Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.(*)576. An Charlotte von Kalb in Weimar. [Kopie, z. T. Konzept][Hof, 3. April 1797]Das Datum klagt mich [wegen Versäumnis] an, [aber die Zer- -- Die Lähmung und Apoplexie Ihres Herzens in Beziehung auf die -- Das ganze Arbeitszeug meines Körpers kan mein Geist noch 577. An Friedrich von Oertel in Leipzig. Hof. d. 4ten April 97.Guter Alter! oder alter Guter! Wir fassen wieder unsere Hände, Deine litterarische Laufbahn über die ausländischen Felder hinüber (*)576. An Charlotte von Kalb in Weimar. [Kopie, z. T. Konzept][Hof, 3. April 1797]Das Datum klagt mich [wegen Verſäumnis] an, [aber die Zer- — Die Lähmung und Apoplexie Ihres Herzens in Beziehung auf die — Das ganze Arbeitszeug meines Körpers kan mein Geiſt noch 577. An Friedrich von Oertel in Leipzig. Hof. d. 4ten April 97.Guter Alter! oder alter Guter! Wir faſſen wieder unſere Hände, Deine litterariſche Laufbahn über die ausländiſchen Felder hinüber <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0331" n="316"/> <div type="letter" n="1"> <head>(*)576. An <hi rendition="#g">Charlotte von Kalb in Weimar.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie, z. T. Konzept]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 3. April 1797]</hi> </dateline><lb/> <p>Das Datum klagt mich [wegen Verſäumnis] an, [aber die Zer-<lb/> ſtreuung der Freude, der Rührung, die Beſuche machten, daß ich am<lb/> erſten Tage meines neuen Lebens das Wort brach. Nach der erſten<lb n="5"/> Sünde iſt es dem Menſchen natürlich, fortzuſündigen bis zum 3 April.<lb/> Ich beantworte zuerſt Ihren lezten genialiſchen Brief.]</p><lb/> <p>— Die Lähmung und Apoplexie Ihres Herzens in Beziehung auf die<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd2_317">[317]</ref></note>äuſſere Welt [thut mir weh;] — dieſes Erkalten aller Wünſche iſt<lb/> Krankheit und ich hoffe nur körperliche. Dieſe Erkrankung nimt durch<lb n="10"/> Ruhe und Phantaſie zu und geht [nur] fort durch Thätigkeit. [Eine<lb/> Reiſe wäre Ihnen Arznei — ach gienge ſie doch durch meine Stadt!]</p><lb/> <p>— Das ganze Arbeitszeug meines Körpers kan mein Geiſt noch<lb/> 20 Jahre gebrauchen eh’ es zerbricht. Eben löſet ſich vor meinem<lb/> Papier die Abendſonne in erhizten Goldwolken des Abends auf und<lb n="15"/> koloriert meine Wünſche [für meine Freundin — damit ſie froher ſei —<lb/> daß ſie die Erde beſſer und die Menſchen ſchöner finde — und daß ihr<lb/> Herz durch Thätigkeit geneſe. — Du giebſt mir Schmerzen, weil ich<lb/> dich nicht ändern d. h. erfreuen kan, noch weniger ermuthigen. —<lb/> Hoffet die Zukunft und genieſſet die Gegenwart! und ich bin ſeelig —<lb n="20"/> werde es!]</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <div type="letter" n="2"> <head>577. An <hi rendition="#g">Friedrich von Oertel in Leipzig.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Hof. d.</hi> 4<hi rendition="#sup"><hi rendition="#i">t</hi>en</hi> <hi rendition="#aq">April</hi> 97.</hi> </dateline><lb/> <p>Guter Alter! oder alter Guter! Wir faſſen wieder unſere Hände,<lb/> wenigſtens unſere Schreibfinger daran. — In [den] folgenden Säzen<lb n="25"/> iſt nur Moſer’ſcher Nexus, obwohl ſchönerer Anlas.</p><lb/> <p>Deine litterariſche Laufbahn über die ausländiſchen Felder hinüber<lb/> iſt mir deinetwegen wilkommen. Ohne Arbeit, d. h. ohne täglichen<lb/> Unterzwek iſt das Leben leer und die Freude ſchaal. Nur Arbeit iſt die<lb/> Ouvertüre des frohern innern Konzerts; und ich würde ſie auch ohne<lb n="30"/> ihren innern hinreiſſenden Reiz ſchon meines Gewiſſens und Stolzes<lb/> wegen ſuchen, um unter der Million, die um mich keucht und ſchwizt<lb/> und ſinkt, mich durch das Bewuſtſein der eignen Anſpannung aufrecht<lb/> zu erhalten. Arbeitſame Ermüdung iſt das Salz des Lebens; und die ge-<lb/> nieſſende deſſen Menſtruum.<lb n="35"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0331]
(*)576. An Charlotte von Kalb in Weimar.
[Hof, 3. April 1797]
Das Datum klagt mich [wegen Verſäumnis] an, [aber die Zer-
ſtreuung der Freude, der Rührung, die Beſuche machten, daß ich am
erſten Tage meines neuen Lebens das Wort brach. Nach der erſten 5
Sünde iſt es dem Menſchen natürlich, fortzuſündigen bis zum 3 April.
Ich beantworte zuerſt Ihren lezten genialiſchen Brief.]
— Die Lähmung und Apoplexie Ihres Herzens in Beziehung auf die
äuſſere Welt [thut mir weh;] — dieſes Erkalten aller Wünſche iſt
Krankheit und ich hoffe nur körperliche. Dieſe Erkrankung nimt durch 10
Ruhe und Phantaſie zu und geht [nur] fort durch Thätigkeit. [Eine
Reiſe wäre Ihnen Arznei — ach gienge ſie doch durch meine Stadt!]
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— Das ganze Arbeitszeug meines Körpers kan mein Geiſt noch
20 Jahre gebrauchen eh’ es zerbricht. Eben löſet ſich vor meinem
Papier die Abendſonne in erhizten Goldwolken des Abends auf und 15
koloriert meine Wünſche [für meine Freundin — damit ſie froher ſei —
daß ſie die Erde beſſer und die Menſchen ſchöner finde — und daß ihr
Herz durch Thätigkeit geneſe. — Du giebſt mir Schmerzen, weil ich
dich nicht ändern d. h. erfreuen kan, noch weniger ermuthigen. —
Hoffet die Zukunft und genieſſet die Gegenwart! und ich bin ſeelig — 20
werde es!]
577. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
Hof. d. 4ten April 97.
Guter Alter! oder alter Guter! Wir faſſen wieder unſere Hände,
wenigſtens unſere Schreibfinger daran. — In [den] folgenden Säzen 25
iſt nur Moſer’ſcher Nexus, obwohl ſchönerer Anlas.
Deine litterariſche Laufbahn über die ausländiſchen Felder hinüber
iſt mir deinetwegen wilkommen. Ohne Arbeit, d. h. ohne täglichen
Unterzwek iſt das Leben leer und die Freude ſchaal. Nur Arbeit iſt die
Ouvertüre des frohern innern Konzerts; und ich würde ſie auch ohne 30
ihren innern hinreiſſenden Reiz ſchon meines Gewiſſens und Stolzes
wegen ſuchen, um unter der Million, die um mich keucht und ſchwizt
und ſinkt, mich durch das Bewuſtſein der eignen Anſpannung aufrecht
zu erhalten. Arbeitſame Ermüdung iſt das Salz des Lebens; und die ge-
nieſſende deſſen Menſtruum. 35
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(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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