Meine Feder sol heute ein Flügel sein, waraus sie genommen ist, weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie5 um die Akten ersucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin leicht einen Charge d'affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig- [148]keit vergassen Sie mir den Preis des weiblichen Pisangblattes zu schreiben: denn bekantlich konten die ersten Eltern sich aus Feigenlaub keine Küchenschürzen machen.10
Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd' aber Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr schreiben, wenn ich mein Geschriebenes oder Gedruktes zuschicke. --
Sie und Schäfer lieb' ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht so sehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer15 stärker, je öfter ich Sie sehe.
Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen wünschen kan, das wünsch' ich Ihnen -- alles was ein warmes Ihnen geben kan, das geb' ich Ihnen, nämlich das Herz selber. Und so ruhen wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblase des20 Lebens und während der künftigen Seifenblasen, die das Meer der Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menschen denken nicht daran, daß wir nicht 1 Leben haben, sondern 10000 etc. -- daß unsere Existenz zwar in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat -- und daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. -- Gute25 Nacht, mein Emanuel!
Ihr Freund Richter
[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuthfrei.30
227. Für Helene Herold.
Dieses Blätgen sol ein kleines Wasaordensband, eine aus Assignaten gemachte Medaille sein, womit ich den vorzüglichen und ununter- brochnen Fleis der DemoiselleHelene Herold nicht so wol belohnen als bezeichnen wil. Hof d. 5tenFebr. 1796.35
J. P. F. Richter
226. An Emanuel.
Hof d. 31 Jenn. 96.
Mein Guter,
Meine Feder ſol heute ein Flügel ſein, waraus ſie genommen iſt, weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie5 um die Akten erſucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin leicht einen Chargé d’affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig- [148]keit vergaſſen Sie mir den Preis des weiblichen Piſangblattes zu ſchreiben: denn bekantlich konten die erſten Eltern ſich aus Feigenlaub keine Küchenſchürzen machen.10
Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd’ aber Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr ſchreiben, wenn ich mein Geſchriebenes oder Gedruktes zuſchicke. —
Sie und Schäfer lieb’ ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht ſo ſehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer15 ſtärker, je öfter ich Sie ſehe.
Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen wünſchen kan, das wünſch’ ich Ihnen — alles was ein warmes Ihnen geben kan, das geb’ ich Ihnen, nämlich das Herz ſelber. Und ſo ruhen wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblaſe des20 Lebens und während der künftigen Seifenblaſen, die das Meer der Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menſchen denken nicht daran, daß wir nicht 1 Leben haben, ſondern 10000 ꝛc. — daß unſere Exiſtenz zwar in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat — und daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. — Gute25 Nacht, mein Emanuel!
Ihr Freund Richter
[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuthfrei.30
227. Für Helene Herold.
Dieſes Blätgen ſol ein kleines Waſaordensband, eine aus Aſſignaten gemachte Medaille ſein, womit ich den vorzüglichen und ununter- brochnen Fleis der DemoiselleHelene Herold nicht ſo wol belohnen als bezeichnen wil. Hof d. 5tenFebr. 1796.35
J. P. F. Richter
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Hof d. 31 Jenn. 96.
Mein Guter,
Meine Feder ſol heute ein Flügel ſein, waraus ſie genommen iſt,
weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie 5
um die Akten erſucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin
leicht einen Chargé d’affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig-
keit vergaſſen Sie mir den Preis des weiblichen Piſangblattes zu
ſchreiben: denn bekantlich konten die erſten Eltern ſich aus Feigenlaub
keine Küchenſchürzen machen. 10
[148]Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd’ aber
Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr ſchreiben, wenn ich
mein Geſchriebenes oder Gedruktes zuſchicke. —
Sie und Schäfer lieb’ ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht ſo
ſehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer 15
ſtärker, je öfter ich Sie ſehe.
Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen
wünſchen kan, das wünſch’ ich Ihnen — alles was ein warmes Ihnen
geben kan, das geb’ ich Ihnen, nämlich das Herz ſelber. Und ſo ruhen
wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblaſe des 20
Lebens und während der künftigen Seifenblaſen, die das Meer der
Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menſchen denken nicht daran, daß
wir nicht 1 Leben haben, ſondern 10000 ꝛc. — daß unſere Exiſtenz zwar
in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat — und
daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. — Gute 25
Nacht, mein Emanuel!
Ihr
Freund
Richter
[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuth frei. 30
227. Für Helene Herold.
Dieſes Blätgen ſol ein kleines Waſaordensband, eine aus Aſſignaten
gemachte Medaille ſein, womit ich den vorzüglichen und ununter-
brochnen Fleis der Demoiselle Helene Herold nicht ſo wol belohnen
als bezeichnen wil. Hof d. 5ten Febr. 1796. 35
J. P. F. Richter
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/161>, abgerufen am 30.07.2024.
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