Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.so einen elenden Man verschwenden müssen -- er verdient Ihr Gegner 10. An Frau Richter in Schwarzenbach. Geliebte Mama! Ich wünsche mir keinen solchen Brief mehr von Ihnen, wie der lezte * Ihr Wiz wird wol dem Klingsor nicht viel Bekümmernis machen -- denn
ich glaube fest [!] gewis zu sein, daß er ihn nicht versteht -- und Ihre Gründe werden ihn nicht ser überzeugen -- denn, lieber Got, dan wäre der Klingsor nicht mer Klingsor.35 ſo einen elenden Man verſchwenden müſſen — er verdient Ihr Gegner 10. An Frau Richter in Schwarzenbach. Geliebte Mama! Ich wünſche mir keinen ſolchen Brief mehr von Ihnen, wie der lezte * Ihr Wiz wird wol dem Klingsor nicht viel Bekümmernis machen — denn
ich glaube feſt [!] gewis zu ſein, daß er ihn nicht verſteht — und Ihre Gründe werden ihn nicht ſer überzeugen — denn, lieber Got, dan wäre der Klingsor nicht mer Klingsor.35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="12"/> ſo einen elenden Man verſchwenden müſſen — er verdient Ihr Gegner<lb/> nicht zu ſein<metamark>[</metamark><note place="foot" n="*">Ihr Wiz wird wol dem Klingsor nicht viel Bekümmernis machen — denn<lb/> ich glaube feſt <metamark>[</metamark>!<metamark>]</metamark> gewis zu ſein, daß er ihn nicht verſteht — und Ihre Gründe<lb/> werden ihn nicht ſer überzeugen — denn, lieber Got, dan wäre der Klingsor nicht<lb/> mer Klingsor.<lb n="35"/> </note><metamark>]</metamark>. — Sie werden mit mir den ehrwürdigen Man<lb/> bedauern, deſſen Verluſt ich Ihnen ſchon neulich ſchrieb, den Hommel.<lb/> Neulich kant’ ich ihn nur als einen vorzüglichen Juriſten — iezt kenn’<lb/> ich ihn als einen waren Menſchen <metamark>[</metamark>und<metamark>]</metamark> ſcharfſinnigen Philo<metamark>[</metamark>ſophen<metamark>]</metamark>.<lb n="5"/> Unſterblich hat ſich der Man um Sachſen verdient gemacht. Durch<lb/> ſeine ſcharfſinnigen Gründe, ſeine warme Beredſamkeit bracht’ er’s<lb/> dahin, daß die Infamieſtrafen aufgehoben worden ſind, daß die Tor-<lb/> tur, dieſe ſchwarze Geburt der Unwiſſenheit, und des Fanatism, und<lb/> der Grauſamkeit, in kurſächſiſchen Ländern abgeſchaft iſt — und daß<lb n="10"/> die Anzal der Hinrichtungen der Menſchen gering iſt. Ja, er ſol ſogar,<lb/> wie man mich verſichert hat, ſer auf die g<metamark>[</metamark>änzliche<metamark>]</metamark> Abſchaffung der<lb/> Todesſtrafe gedrungen <metamark>[</metamark>haben<metamark>]</metamark>, und’s ſol nur ſein Tod die Urſache ge-<lb/> weſen ſein, daß er dieſes Unternemen nicht ganz zu Stande brachte.<lb/> Edler Man! wie ſer verdient deine Aſche die Tränen und die Vererung<lb n="15"/> iedes Menſchen! — — Neuigkeiten giebt’s eben hier in Leipzig iezt<lb/> wenig — vielleicht aber nur deswegen, weil man ſie mir nicht ſagt.<lb/> Empfelen <metamark>[</metamark>Sie<metamark>]</metamark> mich dem H. Pfarrer Völkel — dieſem würdigen Man,<lb/> dem ich ſo viel Dank und Liebe ſchuldig bin. Wie können Sie ſich freuen,<lb/> in einem Zirkel ſo aufgeklärter Männer zu leben, die überal ſelten, und<lb n="20"/> <note place="left"><ref target="1922_Bd#_13">[13]</ref></note>im Baireutſchen <metamark>[?]</metamark> am ſeltenſten ſind. Sie werden müde ſein zu leſen.