Die kurze Zeit meines Aufenthalts in Hof erlaubte mir nicht, Ihnen [44]die Ihrige zu rauben und die meinige durch den Genus Ihrer Gesel- schaft gut anzuwenden -- kaum erlaubte sie mir, die Bücher durch-5 zulesen, die mich eben so oft an Ihren Verstand als an Ihre Gütigkeit erinnerten, und die ich Ihnen hiedurch mit dem wärmsten Dank zurük- schikke. Dieses ist der lezte Brief von Hof aus -- denn ich geh' morgen ab -- In Leipzig hingegen werd' ich Ihre Erlaubnis zu einem Brief- wechsel mit Ihnen, besser zu benuzzen suchen, als ich vorher getan10 habe oder tun konte. Da ich in Leipzig keine Bücher von Ihnen erhalte, so erwart' ich Ihre Briefe. Dieser Wechsel wird mir vorteilhaft sein. -- Dürft' ich mir Ihre Kritik über mein Buch ausbitten, da ich eben [?] noch Zeit und Gelegenheit zur Benuzzung derselben habe? -- Mein Manuskript mag bei Ihnen als ein Denkmal liegen bleiben, daß ich15 Sie zum Vertrauten meiner Schwächen und Feler gemacht habe. Sie können mit meinem Buche wenigstens andre Bücher einbinden. -- Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin und statten Sie der- selben, an meiner stat, meinen Dank ab, der sich nicht schreiben, aber wol fülen läst. Nichts als die Erinnerung Ihrer Woltaten wird mir20 die Erinnerung meines elenden Vaterlands angenem machen. Was ich noch zu sagen habe, werd' ich zu sagen von meinem Bruder ver- hindert, der mich, wie Sie neulich der Schlotfeger, zur Endigung meines Briefs nötigt und mir kaum Zeit zu schreiben übrig läst, daß ich bin25
Ew...
25. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama!
Heute Abends bekam ich Ihren Brief, und eben heute Abend beantworte ich ihn schon wieder, um Sie von der Gewisheit meiner30 Gesundheit zu versichern. Die Krankheit, welche schon zur Messe in Leipzig algemein war und iezt schon abgenommen hat, hat mich zwar vor einigen Wochen auch angefallen; aber nur ein klein wenig. Ich hatte nur Einen Tag ein wenig Kälte, und eine kleine [!] Schnupfen. Der Örthel lag länger krank. -- Sie dürfen Sich also wegen meiner35
24. An Pfarrer Vogel in Rehau.
[Kopie][Hof, 1. Mai 1782. Mittwoch]
Die kurze Zeit meines Aufenthalts in Hof erlaubte mir nicht, Ihnen [44]die Ihrige zu rauben und die meinige durch den Genus Ihrer Geſel- ſchaft gut anzuwenden — kaum erlaubte ſie mir, die Bücher durch-5 zuleſen, die mich eben ſo oft an Ihren Verſtand als an Ihre Gütigkeit erinnerten, und die ich Ihnen hiedurch mit dem wärmſten Dank zurük- ſchikke. Dieſes iſt der lezte Brief von Hof aus — denn ich geh’ morgen ab — In Leipzig hingegen werd’ ich Ihre Erlaubnis zu einem Brief- wechſel mit Ihnen, beſſer zu benuzzen ſuchen, als ich vorher getan10 habe oder tun konte. Da ich in Leipzig keine Bücher von Ihnen erhalte, ſo erwart’ ich Ihre Briefe. Dieſer Wechſel wird mir vorteilhaft ſein. — Dürft’ ich mir Ihre Kritik über mein Buch ausbitten, da ich eben [?] noch Zeit und Gelegenheit zur Benuzzung derſelben habe? — Mein Manuſkript mag bei Ihnen als ein Denkmal liegen bleiben, daß ich15 Sie zum Vertrauten meiner Schwächen und Feler gemacht habe. Sie können mit meinem Buche wenigſtens andre Bücher einbinden. — Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin und ſtatten Sie der- ſelben, an meiner ſtat, meinen Dank ab, der ſich nicht ſchreiben, aber wol fülen läſt. Nichts als die Erinnerung Ihrer Woltaten wird mir20 die Erinnerung meines elenden Vaterlands angenem machen. Was ich noch zu ſagen habe, werd’ ich zu ſagen von meinem Bruder ver- hindert, der mich, wie Sie neulich der Schlotfeger, zur Endigung meines Briefs nötigt und mir kaum Zeit zu ſchreiben übrig läſt, daß ich bin25
Ew…
25. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama!
