Mir ist heute als wärs Winter, nicht aus Mangel an Wärme sondern an Holz. Kurz ich bitte dich um 1/8 Klafter für Geld und diese guten Worte. Jeden Tag dieser Woche stand mein Bruder am Thore5 als Käufer; und das war die einzige Sache, die auf dem Jahrmarkt nicht zu haben war. Mit dem Achtel langen wir bis zum Donnerstag. Aus der Holzflösse des Postmeisters mag ich nichts, weil ich nicht weis, hat er die vorige 1/2 Klafter angeschlagen oder nicht. Wird dirs nur im mindesten beschwerlich: so hab ich immer noch den Herold im Hinter-10 halt. Schlüslich übermache hier den Bestand.
149. An Emanuel.[98]
Hof d. 31 July 95.
Mein Theuerster,
Dieser Brief ist nur ein Frachtbrief. Ihrer ist einer langen Antwort15 oder Widerlegung werth: die nächstens die Presse, d. h. meinen Schreib- tisch verlassen sol. Sie haben aus meinem Heldunkel meistens Bein- schwarz gemacht. Glauben Sie mir auf mein ganzes Herz, dieses ist nie fähig, nur einen Blutstropfen in einen Schreibfinger zu treiben, der nur das geringste, was Sie kränkte, gebäre. -- Was uns allen so un-20 angenehm war wie das bisherige Aussenbleiben des Sommers, das ist -- das Ihrige, dessenwegen unsere Freundschaft schon so vieles Bau- gerüste zu -- Luftschlössern vergeblich zusammengetragen. --
Die 2 lezten Briefe, die von Ihnen nichts mithatten als das Couvert, vertragen sich wol unter Einem Papier, aber nicht unter Einem Hute.25 Schäfers seiner gefiel mir sehr und ich werde ihm dafür soviel pädago- gischen Sauerteig -- pädagogisches Brod hat er selber -- auftischen als mir sein Brief-Gegenfüsler, Münch, andern Sauerteig vorgesezet hat. Meinen herzlichsten Grus an ihn; mein Otto liebt ihn wie einen Bruder, durch mich. -- Ich sehne mich wieder unendlich in meinen30 Bayreuth[er] Zirkel, der aus 2 Regenbogen konstruieret ist. Wenn das Schiksal mit dem Kopfe nikt: so zieh' ich künftiges Frühjahr in eine chambre garnie in Bayreuth, wenigstens auf 6 Monate.
-- Renate bittet Sie, Ihre Briefe an sie allemal an mich zu couver- tieren. --35
148. An Chriſtian Otto.
[Hof, 31. Juli 1795. Freitag]
Mir iſt heute als wärs Winter, nicht aus Mangel an Wärme ſondern an Holz. Kurz ich bitte dich um ⅛ Klafter für Geld und dieſe guten Worte. Jeden Tag dieſer Woche ſtand mein Bruder am Thore5 als Käufer; und das war die einzige Sache, die auf dem Jahrmarkt nicht zu haben war. Mit dem Achtel langen wir bis zum Donnerſtag. Aus der Holzflöſſe des Poſtmeiſters mag ich nichts, weil ich nicht weis, hat er die vorige ½ Klafter angeſchlagen oder nicht. Wird dirs nur im mindeſten beſchwerlich: ſo hab ich immer noch den Herold im Hinter-10 halt. Schlüslich übermache hier den Beſtand.
149. An Emanuel.[98]
Hof d. 31 July 95.
