Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

Bild:
<< vorherige Seite
416. An Wernlein in Neustadt a. d. Aisch.
[Kopie]

"Und er trieb einen Teufel aus, der war stum." Das ist auch der
einzige, den Sie im Leibe haben und den ich durch alles Exorzisieren
nicht herausbringe. -- ich würde -- eine Pedal Kallygraphie -- von5
Ihren Füssen ein Paar Zeilen fodern. (Der frere servant macht die
Loge auf.)

[In ein Exemplar der "Unsichtbaren Loge"]

Dem Herrn Kollaborator Wernlein giebts aus der wärmsten
Hochachtung10

Sein unveränderlicher Freund
Jean Paul.
417. An J. G. Herold in Frankfurt a. M.
[Kopie]

Mit einer Hand, die so steif ist wie der Krönungsaktus und so er-15
froren wie der Kopf, den er vergoldet, muß ich schreiben, um nicht
zu lügen: weil ich ihr und mir versprach, Ihnen eine Minute zu
nehmen, ohne einen Kreuzer einzutragen. -- Ich wünsche, daß Sie sich
auf dem freudigen Strudel wiegen etc. Ihre Bibliothek hat wie Sie
und das Lorettohäusgen nichts geändert als den Ort. -- Der Himmel20
mache alle unsre Wünsche für Sie zu Freuden für Sie und führe Sie
mit Musik, Neuigkeiten und Gesundheit überhäuft und an nichts arm
als an Waren in die Freundschafts Arme zurük, aus denen Sie sich per
fas et nefas
gerissen haben. Bis Sie mir schreiben: behalt' ich die Ver-
sicherung zurük, daß etc.25

[394]418. An Christian Otto.

Mein lieber Christian,

Der historische Kunstrichter ist dadurch vom ästhetischen verschieden,
daß er fast das muß machen können was er schäzen wil; und bei ihm30
ist Tadeln und Bessermachen eins.

Diese Bemerkung ist das Kreditiv und das Vokazionsschreiben, das
ich aufzeige, wenn ich mich als beseztes Quartalgericht über deinen
Aufsaz hier niederseze.

416. An Wernlein in Neuſtadt a. d. Aiſch.
[Kopie]

„Und er trieb einen Teufel aus, der war ſtum.“ Das iſt auch der
einzige, den Sie im Leibe haben und den ich durch alles Exorziſieren
nicht herausbringe. — ich würde — eine Pedal Kallygraphie — von5
Ihren Füſſen ein Paar Zeilen fodern. (Der frere servant macht die
Loge auf.)

[In ein Exemplar der „Unſichtbaren Loge“]

Dem Herrn Kollaborator Wernlein giebts aus der wärmſten
Hochachtung10

Sein unveränderlicher Freund
Jean Paul.
417. An J. G. Herold in Frankfurt a. M.
[Kopie]

Mit einer Hand, die ſo ſteif iſt wie der Krönungsaktus und ſo er-15
froren wie der Kopf, den er vergoldet, muß ich ſchreiben, um nicht
zu lügen: weil ich ihr und mir verſprach, Ihnen eine Minute zu
nehmen, ohne einen Kreuzer einzutragen. — Ich wünſche, daß Sie ſich
auf dem freudigen Strudel wiegen ꝛc. Ihre Bibliothek hat wie Sie
und das Lorettohäusgen nichts geändert als den Ort. — Der Himmel20
mache alle unſre Wünſche für Sie zu Freuden für Sie und führe Sie
mit Muſik, Neuigkeiten und Geſundheit überhäuft und an nichts arm
als an Waren in die Freundſchafts Arme zurük, aus denen Sie ſich per
fas et nefas
geriſſen haben. Bis Sie mir ſchreiben: behalt’ ich die Ver-
ſicherung zurük, daß ꝛc.25

[394]418. An Chriſtian Otto.

Mein lieber Chriſtian,

Der hiſtoriſche Kunſtrichter iſt dadurch vom äſthetiſchen verſchieden,
daß er faſt das muß machen können was er ſchäzen wil; und bei ihm30
iſt Tadeln und Beſſermachen eins.

