schlüsse ist: zu zögern. Denn der Zufal gab mir immer bei wichtigen Dingen das Räderwerk und ich brauchte es nur aufzudrehen. Ich habe nun die Kometen-Linien des Verhängnisses so oft und lange berechnet, daß ich aus Einer die künftige errathe: ich wuste den Tod meiner Mutter, meine Entfernung von Hof, ich weis meine höchsten Schmerzen5 und Freuden voraus. Und jedes Auge kan es, unter dem ein Herz ist.
Ich bin eilig, verwirt, müde und mehr, mein Oertel, suche für mich oder las es den guten Beigang thun, der gewis ein Logis eben so gern für mich erwählt als präpariert.
Ich kan dir in der Eile nichts auf dich antworten. Bald bedürfen wir10 keine Dinte mehr als Amalgama. Liebe meine Freundin, d. h. höre[363] und errathe sie! Sie ist die erste genialische Frau, bei der mein Herz keine moralische Schmerzen lit.
Schlafe, träume, lebe froh, du gute Sophie, die ich bald finde.
Richter15
677. An Buchhändler Beygang in Leipzig.
[Kopie][Hof, 13. Aug. 1797]
In Ihrem Wunsche wohnt eine so gutherzig [?] gebende und liebende Seele, daß ich ihn beinahe erfüllen würde, wenn ich ihn haben [?] könte. -- das Gastzimmer, das Sie mir philanthropisch öfnen --20 Möge Ihnen immer das Schiksal Menschen zuführen, die Ihnen gleichen!
678. An Emanuel.
Hof. d. 13 Aug. 97.
Billetgen.25
Lieber Emanuel! Otto wird Ihnen viele Briefe an mich stat eines einzigen von mir übergeben. Sie scheinen immer mehr für Ihre Ge- danken, wie Lykurg und die Zelten für die Geseze, den Grundsaz anzunehmen, daß sie nur mündlich, nicht schriftlich vorgetragen werden dürfen. Sie geben leichter einen Ring als einen Brief. Jezt haben Sie30 Ihre Entschuldigung in der Freude -- und ich wünsche, daß Sie immer diese Entschuldigung haben. Leben Sie wohl!
Richter
Leere Seiten wie die benachbarte schneid' ich immer von den Briefen ab, die ich bekomme, aber nicht von denen, die ich schreibe.35
ſchlüſſe iſt: zu zögern. Denn der Zufal gab mir immer bei wichtigen Dingen das Räderwerk und ich brauchte es nur aufzudrehen. Ich habe nun die Kometen-Linien des Verhängniſſes ſo oft und lange berechnet, daß ich aus Einer die künftige errathe: ich wuſte den Tod meiner Mutter, meine Entfernung von Hof, ich weis meine höchſten Schmerzen5 und Freuden voraus. Und jedes Auge kan es, unter dem ein Herz iſt.
Ich bin eilig, verwirt, müde und mehr, mein Oertel, ſuche für mich oder las es den guten Beigang thun, der gewis ein Logis eben ſo gern für mich erwählt als präpariert.
Ich kan dir in der Eile nichts auf dich antworten. Bald bedürfen wir10 keine Dinte mehr als Amalgama. Liebe meine Freundin, d. h. höre[363] und errathe ſie! Sie iſt die erſte genialiſche Frau, bei der mein Herz keine moraliſche Schmerzen lit.
Schlafe, träume, lebe froh, du gute Sophie, die ich bald finde.
Richter15
677. An Buchhändler Beygang in Leipzig.
[Kopie][Hof, 13. Aug. 1797]
In Ihrem Wunſche wohnt eine ſo gutherzig [?] gebende und liebende Seele, daß ich ihn beinahe erfüllen würde, wenn ich ihn haben [?] könte. — das Gaſtzimmer, das Sie mir philanthropiſch öfnen —20 Möge Ihnen immer das Schikſal Menſchen zuführen, die Ihnen gleichen!
678. An Emanuel.
Hof. d. 13 Aug. 97.
Billetgen.25
Lieber Emanuel! Otto wird Ihnen viele Briefe an mich ſtat eines einzigen von mir übergeben. Sie ſcheinen immer mehr für Ihre Ge- danken, wie Lykurg und die Zelten für die Geſeze, den Grundſaz anzunehmen, daß ſie nur mündlich, nicht ſchriftlich vorgetragen werden dürfen. Sie geben leichter einen Ring als einen Brief. Jezt haben Sie30 Ihre Entſchuldigung in der Freude — und ich wünſche, daß Sie immer dieſe Entſchuldigung haben. Leben Sie wohl!
Richter
Leere Seiten wie die benachbarte ſchneid’ ich immer von den Briefen ab, die ich bekomme, aber nicht von denen, die ich ſchreibe.35
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nun die Kometen-Linien des Verhängniſſes ſo oft und lange berechnet,
daß ich aus Einer die künftige errathe: ich wuſte den Tod meiner
Mutter, meine Entfernung von Hof, ich weis meine höchſten Schmerzen 5
und Freuden voraus. Und jedes Auge kan es, unter dem ein Herz iſt.
Ich bin eilig, verwirt, müde und mehr, mein Oertel, ſuche für mich
oder las es den guten Beigang thun, der gewis ein Logis eben ſo gern
für mich erwählt als präpariert.
Ich kan dir in der Eile nichts auf dich antworten. Bald bedürfen wir 10
keine Dinte mehr als Amalgama. Liebe meine Freundin, d. h. höre
und errathe ſie! Sie iſt die erſte genialiſche Frau, bei der mein Herz
keine moraliſche Schmerzen lit.
[363]
Schlafe, träume, lebe froh, du gute Sophie, die ich bald finde.
Richter 15
677. An Buchhändler Beygang in Leipzig.
[Hof, 13. Aug. 1797]
In Ihrem Wunſche wohnt eine ſo gutherzig [?] gebende und liebende
Seele, daß ich ihn beinahe erfüllen würde, wenn ich ihn haben [?]
könte. — das Gaſtzimmer, das Sie mir philanthropiſch öfnen — 20
Möge Ihnen immer das Schikſal Menſchen zuführen, die Ihnen
gleichen!
678. An Emanuel.
Hof. d. 13 Aug. 97.
Billetgen. 25
Lieber Emanuel! Otto wird Ihnen viele Briefe an mich ſtat eines
einzigen von mir übergeben. Sie ſcheinen immer mehr für Ihre Ge-
danken, wie Lykurg und die Zelten für die Geſeze, den Grundſaz
anzunehmen, daß ſie nur mündlich, nicht ſchriftlich vorgetragen werden
dürfen. Sie geben leichter einen Ring als einen Brief. Jezt haben Sie 30
Ihre Entſchuldigung in der Freude — und ich wünſche, daß Sie immer
dieſe Entſchuldigung haben. Leben Sie wohl!
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ab, die ich bekomme, aber nicht von denen, die ich ſchreibe. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/382>, abgerufen am 30.07.2024.
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