Mein Theuerſter,
Dieſer Brief iſt nur ein Frachtbrief. Ihrer iſt einer langen Antwort15 oder Widerlegung werth: die nächſtens die Preſſe, d. h. meinen Schreib- tiſch verlaſſen ſol. Sie haben aus meinem Heldunkel meiſtens Bein- ſchwarz gemacht. Glauben Sie mir auf mein ganzes Herz, dieſes iſt nie fähig, nur einen Blutstropfen in einen Schreibfinger zu treiben, der nur das geringſte, was Sie kränkte, gebäre. — Was uns allen ſo un-20 angenehm war wie das bisherige Auſſenbleiben des Sommers, das iſt — das Ihrige, deſſenwegen unſere Freundſchaft ſchon ſo vieles Bau- gerüſte zu — Luftſchlöſſern vergeblich zuſammengetragen. —
Die 2 lezten Briefe, die von Ihnen nichts mithatten als das Couvert, vertragen ſich wol unter Einem Papier, aber nicht unter Einem Hute.25 Schäfers ſeiner gefiel mir ſehr und ich werde ihm dafür ſoviel pädago- giſchen Sauerteig — pädagogiſches Brod hat er ſelber — auftiſchen als mir ſein Brief-Gegenfüsler, Münch, andern Sauerteig vorgeſezet hat. Meinen herzlichſten Grus an ihn; mein Otto liebt ihn wie einen Bruder, durch mich. — Ich ſehne mich wieder unendlich in meinen30 Bayreuth[er] Zirkel, der aus 2 Regenbogen konſtruieret iſt. Wenn das Schikſal mit dem Kopfe nikt: ſo zieh’ ich künftiges Frühjahr in eine chambre garnie in Bayreuth, wenigſtens auf 6 Monate.
— Renate bittet Sie, Ihre Briefe an ſie allemal an mich zu couver- tieren. —35
<TEI><text><body><pbfacs="#f0114"n="103"/><divtype="letter"n="1"><head>148. An <hirendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Hof, 31. Juli 1795. Freitag]</hi></dateline><lb/><p>Mir iſt heute als wärs Winter, nicht aus Mangel an Wärme<lb/>ſondern an Holz. Kurz ich bitte dich um ⅛ Klafter für Geld und dieſe<lb/>
guten Worte. Jeden Tag dieſer Woche ſtand mein Bruder am Thore<lbn="5"/>
als Käufer; und das war die einzige Sache, die auf dem Jahrmarkt<lb/>
nicht zu haben war. Mit dem Achtel langen wir bis zum Donnerſtag.<lb/>
Aus der Holzflöſſe des Poſtmeiſters mag ich nichts, weil ich nicht weis,<lb/>
hat er die vorige ½ Klafter angeſchlagen oder nicht. Wird dirs nur im<lb/>
mindeſten beſchwerlich: ſo hab ich immer noch den Herold im Hinter-<lbn="10"/>
halt. Schlüslich übermache hier den Beſtand.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>149. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi><noteplace="right"><reftarget="1922_Bd2_98">[98]</ref></note></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Hof</hi> d. 31 July 95.</hi></dateline><lb/><opener><salute><hirendition="#et">Mein Theuerſter,</hi></salute></opener><lb/><p>Dieſer Brief iſt nur ein Frachtbrief. Ihrer iſt einer langen Antwort<lbn="15"/>
oder Widerlegung werth: die nächſtens die Preſſe, d. h. meinen Schreib-<lb/>
tiſch verlaſſen ſol. Sie haben aus meinem Heldunkel meiſtens Bein-<lb/>ſchwarz gemacht. Glauben Sie mir auf mein ganzes Herz, dieſes iſt nie<lb/>
fähig, nur einen Blutstropfen in einen Schreibfinger zu treiben, der<lb/>
nur das geringſte, was Sie kränkte, gebäre. — Was uns allen ſo un-<lbn="20"/>
angenehm war wie das bisherige Auſſenbleiben des Sommers, das iſt<lb/>— das Ihrige, deſſenwegen unſere Freundſchaft ſchon ſo vieles Bau-<lb/>
gerüſte zu — Luftſchlöſſern vergeblich zuſammengetragen. —</p><lb/><p>Die 2 lezten Briefe, die von Ihnen nichts mithatten als das Couvert,<lb/>
vertragen ſich wol unter Einem Papier, aber nicht unter Einem Hute.<lbn="25"/>
Schäfers ſeiner gefiel mir ſehr und ich werde ihm dafür ſoviel pädago-<lb/>
giſchen Sauerteig — pädagogiſches Brod hat er ſelber — auftiſchen<lb/>
als mir ſein Brief-Gegenfüsler, Münch, andern Sauerteig vorgeſezet<lb/>
hat. Meinen herzlichſten Grus an ihn; mein Otto liebt ihn wie einen<lb/>
Bruder, durch mich. — Ich ſehne mich wieder unendlich in meinen<lbn="30"/>
Bayreuth[er] Zirkel, der aus 2 Regenbogen konſtruieret iſt. Wenn<lb/>
das Schikſal mit dem Kopfe nikt: ſo zieh’ ich künftiges Frühjahr in eine<lb/><hirendition="#aq">chambre garnie</hi> in Bayreuth, wenigſtens auf 6 Monate.</p><lb/><p>— Renate bittet Sie, Ihre Briefe an ſie allemal an mich zu couver-<lb/>
tieren. —<lbn="35"/></p></div></body></text></TEI>
[103/0114]
