Kleides -- ein schönes Gesicht. Wenn Sie Empfelungen bekommen können; so ist Ihr Glük hier onehin gemacht. -- Die Kollegien bekommen Sie durch ein testimonium frei; eine kleine Stube kostet 8, 10 rtl., und wenn Sie das Konvikt haben, so können Sie mit 50 bis 60 rtl. iärlich auskommen. Die Professoren schäzzen die guten Köpfe, weil sie selten sind -- daß sie Sie schäzzen, daß Sie ihre Freundschaft, ihre Hülfe erlangen werden, sol [aus darf] ich es Ihnen erst sagen? -- Sind diese Aussichten nicht gut genug? sind die Beschwerlichkeiten, die Sie ia noch für .. übernemen müssen, denen gleich, die Sie iezt on' allen Nuzzen, on' alle Aussicht auf Zukunft übernemen müssen? Stellen Sie sich Ihre Lage in der neuen Lebensart vor, davon Sie iezt nur die angeneme, und seltne Seite sehen. (Sie müssen w[enigstens] 4 Jar [warten] bis Sie ausgelernt [haben] werden. Da ist schon ein be[deutender] Teil Ihres Lebens verflogen; und Sie sind noch nichts als ein Gesel. Wie lange müssen Sie es bleiben?) Stellen [Sie] Sich die mühsame Handarbeit vor, die Sie noch ungewont sind, und die Ihnen am meisten beschwerlich werden wird, weil sie aus Zwang geschieht; der Einflus [gestr. der Präparate] auf die Gesundheit, die reizenden Teile, die Sie durch die Nase in die Lunge ziehen, die Gifte; das Ewige [!] Einerlei, wenn oft dieselbe Arbeit viele Tage lang mus wiederholt werden, -- der Zwang und der Verlust Ihrer Freiheit, die Sie [gestr. iezt] nicht eher schäzzen können, als bis [Sie] sie vermissen, und deren Dasein weniger Vergnügen bringt als ihr Verlust Schmerzen -- (Nach etlichen Jaren werden Sie bedauern Ihren Entschlus ge- ändert zu haben --) Ich weis es nicht, ob Sie gegen iede Art .. gleichgültig sind; aber das weis ich, daß Sie mit der iezzigen nicht zufrieden sein können. Das was Sie werden wollen, ist zu weit von dem entfernt, was Sie waren -- der Sprung von einem Studenten zum -- ich mag's nicht schreiben. -- Ich kenne Sie wenig; aber so viel kenne ich von Ihnen, daß ich weis, daß Ihre Talente eine bessere Ausbildung verdienen, als die, die Sie ihnen iezt zu geben gesonnen sind, daß das iezzige Studium viele Kräfte in Ihnen unge[nuzt] läst, viele unterdrükt, und keine zu der Volkommenheit und Reife [bringt], die sie alle verdienen. Es giebt wenige die denken; allein daß diese wenigen oft die Lebensart ergreifen, wo es alzeit weniger zu denken als zu sehen giebt -- Vergeben Sie mir den Anschein einer Schmeichelei; ich müste Ihnen viel Gutes sagen, eh' ich das sagte, was Sie nicht haben.
