Oertels Brief ſind für dich keine, du lieſeſt alles.
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Montags. Ich finde jezt meinen Brief von einem ſchlimmern Ein- 10
bläſer diktiert als der iſt, der mich nach Hof begleitete. Dieſer Soufleur
ſperte mich geſtern ein. — Vergieb manches Harte. Im Bade war
keine Minute zum Schreiben übrig; und ſolche Briefe wie der gegen-
wärtige ſolt ich auch auſſer dem Bade nicht ſchreiben. Ich glaube,
Emanuel hatte wie du noch keine frohere Zeit als dieſe. Deine 15
Dichtung iſt ſchön. — Beigang hab’ ich aus mehr als einer Urſache das
Leſen aufgeſagt: du kanſt es künftig durch meine eigenhändige Aus-
wahl bei ihm, beſſer fortſezen. — Laſſe doch Lübek fragen, wie weit die
2. Auflage des Fixleins iſt. Lebe wohl! Ich habe im Bade viele Be-
kante gemacht, viel Ehre, Luſt und Geſundheit empfangen: denn ich 20
gieng mit zerſtörtem Magen hin. Mein Brief iſt ein wahrer Frauen-
zimmerbrief ꝛc.
Vielleicht komm ich in 14 Tagen nach Bayreuth: denn die Berlepsch
geht erſt in 8 Tagen hier durch.
Gieb Emanuel was du für gut hältſt: alle neuen Briefe hab ich dir 25
nicht geſchikt.
680. An?
[Hof, 13. (?) Aug. 1797]
Man mus den Mädgen nur entgegen-nicht nachgehen.
*681. An die Generalin von Seckendorff in Obernzenn. 30
Hof. d. 14 Aug. 1797.
Ihr liebender und ehrender Enthuſiaſmus, gnädige Frau, wurde
wieder der Gegenſtand des meinigen. Nur ein ſtarkes Herz konte mir
ſo viel vergeben; eine ſchöne Seele, wie die Ihrige, liebt unbewuſt in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/384>, abgerufen am 30.07.2024.
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