Entbehrung sehne. Dieser Brief ist der dritte -- nämlich zwei vor meiner Bayreuther Reise mitgerechnet --, dem Sie wenn nicht 3 Zeilen doch 3 Sylben Antwort schuldig sind.
Mein herzlichster Wunsch ist, daß Sie sich -- nicht wohl befänden, damit das gute Schiksal und der schlimme Körper Sie nach Karlsbad5 bereden und bringen, und zwar blos darum wünsch' ichs, weil ich dieses mal selber dahin reise, ob ich gleich gesunder hingehe als andere abreisen: denn ich habe dort nichts zu suchen als -- stat der Arzneien -- Freuden, und darum wünschet Sie meine Seele hin.
Ich wünsch' Ihnen -- ausser der Gesundheit -- alles was Sie trösten,10 stillen, freuen kan. Leben Sie wohl und schreiben Sie mir bald, zürnende und geliebte Freundin!
Jean Paul Fr. Richter
Sie werden mir schon dieses Pläzgen zugestehen, damit ich darauf15 meine freundschaftlichsten Grüsse und Erinnerungen an H. v. Wam- bold niederlege. Geben Sie ihm in Ihrem Briefe auch ein solches Spielpläzgen für die Freundschaft.
(*)633. An Charlotte von Kalb in Kalbsrieth.
[Kopie, z. T. Konzept][Hof, 7. Juni 1797]20
[Hier sende ich Ihnen, gute Charlotte, den Beweis der Unsterblich- keit und das Bild eines Sterblichen. Möge das Schiksal dem Bilde, das sich Ihr Herz von mir entwirft, eine grössere Aehnlichkeit lassen als das gezeichnete hier darstelt. Ihr Stilschweigen schmerzt mich, dieselbe Festigkeit, womit ich zuweilen Ihren Wünschen und meinen25 widerspreche, giebt auch meiner Hochachtung und meiner Freundschaft für Sie eine Ewigkeit. Sein Sie künftig wie Sie wollen, ich ändere mich nie gegen Sie. Schweigen Sie fort, ich komme doch, wenn es das Verhängnis erlaubt] und suche in Ihren schönen Augen die schönste Gegenwart -- und wenn Sie diese versagen -- die schönste Vergangen-30 heit. -- Jeder Tropfe in meinen Augen gehört Ihrem geliebten Herzen.
634. An Karoline Herder in Weimar.[341]
Hof d. 8 Jun. 97.
Der hängende Garten der menschlichen Freude ist gerade das Gegentheil der englischen Gärten und Parks: wenn wir jenen ver-35
22*
Entbehrung ſehne. Dieſer Brief iſt der dritte — nämlich zwei vor meiner Bayreuther Reiſe mitgerechnet —, dem Sie wenn nicht 3 Zeilen doch 3 Sylben Antwort ſchuldig ſind.
Mein herzlichſter Wunſch iſt, daß Sie ſich — nicht wohl befänden, damit das gute Schikſal und der ſchlimme Körper Sie nach Karlsbad5 bereden und bringen, und zwar blos darum wünſch’ ichs, weil ich dieſes mal ſelber dahin reiſe, ob ich gleich geſunder hingehe als andere abreiſen: denn ich habe dort nichts zu ſuchen als — ſtat der Arzneien — Freuden, und darum wünſchet Sie meine Seele hin.
Ich wünſch’ Ihnen — auſſer der Geſundheit — alles was Sie tröſten,10 ſtillen, freuen kan. Leben Sie wohl und ſchreiben Sie mir bald, zürnende und geliebte Freundin!
Jean Paul Fr. Richter
Sie werden mir ſchon dieſes Pläzgen zugeſtehen, damit ich darauf15 meine freundſchaftlichſten Grüſſe und Erinnerungen an H. v. Wam- bold niederlege. Geben Sie ihm in Ihrem Briefe auch ein ſolches Spielpläzgen für die Freundſchaft.
(*)633. An Charlotte von Kalb in Kalbsrieth.