Über Johann Bernhard Hermann (1761--90), Richters zweiten Jugendfreund, s. Fikenscher, Weißmann Nr. 4063 und F. J. Schneiders Aufsatz "Jean Paul und Bernhard Hermann, das Urbild seiner humori- stischen Charaktere" in der Zeitschrift "Deutsche Arbeit", Dez. 1905. Seine im Nachlaß Jean Pauls erhaltenen, zum Teil sehr langen Briefe -- 20 an Jean Paul, 27 an Albrecht Otto, 6 an andere -- hat Kurt Schreinert mit ausführlicher Einleitung und Erläuterungen veröffentlicht (Tartu 1933). Die Originale von Jean Pauls Briefen an Hermann sind restlos verloren. -- Als Sohn eines armen Zeugmachers am 18. (nicht 19.) Febr. 1761 in Hof geboren, hatte Hermann das dortige Gymnasium besucht, wo Richter ihn kennenlernte, und es am 10. Okt. 1781, also ein Jahr später als Jean Paul,
Kleides — ein ſchönes Geſicht. Wenn Sie Empfelungen bekommen können; ſo iſt Ihr Glük hier onehin gemacht. — Die Kollegien bekommen Sie durch ein testimonium frei; eine kleine Stube koſtet 8, 10 rtl., und wenn Sie das Konvikt haben, ſo können Sie mit 50 bis 60 rtl. iärlich auskommen. Die Profeſſoren ſchäzzen die guten Köpfe, weil ſie ſelten ſind — daß ſie Sie ſchäzzen, daß Sie ihre Freundſchaft, ihre Hülfe erlangen werden, ſol [aus darf] ich es Ihnen erſt ſagen? — Sind dieſe Ausſichten nicht gut genug? ſind die Beſchwerlichkeiten, die Sie ia noch für .. übernemen müſſen, denen gleich, die Sie iezt on’ allen Nuzzen, on’ alle Ausſicht auf Zukunft übernemen müſſen? Stellen Sie ſich Ihre Lage in der neuen Lebensart vor, davon Sie iezt nur die angeneme, und ſeltne Seite ſehen. (Sie müſſen w[enigſtens] 4 Jar [warten] bis Sie ausgelernt [haben] werden. Da iſt ſchon ein be[deutender] Teil Ihres Lebens verflogen; und Sie ſind noch nichts als ein Geſel. Wie lange müſſen Sie es bleiben?) Stellen [Sie] Sich die mühſame Handarbeit vor, die Sie noch ungewont ſind, und die Ihnen am meiſten beſchwerlich werden wird, weil ſie aus Zwang geſchieht; der Einflus [gestr. der Präparate] auf die Geſundheit, die reizenden Teile, die Sie durch die Naſe in die Lunge ziehen, die Gifte; das Ewige [!] Einerlei, wenn oft dieſelbe Arbeit viele Tage lang mus wiederholt werden, — der Zwang und der Verluſt Ihrer Freiheit, die Sie [gestr. iezt] nicht eher ſchäzzen können, als bis [Sie] ſie vermiſſen, und deren Daſein weniger Vergnügen bringt als ihr Verluſt Schmerzen — (Nach etlichen Jaren werden Sie bedauern Ihren Entſchlus ge- ändert zu haben —) Ich weis es nicht, ob Sie gegen iede Art .. gleichgültig ſind; aber das weis ich, daß Sie mit der iezzigen nicht zufrieden ſein können. Das was Sie werden wollen, iſt zu weit von dem entfernt, was Sie waren — der Sprung von einem Studenten zum — ich mag’s nicht ſchreiben. — Ich kenne Sie wenig; aber ſo viel kenne ich von Ihnen, daß ich weis, daß Ihre Talente eine beſſere Ausbildung verdienen, als die, die Sie ihnen iezt zu geben geſonnen ſind, daß das iezzige Studium viele Kräfte in Ihnen unge[nuzt] läſt, viele unterdrükt, und keine zu der Volkommenheit und Reife [bringt], die ſie alle verdienen. Es giebt wenige die denken; allein daß dieſe wenigen oft die Lebensart ergreifen, wo es alzeit weniger zu denken als zu ſehen giebt — Vergeben Sie mir den Anſchein einer Schmeichelei; ich müſte Ihnen viel Gutes ſagen, eh’ ich das ſagte, was Sie nicht haben.
