3 Freunden 2 verloren" in die: "warum hast du unter der elenden Menschenmakulatur 3 gefunden" und ich wuste keine andre als eine dankbare Antwort. Ich wünschte, ich wäre so sehr gebessert, daß du[298] auch beide Fragen thun köntest.
307. An Christian Otto.5
[Kopie][Hof, 27. Febr. 1790]
Ich richte die 4te Bitte heut an dich, an deine Brüder, an etc.; und fast die 5te auch. Beim Antritte meines Schwarzenbacher Schulamts mus ich das gewöhnliche Inventarium übernehmen, das in Stiefeln, Strümpfen, Schnupftüchern und ein paar Kreuzern Geld besteht. Aus10 diesen 4 Artikeln fehlt mir nun besonders der 1te, der 2te, der 3te und der 4te; und ich habe nichts als die Hofnung, daß ... weil ich die Zahlfrist meiner pädagogischen Gage noch nicht weis .. der Brief ist vergnügter als ich und ich fühle meine beschwerliche Zudringlichkeit darum nicht minder.15
308. An die Postmeisterin Wirth in Hof.
Hof den 3. März 1790.
Hoch Edelgeborene, Hochgeehrteste Frau Postmeisterin,
Sie wollen, ich sol aus einem schlechten Propheten ein schlechter20 Dichter werden. Ich wil aber lieber ein schlechter Briefsteller werden und Ihnen stat der Verse Träume liefern. Sie sind am ganzen Übel schuld; denn hätten Sie nicht vorgestern mit mir über die Beulwizische und Richtersche Poesie gesprochen: so hätt' ich vorgestern nicht folgenden Traum in meinem Bette gefunden.25
Mein Traum warf mich zwei Stunden weit, aus meiner Stube in die Beulwizische. Sie können gewis sein, daß ich vorgestern in Töpen war; denn ich hörte den alten Oerthel und seinen Spizhund zanken und beide belten einen Betler an. Ich und der Beulwiz und seine Frau sahen dabei vom Fenster herunter. Eh' ich weiter erzähle, mus ich30 anmerken, daß Beulwiz ganz vernünftig war, und es kam mir des- wegen oft im Traume vor, ich träumete gar: denn er zog seine Weste nicht öfter (ich verzählte mich nicht) als 33 mal hinunter und die Achseln eben so oft hinauf und er sah und suchte im Spiegel blos nach
3 Freunden 2 verloren“ in die: „warum haſt du unter der elenden Menſchenmakulatur 3 gefunden“ und ich wuſte keine andre als eine dankbare Antwort. Ich wünſchte, ich wäre ſo ſehr gebeſſert, daß du[298] auch beide Fragen thun könteſt.
307. An Chriſtian Otto.5
[Kopie][Hof, 27. Febr. 1790]
Ich richte die 4te Bitte heut an dich, an deine Brüder, an ꝛc.; und faſt die 5te auch. Beim Antritte meines Schwarzenbacher Schulamts mus ich das gewöhnliche Inventarium übernehmen, das in Stiefeln, Strümpfen, Schnupftüchern und ein paar Kreuzern Geld beſteht. Aus10 dieſen 4 Artikeln fehlt mir nun beſonders der 1te, der 2te, der 3te und der 4te; und ich habe nichts als die Hofnung, daß … weil ich die Zahlfriſt meiner pädagogiſchen Gage noch nicht weis .. der Brief iſt vergnügter als ich und ich fühle meine beſchwerliche Zudringlichkeit darum nicht minder.15
308. An die Poſtmeiſterin Wirth in Hof.
Hof den 3. März 1790.
Hoch Edelgeborene, Hochgeehrteſte Frau Poſtmeiſterin,
Sie wollen, ich ſol aus einem ſchlechten Propheten ein ſchlechter20 Dichter werden. Ich wil aber lieber ein ſchlechter Briefſteller werden und Ihnen ſtat der Verſe Träume liefern. Sie ſind am ganzen Übel ſchuld; denn hätten Sie nicht vorgeſtern mit mir über die Beulwiziſche und Richterſche Poeſie geſprochen: ſo hätt’ ich vorgeſtern nicht folgenden Traum in meinem Bette gefunden.25
Mein Traum warf mich zwei Stunden weit, aus meiner Stube in die Beulwiziſche. Sie können gewis ſein, daß ich vorgeſtern in Töpen war; denn ich hörte den alten Oerthel und ſeinen Spizhund zanken und beide belten einen Betler an. Ich und der Beulwiz und ſeine Frau ſahen dabei vom Fenſter herunter. Eh’ ich weiter erzähle, mus ich30 anmerken, daß Beulwiz ganz vernünftig war, und es kam mir des- wegen oft im Traume vor, ich träumete gar: denn er zog ſeine Weſte nicht öfter (ich verzählte mich nicht) als 33 mal hinunter und die Achſeln eben ſo oft hinauf und er ſah und ſuchte im Spiegel blos nach
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3 Freunden 2 verloren“ in die: „warum haſt du unter der elenden
Menſchenmakulatur 3 gefunden“ und ich wuſte keine andre als eine
dankbare Antwort. Ich wünſchte, ich wäre ſo ſehr gebeſſert, daß du
auch beide Fragen thun könteſt.
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307. An Chriſtian Otto. 5
[Hof, 27. Febr. 1790]
Ich richte die 4te Bitte heut an dich, an deine Brüder, an ꝛc.; und
faſt die 5te auch. Beim Antritte meines Schwarzenbacher Schulamts
mus ich das gewöhnliche Inventarium übernehmen, das in Stiefeln,
Strümpfen, Schnupftüchern und ein paar Kreuzern Geld beſteht. Aus 10
dieſen 4 Artikeln fehlt mir nun beſonders der 1te, der 2te, der 3te und
der 4te; und ich habe nichts als die Hofnung, daß … weil ich die
Zahlfriſt meiner pädagogiſchen Gage noch nicht weis .. der Brief iſt
vergnügter als ich und ich fühle meine beſchwerliche Zudringlichkeit
darum nicht minder. 15
308. An die Poſtmeiſterin Wirth in Hof.
Hof den 3. März 1790.
Hoch Edelgeborene,
Hochgeehrteſte Frau Poſtmeiſterin,
Sie wollen, ich ſol aus einem ſchlechten Propheten ein ſchlechter 20
Dichter werden. Ich wil aber lieber ein ſchlechter Briefſteller werden
und Ihnen ſtat der Verſe Träume liefern. Sie ſind am ganzen Übel
ſchuld; denn hätten Sie nicht vorgeſtern mit mir über die Beulwiziſche
und Richterſche Poeſie geſprochen: ſo hätt’ ich vorgeſtern nicht
folgenden Traum in meinem Bette gefunden. 25
Mein Traum warf mich zwei Stunden weit, aus meiner Stube in
die Beulwiziſche. Sie können gewis ſein, daß ich vorgeſtern in Töpen
war; denn ich hörte den alten Oerthel und ſeinen Spizhund zanken und
beide belten einen Betler an. Ich und der Beulwiz und ſeine Frau
ſahen dabei vom Fenſter herunter. Eh’ ich weiter erzähle, mus ich 30
anmerken, daß Beulwiz ganz vernünftig war, und es kam mir des-
wegen oft im Traume vor, ich träumete gar: denn er zog ſeine Weſte
nicht öfter (ich verzählte mich nicht) als 33 mal hinunter und die
Achſeln eben ſo oft hinauf und er ſah und ſuchte im Spiegel blos nach
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/308>, abgerufen am 25.07.2024.
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