denken "töricht!" Hier haben Sie meinen Versuch, den Versuch eines neunzeniärigen Menschen. Ein Professor, dem ich dieses Schrif[t]gen durch eine dritte Person in die Hand spielte, versagte mir nicht ganz seinen Beifal; aber darf ich auch auf den Ihrigen hoffen? Vielleicht machen Sie folgende Rezension vom Lobe der Dumheit: "Der Ver-5 "fasser kan sich ser leicht an die Stelle der Dumheit sezzen -- man "glaubt sie selbst reden zu hören -- gewis die Gotheit hat ihn begeistert, "die er gelobt hat." -- Verzeihen Sie, daß ich Ihnen so ein durch-[41] strichnes, unleserliches und unkorrigirtes Manuskript geschikt habe. Ich hatte zu wenig Zeit, es nochmals abzuschreiben. Ich werde Ihnen10 den grösten Dank abstatten, wenn Sie mir, eh' ich das Manuskript dem Verleger überlasse, einige Nachricht in Ansehung des Werts desselben, des Akkords mit dem Verleger, u. s. w. erteilen, und noch mer, wenn Sie mir die auffallendsten Feler desselben anzeigen. -- Doch genug von der Sache: sonst schreib' ich einen schlechten Brief über ein15 schlechtes Buch.
Wenn ich zu Ostern das Vergnügen haben werde, Sie zu sprechen: so werd' ich Ihnen alles das sagen, was mir weder der Raum noch die Zeit erlaubt zu schreiben. Ich habe 2 Avertissements beigelegt. Wenn Sie die neue Gotaische Ausgabe der voltairischen Werke für 30 rtl.20 wünschen, so brauchen Sie nur zu pränumeriren -- wenn Sie aber die prächtige Pariser Ausgabe derselben für 1/2 rtl. wünschen, so brauchen Sie nur in die Lotterie zu sezzen. Bis zu Ostern steht die Pränumerazion auf iene offen. --
Ich hoffe, noch einen Brief von Ihnen vor meiner Abreise zu25 erhalten. Der meinige ist schlechter als alle meine schlechten -- denn wirklich schon die zweite oder dritte Zeile ist falsch. Sie werden den Schlaf, der in meinen Augen ist, durch die Post in die Ihrigen bekommen. Ich habe Ihnen geschwind geantwortet, und schlecht geant- wortet. Sie werden vor Ungeduld und Langweile nichts mer wünschen,30 als daß ich mich nenne
Ew. Hocherwürden [Spaltenumbruch]Leipzig den 8ten März 1782.[Spaltenumbruch]gehorsamster Diener J. P. F. Richter
denken „töricht!“ Hier haben Sie meinen Verſuch, den Verſuch eines neunzeniärigen Menſchen. Ein Profeſſor, dem ich dieſes Schrif[t]gen durch eine dritte Perſon in die Hand ſpielte, verſagte mir nicht ganz ſeinen Beifal; aber darf ich auch auf den Ihrigen hoffen? Vielleicht machen Sie folgende Rezenſion vom Lobe der Dumheit: „Der Ver-5 „faſſer kan ſich ſer leicht an die Stelle der Dumheit ſezzen — man „glaubt ſie ſelbſt reden zu hören — gewis die Gotheit hat ihn begeiſtert, „die er gelobt hat.“ — Verzeihen Sie, daß ich Ihnen ſo ein durch-[41] ſtrichnes, unleſerliches und unkorrigirtes Manuſkript geſchikt habe. Ich hatte zu wenig Zeit, es nochmals abzuſchreiben. Ich werde Ihnen10 den gröſten Dank abſtatten, wenn Sie mir, eh’ ich das Manuſkript dem Verleger überlaſſe, einige Nachricht in Anſehung des Werts deſſelben, des Akkords mit dem Verleger, u. ſ. w. erteilen, und noch mer, wenn Sie mir die auffallendſten Feler deſſelben anzeigen. — Doch genug von der Sache: ſonſt ſchreib’ ich einen ſchlechten Brief über ein15 ſchlechtes Buch.