Dieſe Bemerkung iſt das Kreditiv und das Vokazionsſchreiben, das
ich aufzeige, wenn ich mich als beſeztes Quartalgericht über deinen
Aufſaz hier niederſeze.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0402" n="374"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>416. An <hi rendition="#g">Wernlein in Neu&#x017F;tadt a. d. Ai&#x017F;ch.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 20. März 1793<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>&#x201E;Und er trieb einen Teufel aus, der war &#x017F;tum.&#x201C; Das i&#x017F;t auch der<lb/>
einzige, den Sie im Leibe haben und den ich durch alles Exorzi&#x017F;ieren<lb/>
nicht herausbringe. &#x2014; ich würde &#x2014; eine Pedal Kallygraphie &#x2014; von<lb n="5"/>
Ihren Fü&#x017F;&#x017F;en ein Paar Zeilen fodern. (Der <hi rendition="#aq">frere servant</hi> macht die<lb/>
Loge auf.)</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c"><metamark>[</metamark>In ein Exemplar der &#x201E;Un&#x017F;ichtbaren Loge&#x201C;<metamark>]</metamark></hi> </p><lb/>
        <p>Dem Herrn Kollaborator Wernlein giebts aus der wärm&#x017F;ten<lb/>
Hochachtung<lb n="10"/>
</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Sein unveränderlicher Freund<lb/><hi rendition="#aq">Jean Paul.</hi></hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>417. An J. G. <hi rendition="#g">Herold in Frankfurt a. M.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 26. März 1793<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>Mit einer Hand, die &#x017F;o &#x017F;teif i&#x017F;t wie der Krönungsaktus und &#x017F;o er-<lb n="15"/>
froren wie der Kopf, den er vergoldet, muß ich &#x017F;chreiben, um nicht<lb/>
zu lügen: weil ich ihr und mir ver&#x017F;prach, Ihnen eine Minute zu<lb/>
nehmen, ohne einen Kreuzer einzutragen. &#x2014; Ich wün&#x017F;che, daß Sie &#x017F;ich<lb/>
auf dem freudigen Strudel wiegen &#xA75B;c. Ihre Bibliothek hat wie Sie<lb/>
und das Lorettohäusgen nichts geändert als den Ort. &#x2014; Der Himmel<lb n="20"/>
mache alle un&#x017F;re Wün&#x017F;che für Sie zu Freuden für Sie und führe Sie<lb/>
mit Mu&#x017F;ik, Neuigkeiten und Ge&#x017F;undheit überhäuft und an nichts arm<lb/>
als an Waren in die Freund&#x017F;chafts Arme zurük, aus denen Sie &#x017F;ich <hi rendition="#aq">per<lb/>
fas et nefas</hi> geri&#x017F;&#x017F;en haben. Bis Sie mir &#x017F;chreiben: behalt&#x2019; ich die Ver-<lb/>
&#x017F;icherung zurük, daß &#xA75B;c.<lb n="25"/>
</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head><note place="left"><ref target="1922_Bd#_394">[394]</ref></note>418. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">d. 26 März.</hi> 93.</hi> </dateline><lb/>
        <opener>
          <salute> <hi rendition="#c">Mein lieber Chri&#x017F;tian,</hi> </salute>
        </opener><lb/>
        <p>Der hi&#x017F;tori&#x017F;che Kun&#x017F;trichter i&#x017F;t dadurch vom ä&#x017F;theti&#x017F;chen ver&#x017F;chieden,<lb/>
daß er fa&#x017F;t das muß machen können was er &#x017F;chäzen wil; und bei ihm<lb n="30"/>
i&#x017F;t Tadeln und Be&#x017F;&#x017F;ermachen eins.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Bemerkung i&#x017F;t das Kreditiv und das Vokazions&#x017F;chreiben, das<lb/>
ich aufzeige, wenn ich mich als be&#x017F;eztes Quartalgericht über deinen<lb/>
Auf&#x017F;az hier nieder&#x017F;eze.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0402] 416. An Wernlein in Neuſtadt a. d. Aiſch. [Schwarzenbach, 20. März 1793] „Und er trieb einen Teufel aus, der war ſtum.“ Das iſt auch der einzige, den Sie im Leibe haben und den ich durch alles Exorziſieren nicht herausbringe. — ich würde — eine Pedal Kallygraphie — von 5 Ihren Füſſen ein Paar Zeilen fodern. (Der frere servant macht die Loge auf.) [In ein Exemplar der „Unſichtbaren Loge“] Dem Herrn Kollaborator Wernlein giebts aus der wärmſten Hochachtung 10 Sein unveränderlicher Freund Jean Paul. 417. An J. G. Herold in Frankfurt a. M. [Hof, 26. März 1793] Mit einer Hand, die ſo ſteif iſt wie der Krönungsaktus und ſo er- 15 froren wie der Kopf, den er vergoldet, muß ich ſchreiben, um nicht zu lügen: weil ich ihr und mir verſprach, Ihnen eine Minute zu nehmen, ohne einen Kreuzer einzutragen. — Ich wünſche, daß Sie ſich auf dem freudigen Strudel wiegen ꝛc. Ihre Bibliothek hat wie Sie und das Lorettohäusgen nichts geändert als den Ort. — Der Himmel 20 mache alle unſre Wünſche für Sie zu Freuden für Sie und führe Sie mit Muſik, Neuigkeiten und Geſundheit überhäuft und an nichts arm als an Waren in die Freundſchafts Arme zurük, aus denen Sie ſich per fas et nefas geriſſen haben. Bis Sie mir ſchreiben: behalt’ ich die Ver- ſicherung zurük, daß ꝛc. 25 418. An Chriſtian Otto. d. 26 März. 93. Mein lieber Chriſtian, Der hiſtoriſche Kunſtrichter iſt dadurch vom äſthetiſchen verſchieden, daß er faſt das muß machen können was er ſchäzen wil; und bei ihm 30 iſt Tadeln und Beſſermachen eins. Dieſe Bemerkung iſt das Kreditiv und das Vokazionsſchreiben, das ich aufzeige, wenn ich mich als beſeztes Quartalgericht über deinen Aufſaz hier niederſeze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/402
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/402>, abgerufen am 24.11.2024.