Chaussee und deren Therapeutik die Diätetik war. -- Den Gesunden, die Sie belehren, und den Kranken, die Sie heilen -- den Pazienten und Gelehrten.
386. An Friederike Otto in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 9. Mai 1792]5
Sie hätten vor 2 Stunden den Jean Paul und seine Freude über alles sehen sollen, über Ihren Brief, über Ihre Bitte, über die Person, die sie that, über die, für die sie geschah -- Ja traute Sturmin, sobald ich den Brief geendet, fang' ich deine Hochzeitprose an, werden sols was. Es sol die gefütt[erte] Thüre eingeschnapt werden, der10 Kaffee siedet schon, ich auch und bin schon im Feuer, das ich schüren wil! Du himlische Sturmin, jezt ins Hochzeitbet hinein kan ich dirs schon sagen, daß ich in dich verliebt war -- ich wolte, du köntest dich verehelichen ohne einen Bräutigam -- ich wünsche dir alles, ausser diesen nicht, deiner Ehe alles Schöne -- ihre Länge ausgenommen.15
Ausser Ihrem Briefe konten Sie mir nichts angenehmers schreiben als die Bitte darin. Da mich der Böse einmal dazu ausersehen hat, daß ich stat der Hochzeit Hochzeitgedichte mache: so ersezt wenigstens die Schönheit des Gegenstandes die Entbehrung desselben. Ich habe das Hochzeitkarmen in Prose gefertigt, wenn es nicht ganz unwerth20 sein solte, vor 4 schöne Augen zu kommen, wovon ich 2 noch nicht gesehen habe. Es ist schwerer für eine Dichterin Dichter als Liebhaber zu werden. Prük[ner] vereinigt beides und erwischt eben so leicht einen Reim als eine Frau, und noch leichter e[ine] Liebhab[erin] ... Apropos ich begreife den fliegenden Sprung nicht, den Sie von Hof nach Ws.25 machen, und wenn ich ihn begriffe, so würd' ichs nicht sagen. Ihrer 3 schreibenden Finger wegen verzeih' ich Ihnen alles, weswegen ich Ihnen den kleinen drücke.
387. An Helene (?) Köhler in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 10. Mai 1792]30
Ich wolt' ich wäre der Leistschneider und gäb' Ihnen diesen Brief. -- So reichlich muß sie ihren Trank nehmen als ich meinen Kaffee. -- Da[369] sich von hier bis Pfingsten eine nur durch einen Schmuztag unter- brochne Reihe von schönen Tagen stellen wird: so werden wir alle froh, bis wieder Regen, Krankheit und Soldaten sich einquartieren.35
Chauſſee und deren Therapeutik die Diätetik war. — Den Geſunden, die Sie belehren, und den Kranken, die Sie heilen — den Pazienten und Gelehrten.
386. An Friederike Otto in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 9. Mai 1792]5
Sie hätten vor 2 Stunden den Jean Paul und ſeine Freude über alles ſehen ſollen, über Ihren Brief, über Ihre Bitte, über die Perſon, die ſie that, über die, für die ſie geſchah — Ja traute Sturmin, ſobald ich den Brief geendet, fang’ ich deine Hochzeitproſe an, werden ſols was. Es ſol die gefütt[erte] Thüre eingeſchnapt werden, der10 Kaffee ſiedet ſchon, ich auch und bin ſchon im Feuer, das ich ſchüren wil! Du himliſche Sturmin, jezt ins Hochzeitbet hinein kan ich dirs ſchon ſagen, daß ich in dich verliebt war — ich wolte, du könteſt dich verehelichen ohne einen Bräutigam — ich wünſche dir alles, auſſer dieſen nicht, deiner Ehe alles Schöne — ihre Länge ausgenommen.15
Auſſer Ihrem Briefe konten Sie mir nichts angenehmers ſchreiben als die Bitte darin. Da mich der Böſe einmal dazu auserſehen hat, daß ich ſtat der Hochzeit Hochzeitgedichte mache: ſo erſezt wenigſtens die Schönheit des Gegenſtandes die Entbehrung deſſelben. Ich habe das Hochzeitkarmen in Proſe gefertigt, wenn es nicht ganz unwerth20 ſein ſolte, vor 4 ſchöne Augen zu kommen, wovon ich 2 noch nicht geſehen habe. Es iſt ſchwerer für eine Dichterin Dichter als Liebhaber zu werden. Prük[ner] vereinigt beides und erwiſcht eben ſo leicht einen Reim als eine Frau, und noch leichter e[ine] Liebhab[erin] … Apropos ich begreife den fliegenden Sprung nicht, den Sie von Hof nach Wſ.25 machen, und wenn ich ihn begriffe, ſo würd’ ichs nicht ſagen. Ihrer 3 ſchreibenden Finger wegen verzeih’ ich Ihnen alles, weswegen ich Ihnen den kleinen drücke.
