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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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"absolvieren wolte. Wenn der Man, der doch allen Henker zu machen
"hat, z. B. Bücher, Reisen um die Welt, Protokolle, Briefe, Predig-
"ten, Eroberungen und der darüber oft keine Hochzeit machen kan,
"kaum zu entschuldigen ist: wie wils eine Frau, die weit mehr Zeit hat,
"sich zu verloben und die erst am Traualtar ihre grösseren Verdienste5
"und Kron und Zepter empfängt, um zu beglücken und zu beherschen ...
"Ah da ist schon Krötenhof: so sind wir gelaufen! Aber ich wil Ihnen
"eine schriftliche Widerlegung schicken."

"Die vergessen Sie wieder" sagte die Demokratin.

Hier steht sie ja und ich sehe erst, daß ich der Kaplan selber bin.10

Ich habe neun Bitten an Sie, müde, geduldige und vortrefliche
Leserin, zu thun, eh' ich dieses lange Gekrizel beschliesse -- Die erste ist,
es zu verzeihen, besonders dessen Länge und lustig-ernsthaften Ton --
Die zweite ist, mir einen noch längern Brief zu schreiben -- die dritte
ist, daß Sie die Güte haben, es bald zu thun -- die vierte ist, mir in15
Ihrem Briefe ein kleines Aviso zu geben, wie viele Blätter Ihre
Demoiselle Schwester schon an dem ihrigen geschrieben -- die fünfte
ist, meine Hand, d. h. meine Buchstaben für schön und net zu halten --
die sechste, siebente, achte ist, mich Ihrem ganzen vortreflichen Hause
zu empfehlen und mich, neuntens, immer für den Kaplan zu halten, der20
unter allen Kaplänen am meisten und mit der grösten Hochachtung und
Freundschaft ist

Deroselben
gehors., aber um eine halbe
Seite entfernter und hier25
sizender Diener und Fr[eund]
Fr. Richter
390. An Karl Philipp Moritz in Berlin.
[Kopie]

Ich wolte Sie hätten diese Seite schon hinuntergelesen, damit ich30
nicht erröthete über Ihr Erstaunen bei Anblik des Volumens. Das
schwarze Wachstuch umwickelt wie das Leben eines Menschen
Karakter, Freude, Schmerz, einen halbabgebrochnen Plan, kurz einen
Roman, ich hätte beinahe geschrieben, einen Menschen. "Warum

23 Jean Paul Briefe. I.

„abſolvieren wolte. Wenn der Man, der doch allen Henker zu machen
„hat, z. B. Bücher, Reiſen um die Welt, Protokolle, Briefe, Predig-
„ten, Eroberungen und der darüber oft keine Hochzeit machen kan,
„kaum zu entſchuldigen iſt: wie wils eine Frau, die weit mehr Zeit hat,
„ſich zu verloben und die erſt am Traualtar ihre gröſſeren Verdienſte5
„und Kron und Zepter empfängt, um zu beglücken und zu beherſchen …
„Ah da iſt ſchon Krötenhof: ſo ſind wir gelaufen! Aber ich wil Ihnen
„eine ſchriftliche Widerlegung ſchicken.“

„Die vergeſſen Sie wieder“ ſagte die Demokratin.

Hier ſteht ſie ja und ich ſehe erſt, daß ich der Kaplan ſelber bin.10

Ich habe neun Bitten an Sie, müde, geduldige und vortrefliche
Leſerin, zu thun, eh’ ich dieſes lange Gekrizel beſchlieſſe — Die erſte iſt,
es zu verzeihen, beſonders deſſen Länge und luſtig-ernſthaften Ton —
Die zweite iſt, mir einen noch längern Brief zu ſchreiben — die dritte
iſt, daß Sie die Güte haben, es bald zu thun — die vierte iſt, mir in15
Ihrem Briefe ein kleines Aviſo zu geben, wie viele Blätter Ihre
Demoiſelle Schweſter ſchon an dem ihrigen geſchrieben — die fünfte
iſt, meine Hand, d. h. meine Buchſtaben für ſchön und net zu halten —
die ſechſte, ſiebente, achte iſt, mich Ihrem ganzen vortreflichen Hauſe
zu empfehlen und mich, neuntens, immer für den Kaplan zu halten, der20
unter allen Kaplänen am meiſten und mit der gröſten Hochachtung und
Freundſchaft iſt

Deroſelben
gehorſ., aber um eine halbe
Seite entfernter und hier25
ſizender Diener und Fr[eund]
Fr. Richter
390. An Karl Philipp Moritz in Berlin.
[Kopie]

Ich wolte Sie hätten dieſe Seite ſchon hinuntergeleſen, damit ich30
nicht erröthete über Ihr Erſtaunen bei Anblik des Volumens. Das
ſchwarze Wachstuch umwickelt wie das Leben eines Menſchen
Karakter, Freude, Schmerz, einen halbabgebrochnen Plan, kurz einen
Roman, ich hätte beinahe geſchrieben, einen Menſchen. „Warum

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[353/0380] „abſolvieren wolte. Wenn der Man, der doch allen Henker zu machen „hat, z. B. Bücher, Reiſen um die Welt, Protokolle, Briefe, Predig- „ten, Eroberungen und der darüber oft keine Hochzeit machen kan, „kaum zu entſchuldigen iſt: wie wils eine Frau, die weit mehr Zeit hat, „ſich zu verloben und die erſt am Traualtar ihre gröſſeren Verdienſte 5 „und Kron und Zepter empfängt, um zu beglücken und zu beherſchen … „Ah da iſt ſchon Krötenhof: ſo ſind wir gelaufen! Aber ich wil Ihnen „eine ſchriftliche Widerlegung ſchicken.“ „Die vergeſſen Sie wieder“ ſagte die Demokratin. Hier ſteht ſie ja und ich ſehe erſt, daß ich der Kaplan ſelber bin. 10 Ich habe neun Bitten an Sie, müde, geduldige und vortrefliche Leſerin, zu thun, eh’ ich dieſes lange Gekrizel beſchlieſſe — Die erſte iſt, es zu verzeihen, beſonders deſſen Länge und luſtig-ernſthaften Ton — Die zweite iſt, mir einen noch längern Brief zu ſchreiben — die dritte iſt, daß Sie die Güte haben, es bald zu thun — die vierte iſt, mir in 15 Ihrem Briefe ein kleines Aviſo zu geben, wie viele Blätter Ihre Demoiſelle Schweſter ſchon an dem ihrigen geſchrieben — die fünfte iſt, meine Hand, d. h. meine Buchſtaben für ſchön und net zu halten — die ſechſte, ſiebente, achte iſt, mich Ihrem ganzen vortreflichen Hauſe zu empfehlen und mich, neuntens, immer für den Kaplan zu halten, der 20 unter allen Kaplänen am meiſten und mit der gröſten Hochachtung und Freundſchaft iſt Deroſelben gehorſ., aber um eine halbe Seite entfernter und hier 25 ſizender Diener und Fr[eund] Fr. Richter 390. An Karl Philipp Moritz in Berlin. [Schwarzenbach, 7. Juni 1792] Ich wolte Sie hätten dieſe Seite ſchon hinuntergeleſen, damit ich 30 nicht erröthete über Ihr Erſtaunen bei Anblik des Volumens. Das ſchwarze Wachstuch umwickelt wie das Leben eines Menſchen Karakter, Freude, Schmerz, einen halbabgebrochnen Plan, kurz einen Roman, ich hätte beinahe geſchrieben, einen Menſchen. „Warum 23 Jean Paul Briefe. I.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/380>, abgerufen am 27.11.2024.