Hier, Lieber, send' ich dir für deine Briefe wieder dreie. Lies den von Oertel zuerst. Die Waare aus Leipzig ist noch nicht gekommen. Weist du keine Erklärung?5
436. An Christian Otto.
[Hof, 17. Okt. 1796]
Ich werde nachkommen, wenn ich nur erst Millionen Kleinigkeiten berichtet und mich überhaupt auf mein Papier- und Schreibwesen werde besonnen haben.10
437. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 19. Okt. 1796]
Die Erinnerung ist die 2te Welt der Freude, der Harmonikanachklang unsers vertönenden Lebens. Die lezten Stunden werden von allen meinen jezigen nachgespiegelt. Die Schweiz entzieht meinem Gefühl15 mehr als sie ungesehen ihm bisher gab -- denn sie nimt mir Sie. Ein Monat um den andern wird mein Sehnen mehren und keiner wird es stillen. Die hohe Natur wird Sie mit den Pharusthürmen der Gletscher und mit den unbelebten Titanen der Alpen umfassen und ver- hüllen -- und ich werde von Ihrer vollen Seele nichts haben als die20 Hülle ihrer Hülle -- einen Farben Wiederschein, Ihr Bild. -- Wo ich die schönen Augen, aus denen schon so viele bittere und frohe Thränen flossen, vor meinen habe und wo ich in sie, obwohl in gemalte und ihrer h. Seele beraubte, versinke -- das Portrait, den Schatten, den Sie im Entfliehen werfen. Briefe [sind] Silhouetten der Seele. Ich hänge von25 der Göttin des Glüks und einer noch schönern ab. Ich bitte Sie gleich stark um einen Brief und um e[inen] französ[ischen]. Ihre Locke würd' ich nicht wie Bereni[zens] ihre in den Himmel versezen: denn sie ist mir einer -- Und du, Schiksal, nim ihrem Herzen, in dem eben so viele Tugenden als Schmerzen sind, nichts mehr, ausgenommen die leztern.30
438. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 22. Okt. 1796. Sonnabend]
Der Zuhörer mündlicher Altarblätter. Ein Brief und darin Ihr Bild, mit Dinte oder mit Farben volendet --
[259]435. An Chriſtian Otto.
[Hof, 17. Okt. 1796]
Hier, Lieber, ſend’ ich dir für deine Briefe wieder dreie. Lies den von Oertel zuerſt. Die Waare aus Leipzig iſt noch nicht gekommen. Weiſt du keine Erklärung?5
436. An Chriſtian Otto.
[Hof, 17. Okt. 1796]
Ich werde nachkommen, wenn ich nur erſt Millionen Kleinigkeiten berichtet und mich überhaupt auf mein Papier- und Schreibweſen werde beſonnen haben.10
437. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 19. Okt. 1796]
Die Erinnerung iſt die 2te Welt der Freude, der Harmonikanachklang unſers vertönenden Lebens. Die lezten Stunden werden von allen meinen jezigen nachgeſpiegelt. Die Schweiz entzieht meinem Gefühl15 mehr als ſie ungeſehen ihm bisher gab — denn ſie nimt mir Sie. Ein Monat um den andern wird mein Sehnen mehren und keiner wird es ſtillen. Die hohe Natur wird Sie mit den Pharusthürmen der Gletſcher und mit den unbelebten Titanen der Alpen umfaſſen und ver- hüllen — und ich werde von Ihrer vollen Seele nichts haben als die20 Hülle ihrer Hülle — einen Farben Wiederſchein, Ihr Bild. — Wo ich die ſchönen Augen, aus denen ſchon ſo viele bittere und frohe Thränen floſſen, vor meinen habe und wo ich in ſie, obwohl in gemalte und ihrer h. Seele beraubte, verſinke — das Portrait, den Schatten, den Sie im Entfliehen werfen. Briefe [ſind] Silhouetten der Seele. Ich hänge von25 der Göttin des Glüks und einer noch ſchönern ab. Ich bitte Sie gleich ſtark um einen Brief und um e[inen] franzöſ[iſchen]. Ihre Locke würd’ ich nicht wie Bereni[zens] ihre in den Himmel verſezen: denn ſie iſt mir einer — Und du, Schikſal, nim ihrem Herzen, in dem eben ſo viele Tugenden als Schmerzen ſind, nichts mehr, ausgenommen die leztern.30
438. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 22. Okt. 1796. Sonnabend]
Der Zuhörer mündlicher Altarblätter. Ein Brief und darin Ihr Bild, mit Dinte oder mit Farben volendet —
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435. An Chriſtian Otto.
[Hof, 17. Okt. 1796]
Hier, Lieber, ſend’ ich dir für deine Briefe wieder dreie. Lies den von
Oertel zuerſt. Die Waare aus Leipzig iſt noch nicht gekommen. Weiſt
du keine Erklärung? 5
436. An Chriſtian Otto.
[Hof, 17. Okt. 1796]
Ich werde nachkommen, wenn ich nur erſt Millionen Kleinigkeiten
berichtet und mich überhaupt auf mein Papier- und Schreibweſen
werde beſonnen haben. 10
437. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
[Hof, 19. Okt. 1796]
Die Erinnerung iſt die 2te Welt der Freude, der Harmonikanachklang
unſers vertönenden Lebens. Die lezten Stunden werden von allen
meinen jezigen nachgeſpiegelt. Die Schweiz entzieht meinem Gefühl 15
mehr als ſie ungeſehen ihm bisher gab — denn ſie nimt mir Sie.
Ein Monat um den andern wird mein Sehnen mehren und keiner wird
es ſtillen. Die hohe Natur wird Sie mit den Pharusthürmen der
Gletſcher und mit den unbelebten Titanen der Alpen umfaſſen und ver-
hüllen — und ich werde von Ihrer vollen Seele nichts haben als die 20
Hülle ihrer Hülle — einen Farben Wiederſchein, Ihr Bild. — Wo ich
die ſchönen Augen, aus denen ſchon ſo viele bittere und frohe Thränen
floſſen, vor meinen habe und wo ich in ſie, obwohl in gemalte und ihrer
h. Seele beraubte, verſinke — das Portrait, den Schatten, den Sie im
Entfliehen werfen. Briefe [ſind] Silhouetten der Seele. Ich hänge von 25
der Göttin des Glüks und einer noch ſchönern ab. Ich bitte Sie gleich
ſtark um einen Brief und um e[inen] franzöſ[iſchen]. Ihre Locke würd’
ich nicht wie Bereni[zens] ihre in den Himmel verſezen: denn ſie iſt mir
einer — Und du, Schikſal, nim ihrem Herzen, in dem eben ſo viele
Tugenden als Schmerzen ſind, nichts mehr, ausgenommen die leztern. 30
438. An Julie von Krüdener in Bayreuth.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/275>, abgerufen am 30.07.2024.
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