387. An Helene (?) Köhler in Hof.
[Kopie][Schwarzenbach, 10. Mai 1792]30
Ich wolt’ ich wäre der Leiſtſchneider und gäb’ Ihnen dieſen Brief. — So reichlich muß ſie ihren Trank nehmen als ich meinen Kaffee. — Da[369] ſich von hier bis Pfingſten eine nur durch einen Schmuztag unter- brochne Reihe von ſchönen Tagen ſtellen wird: ſo werden wir alle froh, bis wieder Regen, Krankheit und Soldaten ſich einquartieren.35
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0375"n="349"/>
Chauſſee und deren Therapeutik die Diätetik war. — Den Geſunden,<lb/>
die Sie belehren, und den Kranken, die Sie heilen — den Pazienten<lb/>
und Gelehrten.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>386. An <hirendition="#g">Friederike Otto in Hof.</hi></head><lb/><notetype="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note><dateline><hirendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 9. Mai 1792<metamark>]</metamark></hi></dateline><lbn="5"/><p>Sie hätten vor 2 Stunden den <hirendition="#aq">Jean Paul</hi> und ſeine Freude über<lb/>
alles ſehen ſollen, über Ihren Brief, über Ihre Bitte, über die<lb/>
Perſon, die ſie that, über die, für die ſie geſchah — Ja traute Sturmin,<lb/>ſobald ich den Brief geendet, fang’ ich deine Hochzeitproſe an, werden<lb/>ſols was. Es ſol die gefütt<metamark>[</metamark>erte<metamark>]</metamark> Thüre eingeſchnapt werden, der<lbn="10"/>
Kaffee ſiedet ſchon, ich auch und bin ſchon im Feuer, das ich ſchüren<lb/>
wil! Du himliſche Sturmin, jezt ins Hochzeitbet hinein kan ich dirs<lb/>ſchon ſagen, daß ich in dich verliebt war — ich wolte, du könteſt dich<lb/>
verehelichen ohne einen Bräutigam — ich wünſche dir alles, auſſer<lb/>
dieſen nicht, deiner Ehe alles Schöne — ihre Länge ausgenommen.<lbn="15"/></p><p>Auſſer Ihrem Briefe konten Sie mir nichts angenehmers ſchreiben<lb/>
als die Bitte darin. Da mich der Böſe einmal dazu auserſehen hat,<lb/>
daß ich ſtat der Hochzeit Hochzeitgedichte mache: ſo erſezt wenigſtens<lb/>
die Schönheit des Gegenſtandes die Entbehrung deſſelben. Ich habe<lb/>
das Hochzeitkarmen in Proſe gefertigt, wenn es nicht ganz unwerth<lbn="20"/>ſein ſolte, vor 4 ſchöne Augen zu kommen, wovon ich 2 noch nicht<lb/>
geſehen habe. Es iſt ſchwerer für eine Dichterin Dichter als Liebhaber<lb/>
zu werden. Prük<metamark>[</metamark>ner<metamark>]</metamark> vereinigt beides und erwiſcht eben ſo leicht einen<lb/>
Reim als eine Frau, und noch leichter e<metamark>[</metamark>ine<metamark>]</metamark> Liebhab<metamark>[</metamark>erin<metamark>]</metamark>… Apropos<lb/>
ich begreife den fliegenden Sprung nicht, den Sie von Hof nach Wſ.<lbn="25"/>
machen, und wenn ich ihn begriffe, ſo würd’ ichs nicht ſagen. Ihrer<lb/>
3 ſchreibenden Finger wegen verzeih’ ich Ihnen alles, weswegen ich<lb/>
