Seine [Herders] Werke waren kühle Quellen für meinen Durst in der Sandsteppe von Hof. Wenn es kein Papier mehr gäbe, müste man alle Priesterröcke dazu verarbeiten, damit er seinen Erlöser darauf schriebe5 -- Sagen Sie ihm den wärmsten Dank mit Ihren Lippen so -- stum Sie können. Ihre Seele geht gern bergauf bergab, aber der Stand auf Einer Spize des Gipfels durchschneidet sie. Die Flamme Ihres Geistes verwandelt in derselben Minute die Gerüste Ihres Gebäudes in Asche -- Ihre Entschlüsse sind zu stark, um gehalten zu werden. Die10 Abendröthe des unter[ge]gangnen Junius steht jezt hinter einem Berg [233]oder Grab und schimmert mich an -- ach sie bleibe, bis die Sonne wiederkömt. Sie werfen mir das Vergessen des Briefs vor: hab' ichs denn vergessen, daß Sie darin die Arie [von Rousseau] versprachen? Wir sahen uns eine Stunde und diese fülte die 4 Augen mit geistigen15 Thränen. Er trägt das goldne Vlies der Tugend an seiner warmen Brust.
382. An Christian Otto.
[Hof, 18. Aug. 1796]
Ich wil also den Tauschhandel noch aussezen. Aber auf Schwarzen-20 bach geh' ich wenn du und Frankreich es wollen.
383. An Christian Otto.
[Hof, 20. Aug. 1796]
Quaestiunculae: 1) Herder wird doch nicht tol darüber werden über den beiliegenden Einband, der die Spuren der Lektüre halb verbirgt?25
2) Wilst du mir Morgen die Bücher nach Weimar einschnallen gegen baare -- Lesung der 2 Briefe dazu?
3) Morgen abend werd ich die Vorrede schliessen und schicken; und übermorgen die kleinen Korrekturen anfangen: wirst du mir dan bald deine geben können, da ich sie nach der Pagina auf einen Bogen30 schreibe und dan nichts mehr einschieben kan? Mit 2 Vokalen sind 3 Fragen beantwortet.
381. An Charlotte von Kalb in Weimar.
[Kopie][Hof, 17. Aug. 1796]
Seine [Herders] Werke waren kühle Quellen für meinen Durſt in der Sandſteppe von Hof. Wenn es kein Papier mehr gäbe, müſte man alle Prieſterröcke dazu verarbeiten, damit er ſeinen Erlöſer darauf ſchriebe5 — Sagen Sie ihm den wärmſten Dank mit Ihren Lippen ſo — ſtum Sie können. Ihre Seele geht gern bergauf bergab, aber der Stand auf Einer Spize des Gipfels durchſchneidet ſie. Die Flamme Ihres Geiſtes verwandelt in derſelben Minute die Gerüſte Ihres Gebäudes in Aſche — Ihre Entſchlüſſe ſind zu ſtark, um gehalten zu werden. Die10 Abendröthe des unter[ge]gangnen Junius ſteht jezt hinter einem Berg [233]oder Grab und ſchimmert mich an — ach ſie bleibe, bis die Sonne wiederkömt. Sie werfen mir das Vergeſſen des Briefs vor: hab’ ichs denn vergeſſen, daß Sie darin die Arie [von Rouſſeau] verſprachen? Wir ſahen uns eine Stunde und dieſe fülte die 4 Augen mit geiſtigen15 Thränen. Er trägt das goldne Vlies der Tugend an ſeiner warmen Bruſt.
382. An Chriſtian Otto.
[Hof, 18. Aug. 1796]
Ich wil alſo den Tauſchhandel noch ausſezen. Aber auf Schwarzen-20 bach geh’ ich wenn du und Frankreich es wollen.
383. An Chriſtian Otto.
[Hof, 20. Aug. 1796]
Quaestiunculae: 1) Herder wird doch nicht tol darüber werden über den beiliegenden Einband, der die Spuren der Lektüre halb verbirgt?25
2) Wilſt du mir Morgen die Bücher nach Weimar einſchnallen gegen baare — Leſung der 2 Briefe dazu?
3) Morgen abend werd ich die Vorrede ſchlieſſen und ſchicken; und übermorgen die kleinen Korrekturen anfangen: wirſt du mir dan bald deine geben können, da ich ſie nach der Pagina auf einen Bogen30 ſchreibe und dan nichts mehr einſchieben kan? Mit 2 Vokalen ſind 3 Fragen beantwortet.
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381. An Charlotte von Kalb in Weimar.
[Hof, 17. Aug. 1796]
Seine [Herders] Werke waren kühle Quellen für meinen Durſt in der
Sandſteppe von Hof. Wenn es kein Papier mehr gäbe, müſte man alle
Prieſterröcke dazu verarbeiten, damit er ſeinen Erlöſer darauf ſchriebe 5
— Sagen Sie ihm den wärmſten Dank mit Ihren Lippen ſo — ſtum
Sie können. Ihre Seele geht gern bergauf bergab, aber der Stand
auf Einer Spize des Gipfels durchſchneidet ſie. Die Flamme Ihres
Geiſtes verwandelt in derſelben Minute die Gerüſte Ihres Gebäudes
in Aſche — Ihre Entſchlüſſe ſind zu ſtark, um gehalten zu werden. Die 10
Abendröthe des unter[ge]gangnen Junius ſteht jezt hinter einem Berg
oder Grab und ſchimmert mich an — ach ſie bleibe, bis die Sonne
wiederkömt. Sie werfen mir das Vergeſſen des Briefs vor: hab’ ichs
denn vergeſſen, daß Sie darin die Arie [von Rouſſeau] verſprachen?
Wir ſahen uns eine Stunde und dieſe fülte die 4 Augen mit geiſtigen 15
Thränen. Er trägt das goldne Vlies der Tugend an ſeiner warmen
Bruſt.
[233]
382. An Chriſtian Otto.
[Hof, 18. Aug. 1796]
Ich wil alſo den Tauſchhandel noch ausſezen. Aber auf Schwarzen- 20
bach geh’ ich wenn du und Frankreich es wollen.
383. An Chriſtian Otto.
[Hof, 20. Aug. 1796]
Quaestiunculae: 1) Herder wird doch nicht tol darüber werden über
den beiliegenden Einband, der die Spuren der Lektüre halb verbirgt? 25
2) Wilſt du mir Morgen die Bücher nach Weimar einſchnallen
gegen baare — Leſung der 2 Briefe dazu?
3) Morgen abend werd ich die Vorrede ſchlieſſen und ſchicken; und
übermorgen die kleinen Korrekturen anfangen: wirſt du mir dan
bald deine geben können, da ich ſie nach der Pagina auf einen Bogen 30
ſchreibe und dan nichts mehr einſchieben kan? Mit 2 Vokalen ſind
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/248>, abgerufen am 16.02.2025.
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