N. S. Emanuel war gestern so seelig als ers seine Gäste machte und sah. Wenn er den Himmel gekauft hätte: so schenkt' er ihn seinen Freunden und bäte sich nur aus, als Miethsman darin zu wohnen.
Die Briefe an Amöne und Caroline schicken Sie sogleich hinauf zu Christian.5
428. An Christoph Otto.
Bayreuth d. 11. Okt. 1796 [Dienstag].
Dein Brief, du guter Bruder, den dein Herz und dein Kopf zugleich geschrieben, weil er zugleich warm und schön war, brachte mir, mit dem weiblichen Briefe gepaart, eine schöne Stunde heraus nach Bay-10 reuth und sezte mich gleichsam zwischen euch beide aufs Kanapee. So ist es hübsch, wenn man die Freuden und die Freunde zweier Städte auf einmal, Hof und Bayreuth in Einer Stube vereint.
Ich wolt' ich wäre Einen Tag in Hof gewesen, damit ich einige Tage nachher länger in Bayreuth bleiben könte. Doch hoff' ich zu Ende15 dieser oder zu Anfang der künftigen Woche wieder das -- Einschlafen unserer Paulline zu sehen. Ach sie solte schon so lang sein, daß sie zum Bücherverleiher schicken und sagen lassen könte: "Mamsel bittet sich von H. Oerteln die Werke ihres Herrn Pathen aus." --
Ich danke dir noch einmal, mein guter Otto, für deinen schönen Brief20 vol Scherz und Liebe. Renate möge dich durch beides dafür be- lohnen! Lebe froh neben deinen Geliebten und den Staub, der auf jedem menschlichen Lebenswege auffliegt, wehe ein guter Wind seit- wärts vor dir vorbei! --
Dein Jean Paul25
429. An Christian Otto.
Bayreuth [11. ?] O[kt. 1796.]
Ich wil dein langes Schreiben, Lieber, vorjezt unbeantwortet lassen [254]und sogleich meines anfangen als wenn du mir gar nichts geschrieben hättest. -- Ich konte mich gleich in den ersten Tagen auf lauter frohe30 gefast machen, weil jene die -- fatalsten waren, die ich je hier ver- sessen habe. Den Donnerstag wartete der Koffer nicht auf mich, weil ihn Emanuel zu spät bekam -- die Kropf war auf einige Tage ver- reiset -- den Freitag war der Himmel vol Wolken und mein Kopf vol Migraine -- der Sonabend war vol Lust -- -- und so giengs fort.35
N. S. Emanuel war geſtern ſo ſeelig als ers ſeine Gäſte machte und ſah. Wenn er den Himmel gekauft hätte: ſo ſchenkt’ er ihn ſeinen Freunden und bäte ſich nur aus, als Miethsman darin zu wohnen.
Die Briefe an Amöne und Caroline ſchicken Sie ſogleich hinauf zu Chriſtian.5
428. An Chriſtoph Otto.
Bayreuth d. 11. Okt. 1796 [Dienstag].
Dein Brief, du guter Bruder, den dein Herz und dein Kopf zugleich geſchrieben, weil er zugleich warm und ſchön war, brachte mir, mit dem weiblichen Briefe gepaart, eine ſchöne Stunde heraus nach Bay-10 reuth und ſezte mich gleichſam zwiſchen euch beide aufs Kanapée. So iſt es hübſch, wenn man die Freuden und die Freunde zweier Städte auf einmal, Hof und Bayreuth in Einer Stube vereint.
