lichen theologischen Fragen was hier oder da recht sei, in den vielen Briefen an andere, die alle denselben Ton anschlugen wie ihre Reden, in ihren demüthigen Konfessionen und Thränen -- -- Lasse mich nichts mehr sagen, sie hat meine Seele erobert, ich sehe ihre Sonnen- und Sommerflecken des Weltlebens, ihre übertriebne Selbstachtung, ihre5 weiblichen Niederlagen; -- aber ich sehe auch den fliegenden glühenden Geist. etc. etc. etc.
Du kenst sie nicht: thu mir den Gefallen, kein Wort über sie zu sagen. Hätt' ich sie nur einmal dramatisch dargestelt: du begriffest sie und mich. Sie hat blos den Egoismus starker, weicher, philanthro-10 pischer Gefühle.
N. S. Zur Probe leg ich dir einen Brief, den ein Fräulein v. Schuk- man das erste mal mir schrieb, mit bei.
N. 2.
Dem Überbringer *) dieses gieb so viel von deinem Herzen als du in15 der Eile herausbringen kanst. Er heisset H. von Ahlefeld, Justiz- assessor in Berlin. Er ist mein hochgeachteter Freund, ein Man von eben so zarter als fester Moralität, vol Phantasie und ausgebildet aber nicht ausgehölet von der Welt. Schenk' ihm viel Liebe, er wird dir alles bezahlen. Er handelt nach den reinsten Grundsäzen, sogar gegen20 mehr als ein Geschlecht.
Jezt folgen fast lauter Bitten an dich, deren Verzeihung der Gegenstand der
1ten sein sol --
die 2te ist: schicke mir den dritten Theil der Erholungen oder doch die25 Kopie der Rezension über mich --
die 3te: schicke mir auf acht Tage den Schillerschen Almanach.
die 4te: fodere deinem zögernden Bruder die Kinderbonmots- [262]Anthologie ab, die ich, wenn du sie gelesen, jezt zum Vortheil der kleinen Verfasser selber nüzen kan --30
die 5te: frage doch in der nächsten Buchhandlung nach, ob die neue- sten Theile meiner Blumenstüke schon auf der Messe waren; denn ich habe noch nichts --
Die Aufträge die ich an dich habe sind:
*) Der Überbringer ist noch selber von der Post nicht überbracht; in jedem Falle35 sieht er dich bei seiner Durchreise.
lichen theologiſchen Fragen was hier oder da recht ſei, in den vielen Briefen an andere, die alle denſelben Ton anſchlugen wie ihre Reden, in ihren demüthigen Konfeſſionen und Thränen — — Laſſe mich nichts mehr ſagen, ſie hat meine Seele erobert, ich ſehe ihre Sonnen- und Sommerflecken des Weltlebens, ihre übertriebne Selbſtachtung, ihre5 weiblichen Niederlagen; — aber ich ſehe auch den fliegenden glühenden Geiſt. ꝛc. ꝛc. ꝛc.
Du kenſt ſie nicht: thu mir den Gefallen, kein Wort über ſie zu ſagen. Hätt’ ich ſie nur einmal dramatiſch dargeſtelt: du begriffeſt ſie und mich. Sie hat blos den Egoiſmus ſtarker, weicher, philanthro-10 piſcher Gefühle.
N. S. Zur Probe leg ich dir einen Brief, den ein Fräulein v. Schuk- man das erſte mal mir ſchrieb, mit bei.
N. 2.
Dem Überbringer *) dieſes gieb ſo viel von deinem Herzen als du in15 der Eile herausbringen kanſt. Er heiſſet H. von Ahlefeld, Juſtiz- aſſeſſor in Berlin. Er iſt mein hochgeachteter Freund, ein Man von eben ſo zarter als feſter Moralität, vol Phantaſie und ausgebildet aber nicht ausgehölet von der Welt. Schenk’ ihm viel Liebe, er wird dir alles bezahlen. Er handelt nach den reinſten Grundſäzen, ſogar gegen20 mehr als ein Geſchlecht.
Jezt folgen faſt lauter Bitten an dich, deren Verzeihung der Gegenſtand der
1ten ſein ſol —
die 2te iſt: ſchicke mir den dritten Theil der Erholungen oder doch die25 Kopie der Rezenſion über mich —
die 3te: ſchicke mir auf acht Tage den Schillerſchen Almanach.
die 4te: fodere deinem zögernden Bruder die Kinderbonmots- [262]Anthologie ab, die ich, wenn du ſie geleſen, jezt zum Vortheil der kleinen Verfaſſer ſelber nüzen kan —30
die 5te: frage doch in der nächſten Buchhandlung nach, ob die neue- ſten Theile meiner Blumenstüke ſchon auf der Meſſe waren; denn ich habe noch nichts —
Die Aufträge die ich an dich habe ſind:
*) Der Überbringer iſt noch ſelber von der Poſt nicht überbracht; in jedem Falle35 ſieht er dich bei ſeiner Durchreiſe.
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lichen theologiſchen Fragen was hier oder da recht ſei, in den vielen
Briefen an andere, die alle denſelben Ton anſchlugen wie ihre Reden,
in ihren demüthigen Konfeſſionen und Thränen — — Laſſe mich nichts
mehr ſagen, ſie hat meine Seele erobert, ich ſehe ihre Sonnen- und
Sommerflecken des Weltlebens, ihre übertriebne Selbſtachtung, ihre 5
weiblichen Niederlagen; — aber ich ſehe auch den fliegenden glühenden
Geiſt. ꝛc. ꝛc. ꝛc.
Du kenſt ſie nicht: thu mir den Gefallen, kein Wort über ſie zu ſagen.
Hätt’ ich ſie nur einmal dramatiſch dargeſtelt: du begriffeſt ſie und
mich. Sie hat blos den Egoiſmus ſtarker, weicher, philanthro- 10
piſcher Gefühle.
N. S. Zur Probe leg ich dir einen Brief, den ein Fräulein v. Schuk-
man das erſte mal mir ſchrieb, mit bei.
N. 2.
Dem Überbringer *) dieſes gieb ſo viel von deinem Herzen als du in 15
der Eile herausbringen kanſt. Er heiſſet H. von Ahlefeld, Juſtiz-
aſſeſſor in Berlin. Er iſt mein hochgeachteter Freund, ein Man von
eben ſo zarter als feſter Moralität, vol Phantaſie und ausgebildet
aber nicht ausgehölet von der Welt. Schenk’ ihm viel Liebe, er wird dir
alles bezahlen. Er handelt nach den reinſten Grundſäzen, ſogar gegen 20
mehr als ein Geſchlecht.
Jezt folgen faſt lauter Bitten an dich, deren Verzeihung der
Gegenſtand der
1ten ſein ſol —
die 2te iſt: ſchicke mir den dritten Theil der Erholungen oder doch die 25
Kopie der Rezenſion über mich —
die 3te: ſchicke mir auf acht Tage den Schillerſchen Almanach.
die 4te: fodere deinem zögernden Bruder die Kinderbonmots-
Anthologie ab, die ich, wenn du ſie geleſen, jezt zum Vortheil der
kleinen Verfaſſer ſelber nüzen kan — 30
die 5te: frage doch in der nächſten Buchhandlung nach, ob die neue-
ſten Theile meiner Blumenstüke ſchon auf der Meſſe waren; denn
ich habe noch nichts —
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*) Der Überbringer iſt noch ſelber von der Poſt nicht überbracht; in jedem Falle 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/277>, abgerufen am 30.07.2024.
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