[Kopie, z. T. Konzept][Hof, 7. Juni 1797]20
[Hier ſende ich Ihnen, gute Charlotte, den Beweis der Unſterblich- keit und das Bild eines Sterblichen. Möge das Schikſal dem Bilde, das ſich Ihr Herz von mir entwirft, eine gröſſere Aehnlichkeit laſſen als das gezeichnete hier darſtelt. Ihr Stilſchweigen ſchmerzt mich, dieſelbe Feſtigkeit, womit ich zuweilen Ihren Wünſchen und meinen25 widerſpreche, giebt auch meiner Hochachtung und meiner Freundſchaft für Sie eine Ewigkeit. Sein Sie künftig wie Sie wollen, ich ändere mich nie gegen Sie. Schweigen Sie fort, ich komme doch, wenn es das Verhängnis erlaubt] und ſuche in Ihren ſchönen Augen die ſchönſte Gegenwart — und wenn Sie dieſe verſagen — die ſchönſte Vergangen-30 heit. — Jeder Tropfe in meinen Augen gehört Ihrem geliebten Herzen.
634. An Karoline Herder in Weimar.[341]
Hof d. 8 Jun. 97.
Der hängende Garten der menſchlichen Freude iſt gerade das Gegentheil der engliſchen Gärten und Parks: wenn wir jenen ver-35
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Entbehrung ſehne. Dieſer Brief iſt der dritte — nämlich zwei vor
meiner Bayreuther Reiſe mitgerechnet —, dem Sie wenn nicht
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Mein herzlichſter Wunſch iſt, daß Sie ſich — nicht wohl befänden,
damit das gute Schikſal und der ſchlimme Körper Sie nach Karlsbad 5
bereden und bringen, und zwar blos darum wünſch’ ichs, weil ich
dieſes mal ſelber dahin reiſe, ob ich gleich geſunder hingehe als andere
abreiſen: denn ich habe dort nichts zu ſuchen als — ſtat der Arzneien —
Freuden, und darum wünſchet Sie meine Seele hin.
Ich wünſch’ Ihnen — auſſer der Geſundheit — alles was Sie tröſten, 10
ſtillen, freuen kan. Leben Sie wohl und ſchreiben Sie mir bald,
zürnende und geliebte Freundin!
Jean Paul
Fr. Richter
Sie werden mir ſchon dieſes Pläzgen zugeſtehen, damit ich darauf 15
meine freundſchaftlichſten Grüſſe und Erinnerungen an H. v. Wam-
bold niederlege. Geben Sie ihm in Ihrem Briefe auch ein ſolches
Spielpläzgen für die Freundſchaft.
(*)633. An Charlotte von Kalb in Kalbsrieth.
[Hof, 7. Juni 1797] 20
[Hier ſende ich Ihnen, gute Charlotte, den Beweis der Unſterblich-
keit und das Bild eines Sterblichen. Möge das Schikſal dem Bilde,
das ſich Ihr Herz von mir entwirft, eine gröſſere Aehnlichkeit laſſen
als das gezeichnete hier darſtelt. Ihr Stilſchweigen ſchmerzt mich,
dieſelbe Feſtigkeit, womit ich zuweilen Ihren Wünſchen und meinen 25
widerſpreche, giebt auch meiner Hochachtung und meiner Freundſchaft
für Sie eine Ewigkeit. Sein Sie künftig wie Sie wollen, ich ändere
mich nie gegen Sie. Schweigen Sie fort, ich komme doch, wenn es das
Verhängnis erlaubt] und ſuche in Ihren ſchönen Augen die ſchönſte
Gegenwart — und wenn Sie dieſe verſagen — die ſchönſte Vergangen- 30
heit. — Jeder Tropfe in meinen Augen gehört Ihrem geliebten Herzen.
634. An Karoline Herder in Weimar.
Hof d. 8 Jun. 97.
Der hängende Garten der menſchlichen Freude iſt gerade das
Gegentheil der engliſchen Gärten und Parks: wenn wir jenen ver- 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/355>, abgerufen am 30.07.2024.
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