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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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Sie schon in Hof? und wie gehts, und wie gefält's Ihnen darin?
Was macht der Aktuarius in Schwarzenbach? was machen meine
Brüder und mein Hund? Und wie steht's iezt mit Ihrem Streite?
füret ihn der Aktuar noch, oder wer hat ihn? gewinnen oder verlieren
Sie? und haben Sie schon geschworen? -- Ich erwarte lauter Neuig-5
keiten von Ihnen; ich wünsche, daß sie nur nicht traurig sind. Schrei-
ben Sie ia gleich; ich wäre sonst in doppelter Furcht, sowol wegen des
Geldes, als auch wegen Ihnen. Nemen Sie Ihre Gesundheit in Acht;
sein Sie standhaft, und ertragen Sie die Leiden, die Sie vielleicht
noch in grosser Anzal erwarten, mit Geduld und halten Sie meine10
Brüder zum Fleis an. Ich hoffe eine Antwort mit der ersten Post, und
mit dem Gelde -- denn warlich, ich schreib's noch einmal, ich wüste
nicht was ich anfangen solte -- Leben Sie wol und vergnügt. Ich bin

Ihr
geh. Sohn15
Leipzig den 1 Dezemb. 1781. J. P. F. Richter
[36][Adr.] A Madame Madame Richter a Hof. Abzugeben bei Kuhn's
Witwe in der Klostergasse.
19. An Johann Bernhard Hermann in Hof.
[Kopie]20

Ich schrieb Ihnen zeither nicht, weil ich Sie bald in Leipzig zu
sprechen glaubte; iezt [schreib'] ich, weil ich das Leztere nicht mer
hoffen kan. Ihr Entschlus, ein Apoteker zu werden, hat alle Ihre
Freunde in Verwunderung gesezt; alle begreifen die Ursache Ihrer
iäligen Veränderung nicht, und alle schreiben, um Ihnen das zu sagen,25
was ich Ihnen iezt sagen wil. Weder die Schwierigkeiten, die Sie in
Ihrem Studium zu überwinden haben, noch die Bequemlichkeiten,
die aus Ihrer neuen Lebensart entspringen, scheinen mir gros genug
zu sein, Ihren Entschlus zu rechtfertigen. Sie erblikken von Ihrer
vorigen Lebensart nur die Ihnen bekante Seite, und diese ist freilich30
nicht die angenemste -- Sie sehen aber auch in Ihrem iezzigen nur
dieienige Seite, die bei weitem nicht die gewönlichste ist, und die Sie
überrascht, allein eben darum auch betrügt. Stellen Sie Sich Ihren
künftigen Zustand vor; allein weren Sie Ihrer Einbild[ungskraft], ihm

Sie ſchon in Hof? und wie gehts, und wie gefält’s Ihnen darin?
Was macht der Aktuarius in Schwarzenbach? was machen meine
Brüder und mein Hund? Und wie ſteht’s iezt mit Ihrem Streite?
füret ihn der Aktuar noch, oder wer hat ihn? gewinnen oder verlieren
Sie? und haben Sie ſchon geſchworen? — Ich erwarte lauter Neuig-5
keiten von Ihnen; ich wünſche, daß ſie nur nicht traurig ſind. Schrei-
ben Sie ia gleich; ich wäre ſonſt in doppelter Furcht, ſowol wegen des
Geldes, als auch wegen Ihnen. Nemen Sie Ihre Geſundheit in Acht;
ſein Sie ſtandhaft, und ertragen Sie die Leiden, die Sie vielleicht
noch in groſſer Anzal erwarten, mit Geduld und halten Sie meine10
Brüder zum Fleis an. Ich hoffe eine Antwort mit der erſten Poſt, und
mit dem Gelde — denn warlich, ich ſchreib’s noch einmal, ich wüſte
nicht was ich anfangen ſolte — Leben Sie wol und vergnügt. Ich bin

Ihr
geh. Sohn15
Leipzig den 1 Dezemb. 1781. J. P. F. Richter
[36][Adr.] A Madame Madame Richter à Hof. Abzugeben bei Kuhn’s
Witwe in der Kloſtergaſſe.
19. An Johann Bernhard Hermann in Hof.
[Kopie]20