<lb/> Ich ſchrieb einen Brief nach der Regel der gemeinen Leute: viel hilft<lb/> viel. Weil ich nicht gut ſchrieb, glaubt’ ich viel ſchreiben zu müſſen. —<lb/> Empfelen Sie mich Dero würdigſten Gattin; küſſen Sie an meiner<lb/> ſtat Dero liebenswürdige Kinder. Lieben Sie mich, und ſein Sie ver-<lb n="25"/> ſichert, daß ich alzeit mit der gröſten Hochachtung bin —</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>10. An <hi rendition="#g">Frau Richter in Schwarzenbach.</hi></head><lb/> <opener> <salute> <hi rendition="#et">Geliebte Mama!</hi> </salute> </opener><lb/> <p>Ich wünſche mir keinen ſolchen Brief mehr von Ihnen, wie der lezte<lb/> war; mit Furcht erbrech’ ich ieden, und immer komt eine unangenehme<lb n="30"/> Poſt mit der andern. Der lezte Brief iſt faſt ganz vol. Dies Menſch,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0034]
ſo einen elenden Man verſchwenden müſſen — er verdient Ihr Gegner
nicht zu ſein[ *]. — Sie werden mit mir den ehrwürdigen Man
bedauern, deſſen Verluſt ich Ihnen ſchon neulich ſchrieb, den Hommel.
Neulich kant’ ich ihn nur als einen vorzüglichen Juriſten — iezt kenn’
ich ihn als einen waren Menſchen [und] ſcharfſinnigen Philo[ſophen]. 5
Unſterblich hat ſich der Man um Sachſen verdient gemacht. Durch
ſeine ſcharfſinnigen Gründe, ſeine warme Beredſamkeit bracht’ er’s
dahin, daß die Infamieſtrafen aufgehoben worden ſind, daß die Tor-
tur, dieſe ſchwarze Geburt der Unwiſſenheit, und des Fanatism, und
der Grauſamkeit, in kurſächſiſchen Ländern abgeſchaft iſt — und daß 10
die Anzal der Hinrichtungen der Menſchen gering iſt. Ja, er ſol ſogar,
wie man mich verſichert hat, ſer auf die g[änzliche] Abſchaffung der
Todesſtrafe gedrungen [haben], und’s ſol nur ſein Tod die Urſache ge-
weſen ſein, daß er dieſes Unternemen nicht ganz zu Stande brachte.
Edler Man! wie ſer verdient deine Aſche die Tränen und die Vererung 15
iedes Menſchen! — — Neuigkeiten giebt’s eben hier in Leipzig iezt
wenig — vielleicht aber nur deswegen, weil man ſie mir nicht ſagt.
Empfelen [Sie] mich dem H. Pfarrer Völkel — dieſem würdigen Man,
dem ich ſo viel Dank und Liebe ſchuldig bin. Wie können Sie ſich freuen,
in einem Zirkel ſo aufgeklärter Männer zu leben, die überal ſelten, und 20
im Baireutſchen [?] am ſeltenſten ſind. Sie werden müde ſein zu leſen.
Ich ſchrieb einen Brief nach der Regel der gemeinen Leute: viel hilft
viel. Weil ich nicht gut ſchrieb, glaubt’ ich viel ſchreiben zu müſſen. —
Empfelen Sie mich Dero würdigſten Gattin; küſſen Sie an meiner
ſtat Dero liebenswürdige Kinder. Lieben Sie mich, und ſein Sie ver- 25
ſichert, daß ich alzeit mit der gröſten Hochachtung bin —
[13]
10. An Frau Richter in Schwarzenbach.
Geliebte Mama!
Ich wünſche mir keinen ſolchen Brief mehr von Ihnen, wie der lezte
war; mit Furcht erbrech’ ich ieden, und immer komt eine unangenehme 30
Poſt mit der andern. Der lezte Brief iſt faſt ganz vol. Dies Menſch,
* Ihr Wiz wird wol dem Klingsor nicht viel Bekümmernis machen — denn
ich glaube feſt [!] gewis zu ſein, daß er ihn nicht verſteht — und Ihre Gründe
werden ihn nicht ſer überzeugen — denn, lieber Got, dan wäre der Klingsor nicht
mer Klingsor. 35
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(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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