Ihnen den kleinen drücke.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>387. An <hirendition="#g">Helene (?) Köhler in Hof.</hi></head><lb/><notetype="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note><dateline><hirendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 10. Mai 1792<metamark>]</metamark></hi></dateline><lbn="30"/><p>Ich wolt’ ich wäre der Leiſtſchneider und gäb’ Ihnen dieſen Brief. —<lb/>
So reichlich muß ſie ihren Trank nehmen als ich meinen Kaffee. — Da<noteplace="right"><reftarget="1922_Bd#_369">[369]</ref></note><lb/>ſich von hier bis Pfingſten eine nur durch einen Schmuztag unter-<lb/>
brochne Reihe von ſchönen Tagen ſtellen wird: ſo werden wir alle froh,<lb/>
bis wieder Regen, Krankheit und Soldaten ſich einquartieren.<lbn="35"/></p></div><lb/></body></text></TEI>
[349/0375]
Chauſſee und deren Therapeutik die Diätetik war. — Den Geſunden,
die Sie belehren, und den Kranken, die Sie heilen — den Pazienten
und Gelehrten.
386. An Friederike Otto in Hof.
[Schwarzenbach, 9. Mai 1792] 5
Sie hätten vor 2 Stunden den Jean Paul und ſeine Freude über
alles ſehen ſollen, über Ihren Brief, über Ihre Bitte, über die
Perſon, die ſie that, über die, für die ſie geſchah — Ja traute Sturmin,
ſobald ich den Brief geendet, fang’ ich deine Hochzeitproſe an, werden
ſols was. Es ſol die gefütt[erte] Thüre eingeſchnapt werden, der 10
Kaffee ſiedet ſchon, ich auch und bin ſchon im Feuer, das ich ſchüren
wil! Du himliſche Sturmin, jezt ins Hochzeitbet hinein kan ich dirs
ſchon ſagen, daß ich in dich verliebt war — ich wolte, du könteſt dich
verehelichen ohne einen Bräutigam — ich wünſche dir alles, auſſer
dieſen nicht, deiner Ehe alles Schöne — ihre Länge ausgenommen. 15
Auſſer Ihrem Briefe konten Sie mir nichts angenehmers ſchreiben
als die Bitte darin. Da mich der Böſe einmal dazu auserſehen hat,
daß ich ſtat der Hochzeit Hochzeitgedichte mache: ſo erſezt wenigſtens
die Schönheit des Gegenſtandes die Entbehrung deſſelben. Ich habe
das Hochzeitkarmen in Proſe gefertigt, wenn es nicht ganz unwerth 20
ſein ſolte, vor 4 ſchöne Augen zu kommen, wovon ich 2 noch nicht
geſehen habe. Es iſt ſchwerer für eine Dichterin Dichter als Liebhaber
zu werden. Prük[ner] vereinigt beides und erwiſcht eben ſo leicht einen
Reim als eine Frau, und noch leichter e[ine] Liebhab[erin] … Apropos
ich begreife den fliegenden Sprung nicht, den Sie von Hof nach Wſ. 25
machen, und wenn ich ihn begriffe, ſo würd’ ichs nicht ſagen. Ihrer
3 ſchreibenden Finger wegen verzeih’ ich Ihnen alles, weswegen ich
Ihnen den kleinen drücke.
387. An Helene (?) Köhler in Hof.
[Schwarzenbach, 10. Mai 1792] 30
Ich wolt’ ich wäre der Leiſtſchneider und gäb’ Ihnen dieſen Brief. —
So reichlich muß ſie ihren Trank nehmen als ich meinen Kaffee. — Da
ſich von hier bis Pfingſten eine nur durch einen Schmuztag unter-
brochne Reihe von ſchönen Tagen ſtellen wird: ſo werden wir alle froh,
bis wieder Regen, Krankheit und Soldaten ſich einquartieren. 35
[369]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/375>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.