Wenn ich zu Oſtern das Vergnügen haben werde, Sie zu ſprechen: ſo werd’ ich Ihnen alles das ſagen, was mir weder der Raum noch die Zeit erlaubt zu ſchreiben. Ich habe 2 Avertiſſements beigelegt. Wenn Sie die neue Gotaiſche Ausgabe der voltairiſchen Werke für 30 rtl.20 wünſchen, ſo brauchen Sie nur zu pränumeriren — wenn Sie aber die prächtige Pariſer Ausgabe derſelben für ½ rtl. wünſchen, ſo brauchen Sie nur in die Lotterie zu ſezzen. Bis zu Oſtern ſteht die Pränumerazion auf iene offen. —
Ich hoffe, noch einen Brief von Ihnen vor meiner Abreiſe zu25 erhalten. Der meinige iſt ſchlechter als alle meine ſchlechten — denn wirklich ſchon die zweite oder dritte Zeile iſt falſch. Sie werden den Schlaf, der in meinen Augen iſt, durch die Poſt in die Ihrigen bekommen. Ich habe Ihnen geſchwind geantwortet, und ſchlecht geant- wortet. Sie werden vor Ungeduld und Langweile nichts mer wünſchen,30 als daß ich mich nenne
Ew. Hocherwürden [Spaltenumbruch]Leipzig den 8ten März 1782.[Spaltenumbruch]gehorſamſter Diener J. P. F. Richter
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„faſſer kan ſich ſer leicht an die Stelle der Dumheit ſezzen — man
„glaubt ſie ſelbſt reden zu hören — gewis die Gotheit hat ihn begeiſtert,
„die er gelobt hat.“ — Verzeihen Sie, daß ich Ihnen ſo ein durch-
ſtrichnes, unleſerliches und unkorrigirtes Manuſkript geſchikt habe.
Ich hatte zu wenig Zeit, es nochmals abzuſchreiben. Ich werde Ihnen 10
den gröſten Dank abſtatten, wenn Sie mir, eh’ ich das Manuſkript
dem Verleger überlaſſe, einige Nachricht in Anſehung des Werts
deſſelben, des Akkords mit dem Verleger, u. ſ. w. erteilen, und noch mer,
wenn Sie mir die auffallendſten Feler deſſelben anzeigen. — Doch genug
von der Sache: ſonſt ſchreib’ ich einen ſchlechten Brief über ein 15
ſchlechtes Buch.
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Wenn ich zu Oſtern das Vergnügen haben werde, Sie zu ſprechen:
ſo werd’ ich Ihnen alles das ſagen, was mir weder der Raum noch die
Zeit erlaubt zu ſchreiben. Ich habe 2 Avertiſſements beigelegt. Wenn
Sie die neue Gotaiſche Ausgabe der voltairiſchen Werke für 30 rtl. 20
wünſchen, ſo brauchen Sie nur zu pränumeriren — wenn Sie aber die
prächtige Pariſer Ausgabe derſelben für ½ rtl. wünſchen, ſo brauchen
Sie nur in die Lotterie zu ſezzen. Bis zu Oſtern ſteht die Pränumerazion
auf iene offen. —
Ich hoffe, noch einen Brief von Ihnen vor meiner Abreiſe zu 25
erhalten. Der meinige iſt ſchlechter als alle meine ſchlechten — denn
wirklich ſchon die zweite oder dritte Zeile iſt falſch. Sie werden den
Schlaf, der in meinen Augen iſt, durch die Poſt in die Ihrigen
bekommen. Ich habe Ihnen geſchwind geantwortet, und ſchlecht geant-
wortet. Sie werden vor Ungeduld und Langweile nichts mer wünſchen, 30
als daß ich mich nenne
Ew. Hocherwürden
Leipzig den 8ten März
1782.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/62>, abgerufen am 23.11.2024.
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