Heute Abends bekam ich Ihren Brief, und eben heute Abend beantworte ich ihn ſchon wieder, um Sie von der Gewisheit meiner30 Geſundheit zu verſichern. Die Krankheit, welche ſchon zur Meſſe in Leipzig algemein war und iezt ſchon abgenommen hat, hat mich zwar vor einigen Wochen auch angefallen; aber nur ein klein wenig. Ich hatte nur Einen Tag ein wenig Kälte, und eine kleine [!] Schnupfen. Der Örthel lag länger krank. — Sie dürfen Sich alſo wegen meiner35
<TEI><text><body><pbfacs="#f0065"n="42"/><divtype="letter"n="1"><head>24. An <hirendition="#g">Pfarrer Vogel in Rehau.</hi></head><lb/><notetype="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note><dateline><hirendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 1. Mai 1782. Mittwoch<metamark>]</metamark></hi></dateline><lb/><p>Die kurze Zeit meines Aufenthalts in Hof erlaubte mir nicht, Ihnen<lb/><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd#_44">[44]</ref></note>die Ihrige zu rauben und die meinige durch den Genus Ihrer Geſel-<lb/>ſchaft gut anzuwenden — kaum erlaubte ſie mir, die Bücher durch-<lbn="5"/>
zuleſen, die mich eben ſo oft an Ihren Verſtand als an Ihre Gütigkeit<lb/>
erinnerten, und die ich Ihnen hiedurch mit dem wärmſten Dank zurük-<lb/>ſchikke. Dieſes iſt der lezte Brief von Hof aus — denn ich geh’ morgen<lb/>
ab — In Leipzig hingegen werd’ ich Ihre Erlaubnis zu einem Brief-<lb/>
wechſel mit Ihnen, beſſer zu benuzzen ſuchen, als ich vorher getan<lbn="10"/>
habe oder tun konte. Da ich in Leipzig keine Bücher von Ihnen erhalte,<lb/>ſo erwart’ ich Ihre Briefe. Dieſer Wechſel wird mir vorteilhaft ſein. —<lb/>
Dürft’ ich mir Ihre Kritik über mein Buch ausbitten, da ich eben <metamark>[?]</metamark><lb/>
noch Zeit und Gelegenheit zur Benuzzung derſelben habe? — Mein<lb/>
Manuſkript mag bei Ihnen als ein Denkmal liegen bleiben, daß ich<lbn="15"/>
Sie zum Vertrauten meiner Schwächen und Feler gemacht habe.<lb/>
Sie können mit meinem Buche wenigſtens andre Bücher einbinden. —<lb/>
Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin und ſtatten Sie der-<lb/>ſelben, an meiner ſtat, meinen Dank ab, der ſich nicht ſchreiben, aber<lb/>
wol fülen läſt. Nichts als die Erinnerung Ihrer Woltaten wird mir<lbn="20"/>
die Erinnerung meines elenden Vaterlands angenem machen. Was<lb/>
ich noch zu ſagen habe, werd’ ich zu ſagen von meinem Bruder ver-<lb/>
hindert, der mich, wie Sie neulich der Schlotfeger, zur Endigung<lb/>
meines Briefs nötigt und mir kaum Zeit zu ſchreiben übrig läſt,<lb/>
daß ich bin<lbn="25"/></p><closer><salute><hirendition="#right">Ew…</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divtype="letter"n="1"><head>25. An <hirendition="#g">Frau Richter in Hof.</hi></head><lb/><opener><salute><hirendition="#et">Liebe Mama!</hi></salute></opener><lb/><p>Heute Abends bekam ich Ihren Brief, und eben heute Abend<lb/>