Ich wolt’ ich wäre Einen Tag in Hof geweſen, damit ich einige Tage nachher länger in Bayreuth bleiben könte. Doch hoff’ ich zu Ende15 dieſer oder zu Anfang der künftigen Woche wieder das — Einſchlafen unſerer Paulline zu ſehen. Ach ſie ſolte ſchon ſo lang ſein, daß ſie zum Bücherverleiher ſchicken und ſagen laſſen könte: „Mamſel bittet ſich von H. Oerteln die Werke ihres Herrn Pathen aus.“ —
Ich danke dir noch einmal, mein guter Otto, für deinen ſchönen Brief20 vol Scherz und Liebe. Renate möge dich durch beides dafür be- lohnen! Lebe froh neben deinen Geliebten und den Staub, der auf jedem menſchlichen Lebenswege auffliegt, wehe ein guter Wind ſeit- wärts vor dir vorbei! —
Dein Jean Paul25
429. An Chriſtian Otto.
Bayreuth [11. ?] O[kt. 1796.]
Ich wil dein langes Schreiben, Lieber, vorjezt unbeantwortet laſſen [254]und ſogleich meines anfangen als wenn du mir gar nichts geſchrieben hätteſt. — Ich konte mich gleich in den erſten Tagen auf lauter frohe30 gefaſt machen, weil jene die — fatalſten waren, die ich je hier ver- ſeſſen habe. Den Donnerſtag wartete der Koffer nicht auf mich, weil ihn Emanuel zu ſpät bekam — die Kropf war auf einige Tage ver- reiſet — den Freitag war der Himmel vol Wolken und mein Kopf vol Migraine — der Sonabend war vol Luſt — — und ſo giengs fort.35
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N. S. Emanuel war geſtern ſo ſeelig als ers ſeine Gäſte machte und
ſah. Wenn er den Himmel gekauft hätte: ſo ſchenkt’ er ihn ſeinen
Freunden und bäte ſich nur aus, als Miethsman darin zu wohnen.
Die Briefe an Amöne und Caroline ſchicken Sie ſogleich hinauf
zu Chriſtian. 5
428. An Chriſtoph Otto.
Bayreuth d. 11. Okt. 1796 [Dienstag].
Dein Brief, du guter Bruder, den dein Herz und dein Kopf zugleich
geſchrieben, weil er zugleich warm und ſchön war, brachte mir, mit
dem weiblichen Briefe gepaart, eine ſchöne Stunde heraus nach Bay- 10
reuth und ſezte mich gleichſam zwiſchen euch beide aufs Kanapée. So
iſt es hübſch, wenn man die Freuden und die Freunde zweier Städte
auf einmal, Hof und Bayreuth in Einer Stube vereint.
Ich wolt’ ich wäre Einen Tag in Hof geweſen, damit ich einige
Tage nachher länger in Bayreuth bleiben könte. Doch hoff’ ich zu Ende 15
dieſer oder zu Anfang der künftigen Woche wieder das — Einſchlafen
unſerer Paulline zu ſehen. Ach ſie ſolte ſchon ſo lang ſein, daß ſie zum
Bücherverleiher ſchicken und ſagen laſſen könte: „Mamſel bittet ſich
von H. Oerteln die Werke ihres Herrn Pathen aus.“ —
Ich danke dir noch einmal, mein guter Otto, für deinen ſchönen Brief 20
vol Scherz und Liebe. Renate möge dich durch beides dafür be-
lohnen! Lebe froh neben deinen Geliebten und den Staub, der auf
jedem menſchlichen Lebenswege auffliegt, wehe ein guter Wind ſeit-
wärts vor dir vorbei! —
Dein
Jean Paul 25
429. An Chriſtian Otto.
Bayreuth [11. ?] O[kt. 1796.]
Ich wil dein langes Schreiben, Lieber, vorjezt unbeantwortet laſſen
und ſogleich meines anfangen als wenn du mir gar nichts geſchrieben
hätteſt. — Ich konte mich gleich in den erſten Tagen auf lauter frohe 30
gefaſt machen, weil jene die — fatalſten waren, die ich je hier ver-
ſeſſen habe. Den Donnerſtag wartete der Koffer nicht auf mich, weil
ihn Emanuel zu ſpät bekam — die Kropf war auf einige Tage ver-
reiſet — den Freitag war der Himmel vol Wolken und mein Kopf vol
Migraine — der Sonabend war vol Luſt — — und ſo giengs fort. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/269>, abgerufen am 30.07.2024.
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