Ich ſchrieb Ihnen zeither nicht, weil ich Sie bald in Leipzig zu
ſprechen glaubte; iezt [ſchreib’] ich, weil ich das Leztere nicht mer
hoffen kan. Ihr Entſchlus, ein Apoteker zu werden, hat alle Ihre
Freunde in Verwunderung geſezt; alle begreifen die Urſache Ihrer
iäligen Veränderung nicht, und alle ſchreiben, um Ihnen das zu ſagen,25
was ich Ihnen iezt ſagen wil. Weder die Schwierigkeiten, die Sie in
Ihrem Studium zu überwinden haben, noch die Bequemlichkeiten,
die aus Ihrer neuen Lebensart entſpringen, ſcheinen mir gros genug
zu ſein, Ihren Entſchlus zu rechtfertigen. Sie erblikken von Ihrer
vorigen Lebensart nur die Ihnen bekante Seite, und dieſe iſt freilich30
nicht die angenemſte — Sie ſehen aber auch in Ihrem iezzigen nur
dieienige Seite, die bei weitem nicht die gewönlichſte iſt, und die Sie
überraſcht, allein eben darum auch betrügt. Stellen Sie Sich Ihren
künftigen Zuſtand vor; allein weren Sie Ihrer Einbild[ungskraft], ihm

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[34/0057] Sie ſchon in Hof? und wie gehts, und wie gefält’s Ihnen darin? Was macht der Aktuarius in Schwarzenbach? was machen meine Brüder und mein Hund? Und wie ſteht’s iezt mit Ihrem Streite? füret ihn der Aktuar noch, oder wer hat ihn? gewinnen oder verlieren Sie? und haben Sie ſchon geſchworen? — Ich erwarte lauter Neuig- 5 keiten von Ihnen; ich wünſche, daß ſie nur nicht traurig ſind. Schrei- ben Sie ia gleich; ich wäre ſonſt in doppelter Furcht, ſowol wegen des Geldes, als auch wegen Ihnen. Nemen Sie Ihre Geſundheit in Acht; ſein Sie ſtandhaft, und ertragen Sie die Leiden, die Sie vielleicht noch in groſſer Anzal erwarten, mit Geduld und halten Sie meine 10 Brüder zum Fleis an. Ich hoffe eine Antwort mit der erſten Poſt, und mit dem Gelde — denn warlich, ich ſchreib’s noch einmal, ich wüſte nicht was ich anfangen ſolte — Leben Sie wol und vergnügt. Ich bin Ihr geh. Sohn 15 Leipzig den 1 Dezemb. 1781. J. P. F. Richter [Adr.] A Madame Madame Richter à Hof. Abzugeben bei Kuhn’s Witwe in der Kloſtergaſſe. 19. An Johann Bernhard Hermann in Hof. [Leipzig, 9. Jan. 1782] 20 Ich ſchrieb Ihnen zeither nicht, weil ich Sie bald in Leipzig zu ſprechen glaubte; iezt [ſchreib’] ich, weil ich das Leztere nicht mer hoffen kan. Ihr Entſchlus, ein Apoteker zu werden, hat alle Ihre Freunde in Verwunderung geſezt; alle begreifen die Urſache Ihrer iäligen Veränderung nicht, und alle ſchreiben, um Ihnen das zu ſagen, 25 was ich Ihnen iezt ſagen wil. Weder die Schwierigkeiten, die Sie in Ihrem Studium zu überwinden haben, noch die Bequemlichkeiten, die aus Ihrer neuen Lebensart entſpringen, ſcheinen mir gros genug zu ſein, Ihren Entſchlus zu rechtfertigen. Sie erblikken von Ihrer vorigen Lebensart nur die Ihnen bekante Seite, und dieſe iſt freilich 30 nicht die angenemſte — Sie ſehen aber auch in Ihrem iezzigen nur dieienige Seite, die bei weitem nicht die gewönlichſte iſt, und die Sie überraſcht, allein eben darum auch betrügt. Stellen Sie Sich Ihren künftigen Zuſtand vor; allein weren Sie Ihrer Einbild[ungskraft], ihm

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/57>, abgerufen am 23.11.2024.