Ich fange unsern vorigen Herbst wieder an. Hier ist mein Wuz, nach deiner und meiner Empfindung verändert, und mit 10 Seiten5 vermehrt. Die schriftliche Antwort darauf köntest du mir wol schon am Sontag geben.
381. An Feez.[362]
[Kopie][Schwarzenbach, Novemb. 1791]
Es ist eben so schlim vor der Gefälligkeit undankbar zu sein als10 nach ihr -- Das gute Buch und schlechte Wetter schlossen mich hier an und das Konzert, das nur [?] dieses nachahmt, ersezte mir jenes. -- Das Wetter hat Ihre Frage (ob wir nach Sparnek gehen) wieder so beantwortet, daß niemand gewint wie Sie -- es kommen ja noch 20 Sonabende, um an 1 dahin zu gehen. Ich danke Ihnen für Ihre15 Frage und Ihre Bücher.
382. An Christian Otto.
[Kopie][Schwarzenbach, 12. Dez. 1791. Montag]
Ein Rezensent verstekt seine Untüchtigkeit zu 1) loben und zu 2) tadeln unter seine Anonymität und geht mit Ehren davon -- gleich-20 wol wil ich beides thun. -- Schiller hat eine ganze Geschichte, du blos ein Stük, er hat ein Gewebe, du einen Faden, er hat die Wahl, wie er die Fülle 1 Zeitraums aufstellen wil, du hast die, wie du Zeiträume ordnen wilst, die sich schon selber ordnen. Ein geschikter Romanschreiber kent diesen Rangstreit der Begebenheiten ganz, er hilft sich aber so, daß er25 schliest: "es giebt keinen andern Rechtsgrund der Ordnung als das Interesse deiner Leser; dieses Interesse hat den seinigen wieder in nichts als in der Schwierigkeit, die du ihm zeigst und auflösest; wenn also von 2 Faktis das eine die Frage, das andre die Antwort ist: so können diese 2 Fakta nicht besser geordnet [werden]." Nicht blos das Interesse eines30 Schauspiels, sondern auch das einer Untersuchung, des Styls, eines Perioden beruht auf diesem immerwährenden tranßend[enten] Knötgen knüpfen und aufbinden. -- Um so eine Schwierigkeit zu finden, muß der Autor im Nachfolgenden nachsuchen um das Vorhergehende
380. An Chriſtian Otto.
[Hof?] den 6 Okt. 91 [Donnerstag].
Lieber Otto
Ich fange unſern vorigen Herbſt wieder an. Hier iſt mein Wuz, nach deiner und meiner Empfindung verändert, und mit 10 Seiten5 vermehrt. Die ſchriftliche Antwort darauf könteſt du mir wol ſchon am Sontag geben.
381. An Feez.[362]
[Kopie][Schwarzenbach, Novemb. 1791]
Es iſt eben ſo ſchlim vor der Gefälligkeit undankbar zu ſein als10 nach ihr — Das gute Buch und ſchlechte Wetter ſchloſſen mich hier an und das Konzert, das nur [?] dieſes nachahmt, erſezte mir jenes. — Das Wetter hat Ihre Frage (ob wir nach Sparnek gehen) wieder ſo beantwortet, daß niemand gewint wie Sie — es kommen ja noch 20 Sonabende, um an 1 dahin zu gehen. Ich danke Ihnen für Ihre15 Frage und Ihre Bücher.
382. An Chriſtian Otto.
[Kopie][Schwarzenbach, 12. Dez. 1791. Montag]
Ein Rezenſent verſtekt ſeine Untüchtigkeit zu 1) loben und zu 2) tadeln unter ſeine Anonymität und geht mit Ehren davon — gleich-20 wol wil ich beides thun. — Schiller hat eine ganze Geſchichte, du blos ein Stük, er hat ein Gewebe, du einen Faden, er hat die Wahl, wie er die Fülle 1 Zeitraums aufſtellen wil, du haſt die, wie du Zeiträume ordnen wilſt, die ſich ſchon ſelber ordnen. Ein geſchikter Romanſchreiber kent dieſen Rangſtreit der Begebenheiten ganz, er hilft ſich aber ſo, daß er25 ſchlieſt: „es giebt keinen andern Rechtsgrund der Ordnung als das Intereſſe deiner Leſer; dieſes Intereſſe hat den ſeinigen wieder in nichts als in der Schwierigkeit, die du ihm zeigſt und auflöſeſt; wenn alſo von 2 Faktis das eine die Frage, das andre die Antwort iſt: ſo können dieſe 2 Fakta nicht beſſer geordnet [werden].“ Nicht blos das Intereſſe eines30 Schauſpiels, ſondern auch das einer Unterſuchung, des Styls, eines Perioden beruht auf dieſem immerwährenden tranſzend[enten] Knötgen knüpfen und aufbinden. — Um ſo eine Schwierigkeit zu finden, muß der Autor im Nachfolgenden nachſuchen um das Vorhergehende
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380. An Chriſtian Otto.
[Hof?] den 6 Okt. 91 [Donnerstag].
Lieber Otto
Ich fange unſern vorigen Herbſt wieder an. Hier iſt mein Wuz,
nach deiner und meiner Empfindung verändert, und mit 10 Seiten 5
vermehrt. Die ſchriftliche Antwort darauf könteſt du mir wol ſchon
am Sontag geben.
381. An Feez.
[Schwarzenbach, Novemb. 1791]
Es iſt eben ſo ſchlim vor der Gefälligkeit undankbar zu ſein als 10
nach ihr — Das gute Buch und ſchlechte Wetter ſchloſſen mich hier
an und das Konzert, das nur [?] dieſes nachahmt, erſezte mir jenes.
— Das Wetter hat Ihre Frage (ob wir nach Sparnek gehen) wieder
ſo beantwortet, daß niemand gewint wie Sie — es kommen ja noch
20 Sonabende, um an 1 dahin zu gehen. Ich danke Ihnen für Ihre 15
Frage und Ihre Bücher.
382. An Chriſtian Otto.
[Schwarzenbach, 12. Dez. 1791. Montag]
Ein Rezenſent verſtekt ſeine Untüchtigkeit zu 1) loben und zu
2) tadeln unter ſeine Anonymität und geht mit Ehren davon — gleich- 20
wol wil ich beides thun. — Schiller hat eine ganze Geſchichte, du blos
ein Stük, er hat ein Gewebe, du einen Faden, er hat die Wahl, wie er
die Fülle 1 Zeitraums aufſtellen wil, du haſt die, wie du Zeiträume ordnen
wilſt, die ſich ſchon ſelber ordnen. Ein geſchikter Romanſchreiber kent
dieſen Rangſtreit der Begebenheiten ganz, er hilft ſich aber ſo, daß er 25
ſchlieſt: „es giebt keinen andern Rechtsgrund der Ordnung als das
Intereſſe deiner Leſer; dieſes Intereſſe hat den ſeinigen wieder in nichts
als in der Schwierigkeit, die du ihm zeigſt und auflöſeſt; wenn alſo von
2 Faktis das eine die Frage, das andre die Antwort iſt: ſo können dieſe
2 Fakta nicht beſſer geordnet [werden].“ Nicht blos das Intereſſe eines 30
Schauſpiels, ſondern auch das einer Unterſuchung, des Styls, eines
Perioden beruht auf dieſem immerwährenden tranſzend[enten] Knötgen
knüpfen und aufbinden. — Um ſo eine Schwierigkeit zu finden, muß
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/369>, abgerufen am 25.07.2024.
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