beantworte ich ihn ſchon wieder, um Sie von der Gewisheit meiner<lbn="30"/>
Geſundheit zu verſichern. Die Krankheit, welche ſchon zur Meſſe in<lb/>
Leipzig algemein war und iezt ſchon abgenommen hat, hat mich zwar<lb/>
vor einigen Wochen auch angefallen; aber nur ein klein wenig. Ich<lb/>
hatte nur Einen Tag ein wenig Kälte, und eine kleine <metamark>[</metamark>!<metamark>]</metamark> Schnupfen.<lb/>
Der Örthel lag länger krank. — Sie dürfen Sich alſo wegen meiner<lbn="35"/><lb/></p></div></body></text></TEI>
[42/0065]
24. An Pfarrer Vogel in Rehau.
[Hof, 1. Mai 1782. Mittwoch]
Die kurze Zeit meines Aufenthalts in Hof erlaubte mir nicht, Ihnen
die Ihrige zu rauben und die meinige durch den Genus Ihrer Geſel-
ſchaft gut anzuwenden — kaum erlaubte ſie mir, die Bücher durch- 5
zuleſen, die mich eben ſo oft an Ihren Verſtand als an Ihre Gütigkeit
erinnerten, und die ich Ihnen hiedurch mit dem wärmſten Dank zurük-
ſchikke. Dieſes iſt der lezte Brief von Hof aus — denn ich geh’ morgen
ab — In Leipzig hingegen werd’ ich Ihre Erlaubnis zu einem Brief-
wechſel mit Ihnen, beſſer zu benuzzen ſuchen, als ich vorher getan 10
habe oder tun konte. Da ich in Leipzig keine Bücher von Ihnen erhalte,
ſo erwart’ ich Ihre Briefe. Dieſer Wechſel wird mir vorteilhaft ſein. —
Dürft’ ich mir Ihre Kritik über mein Buch ausbitten, da ich eben [?]
noch Zeit und Gelegenheit zur Benuzzung derſelben habe? — Mein
Manuſkript mag bei Ihnen als ein Denkmal liegen bleiben, daß ich 15
Sie zum Vertrauten meiner Schwächen und Feler gemacht habe.
Sie können mit meinem Buche wenigſtens andre Bücher einbinden. —
Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin und ſtatten Sie der-
ſelben, an meiner ſtat, meinen Dank ab, der ſich nicht ſchreiben, aber
wol fülen läſt. Nichts als die Erinnerung Ihrer Woltaten wird mir 20
die Erinnerung meines elenden Vaterlands angenem machen. Was
ich noch zu ſagen habe, werd’ ich zu ſagen von meinem Bruder ver-
hindert, der mich, wie Sie neulich der Schlotfeger, zur Endigung
meines Briefs nötigt und mir kaum Zeit zu ſchreiben übrig läſt,
daß ich bin 25
[44] Ew…
25. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama!
Heute Abends bekam ich Ihren Brief, und eben heute Abend
beantworte ich ihn ſchon wieder, um Sie von der Gewisheit meiner 30
Geſundheit zu verſichern. Die Krankheit, welche ſchon zur Meſſe in
Leipzig algemein war und iezt ſchon abgenommen hat, hat mich zwar
vor einigen Wochen auch angefallen; aber nur ein klein wenig. Ich
hatte nur Einen Tag ein wenig Kälte, und eine kleine [!] Schnupfen.
Der Örthel lag länger krank. — Sie dürfen Sich alſo wegen meiner 35
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/65>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.