148. An Chriſtian Otto.
[Hof, 31. Juli 1795. Freitag]
Mir iſt heute als wärs Winter, nicht aus Mangel an Wärme
ſondern an Holz. Kurz ich bitte dich um ⅛ Klafter für Geld und dieſe
guten Worte. Jeden Tag dieſer Woche ſtand mein Bruder am Thore 5
als Käufer; und das war die einzige Sache, die auf dem Jahrmarkt
nicht zu haben war. Mit dem Achtel langen wir bis zum Donnerſtag.
Aus der Holzflöſſe des Poſtmeiſters mag ich nichts, weil ich nicht weis,
hat er die vorige ½ Klafter angeſchlagen oder nicht. Wird dirs nur im
mindeſten beſchwerlich: ſo hab ich immer noch den Herold im Hinter- 10
halt. Schlüslich übermache hier den Beſtand.
149. An Emanuel.
Hof d. 31 July 95.
Mein Theuerſter,
Dieſer Brief iſt nur ein Frachtbrief. Ihrer iſt einer langen Antwort 15
oder Widerlegung werth: die nächſtens die Preſſe, d. h. meinen Schreib-
tiſch verlaſſen ſol. Sie haben aus meinem Heldunkel meiſtens Bein-
ſchwarz gemacht. Glauben Sie mir auf mein ganzes Herz, dieſes iſt nie
fähig, nur einen Blutstropfen in einen Schreibfinger zu treiben, der
nur das geringſte, was Sie kränkte, gebäre. — Was uns allen ſo un- 20
angenehm war wie das bisherige Auſſenbleiben des Sommers, das iſt
— das Ihrige, deſſenwegen unſere Freundſchaft ſchon ſo vieles Bau-
gerüſte zu — Luftſchlöſſern vergeblich zuſammengetragen. —
Die 2 lezten Briefe, die von Ihnen nichts mithatten als das Couvert,
vertragen ſich wol unter Einem Papier, aber nicht unter Einem Hute. 25
Schäfers ſeiner gefiel mir ſehr und ich werde ihm dafür ſoviel pädago-
giſchen Sauerteig — pädagogiſches Brod hat er ſelber — auftiſchen
als mir ſein Brief-Gegenfüsler, Münch, andern Sauerteig vorgeſezet
hat. Meinen herzlichſten Grus an ihn; mein Otto liebt ihn wie einen
Bruder, durch mich. — Ich ſehne mich wieder unendlich in meinen 30
Bayreuth[er] Zirkel, der aus 2 Regenbogen konſtruieret iſt. Wenn
das Schikſal mit dem Kopfe nikt: ſo zieh’ ich künftiges Frühjahr in eine
chambre garnie in Bayreuth, wenigſtens auf 6 Monate.
— Renate bittet Sie, Ihre Briefe an ſie allemal an mich zu couver-
tieren. — 35
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/114>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.