Über Johann Bernhard Hermann (1761—90), Richters zweiten Jugendfreund, s. Fikenscher, Weißmann Nr. 4063 und F. J. Schneiders Aufsatz „Jean Paul und Bernhard Hermann, das Urbild seiner humori- stischen Charaktere“ in der Zeitschrift „Deutsche Arbeit“, Dez. 1905. Seine im Nachlaß Jean Pauls erhaltenen, zum Teil sehr langen Briefe — 20 an Jean Paul, 27 an Albrecht Otto, 6 an andere — hat Kurt Schreinert mit ausführlicher Einleitung und Erläuterungen veröffentlicht (Tartu 1933). Die Originale von Jean Pauls Briefen an Hermann sind restlos verloren. — Als Sohn eines armen Zeugmachers am 18. (nicht 19.) Febr. 1761 in Hof geboren, hatte Hermann das dortige Gymnasium besucht, wo Richter ihn kennenlernte, und es am 10. Okt. 1781, also ein Jahr später als Jean Paul,
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iſt Ihr Glük hier onehin gemacht. — Die Kollegien bekommen Sie durch ein
testimonium frei; eine kleine Stube koſtet 8, 10 rtl., und wenn Sie das Konvikt
haben, ſo können Sie mit 50 bis 60 rtl. iärlich auskommen. Die Profeſſoren
ſchäzzen die guten Köpfe, weil ſie ſelten ſind — daß ſie Sie ſchäzzen, daß Sie ihre
Freundſchaft, ihre Hülfe erlangen werden, ſol [aus darf] ich es Ihnen erſt
ſagen? — Sind dieſe Ausſichten nicht gut genug? ſind die Beſchwerlichkeiten,
die Sie ia noch für .. übernemen müſſen, denen gleich, die Sie iezt on’ allen
Nuzzen, on’ alle Ausſicht auf Zukunft übernemen müſſen? Stellen Sie ſich
Ihre Lage in der neuen Lebensart vor, davon Sie iezt nur die angeneme, und
ſeltne Seite ſehen. (Sie müſſen w[enigſtens] 4 Jar [warten] bis Sie ausgelernt
[haben] werden. Da iſt ſchon ein be[deutender] Teil Ihres Lebens verflogen; und
Sie ſind noch nichts als ein Geſel. Wie lange müſſen Sie es bleiben?) Stellen
[Sie] Sich die mühſame Handarbeit vor, die Sie noch ungewont ſind, und die
Ihnen am meiſten beſchwerlich werden wird, weil ſie aus Zwang geſchieht; der
Einflus [gestr. der Präparate] auf die Geſundheit, die reizenden Teile, die Sie
durch die Naſe in die Lunge ziehen, die Gifte; das Ewige [!] Einerlei, wenn oft
dieſelbe Arbeit viele Tage lang mus wiederholt werden, — der Zwang und der
Verluſt Ihrer Freiheit, die Sie [gestr. iezt] nicht eher ſchäzzen können, als bis
[Sie] ſie vermiſſen, und deren Daſein weniger Vergnügen bringt als ihr Verluſt
Schmerzen — (Nach etlichen Jaren werden Sie bedauern Ihren Entſchlus ge-
ändert zu haben —) Ich weis es nicht, ob Sie gegen iede Art .. gleichgültig ſind;
aber das weis ich, daß Sie mit der iezzigen nicht zufrieden ſein können. Das was
Sie werden wollen, iſt zu weit von dem entfernt, was Sie waren — der Sprung
von einem Studenten zum — ich mag’s nicht ſchreiben. — Ich kenne Sie wenig;
aber ſo viel kenne ich von Ihnen, daß ich weis, daß Ihre Talente eine beſſere
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das iezzige Studium viele Kräfte in Ihnen unge[nuzt] läſt, viele unterdrükt, und
keine zu der Volkommenheit und Reife [bringt], die ſie alle verdienen. Es giebt
wenige die denken; allein daß dieſe wenigen oft die Lebensart ergreifen, wo es
alzeit weniger zu denken als zu ſehen giebt — Vergeben Sie mir den Anſchein
einer Schmeichelei; ich müſte Ihnen viel Gutes ſagen, eh’ ich das ſagte, was Sie
nicht haben.
Über Johann Bernhard Hermann (1761—90), Richters zweiten
Jugendfreund, s. Fikenscher, Weißmann Nr. 4063 und F. J. Schneiders
Aufsatz „Jean Paul und Bernhard Hermann, das Urbild seiner humori-
stischen Charaktere“ in der Zeitschrift „Deutsche Arbeit“, Dez. 1905.
Seine im Nachlaß Jean Pauls erhaltenen, zum Teil sehr langen Briefe — 20
an Jean Paul, 27 an Albrecht Otto, 6 an andere — hat Kurt Schreinert mit
ausführlicher Einleitung und Erläuterungen veröffentlicht (Tartu 1933).
Die Originale von Jean Pauls Briefen an Hermann sind restlos verloren. —
Als Sohn eines armen Zeugmachers am 18. (nicht 19.) Febr. 1761 in Hof
geboren, hatte Hermann das dortige Gymnasium besucht, wo Richter ihn
kennenlernte, und es am 10. Okt. 1781, also ein Jahr später als Jean Paul,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/456>, abgerufen am 25.11.2024.
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