zu kommen und Sie auch: aber wir ahmten beide einander nach ... Ich habe heute so viel gesungen, gefastet etc., daß ich besorge es ist in diesem Briefe gar kein Menschenverstand.
201. An Christian Otto.
[Kopie][Töpen, 19. Okt. 1787]5
... halte meine Bitte für mein Siegel -- nim dein Petschaft und auch deinen Siegellak, wodurch ich wider meine Erwartung was[245] erspare -- Was macht der Dr[?] Kümmel? Ich sage du zu ihm. Ihr hättet ihm gar keinen solchen botanischen Namen geben sollen, aus dem der Satan mit allem seinem Wize keine Ähnlichkeit [holt,] wenn10 ich den Reim ausnehme. Ich wolte ich hätte der Vergleichung wegen einen botanischen Traktat über dieses gewöhnliche Gewächs sowie er [?] selbst blos des Wizes wegen die mitlere Region der Anatomie studirt und mit einer scientia media heimgekommen.
202. An Archenholz.15
[Kopie][Töpen, 19. Okt. 1787]
Haller erzählt, daß man einen, der keinen Kopf zu haben besorgte, durch Aufsezung eines blei[ernen] Hutes hergestellet. Es wäre ein eben so gutes Mittel dagegen, wenn man ihm einen Aufsaz zeigen [würde], von dem er mit Augen sähe, daß er in die Litteraturkunde eingerükt20 worden .... Ich brauche in der Rüksicht nur eine Präservativkur .... Würd[igen] Sie diesen Aufsaz einer Einrükkung, der gewissen Köpfen, deren Existenz nicht bleierne sondern goldne Kronen beweisen, zu frei mitgespielt [?] .... Ich habe [noch mehr Aufsäze] in der Anzieh- stube liegen: dürfen sie über die Kulisse? Die Stimme des Publikums25 mus die elende Ripienstimme völlig unhörbar machen, die an den Deutschen nichts mehr schäzt als ihre Ähnlichkeit mit den Engländern und die nichts lieber werden möchte als der Lobredner des englischen Lobredners. Wenigstens bin ich etc.
203. An Trogenprediger Müller.30
[Kopie][Töpen, 17. Nov. 1787]
Ich kan nicht wie iener Maler eine Fliege auf Ihr Gemälde zeichnen, die mir Ehre erwürbe: alles, was ich darauf zu sezen vermag, sind einige Auswürfe derselben. ...
zu kommen und Sie auch: aber wir ahmten beide einander nach … Ich habe heute ſo viel geſungen, gefaſtet ꝛc., daß ich beſorge es iſt in dieſem Briefe gar kein Menſchenverſtand.
201. An Chriſtian Otto.
[Kopie][Töpen, 19. Okt. 1787]5
... halte meine Bitte für mein Siegel — nim dein Petſchaft und auch deinen Siegellak, wodurch ich wider meine Erwartung was[245] erſpare — Was macht der Dr[?] Kümmel? Ich ſage du zu ihm. Ihr hättet ihm gar keinen ſolchen botaniſchen Namen geben ſollen, aus dem der Satan mit allem ſeinem Wize keine Ähnlichkeit [holt,] wenn10 ich den Reim ausnehme. Ich wolte ich hätte der Vergleichung wegen einen botaniſchen Traktat über dieſes gewöhnliche Gewächs ſowie er [?] ſelbſt blos des Wizes wegen die mitlere Region der Anatomie ſtudirt und mit einer scientia media heimgekommen.
202. An Archenholz.15
[Kopie][Töpen, 19. Okt. 1787]
Haller erzählt, daß man einen, der keinen Kopf zu haben beſorgte, durch Aufſezung eines blei[ernen] Hutes hergeſtellet. Es wäre ein eben ſo gutes Mittel dagegen, wenn man ihm einen Aufſaz zeigen [würde], von dem er mit Augen ſähe, daß er in die Litteraturkunde eingerükt20 worden .... Ich brauche in der Rükſicht nur eine Präſervativkur .... Würd[igen] Sie dieſen Aufſaz einer Einrükkung, der gewiſſen Köpfen, deren Exiſtenz nicht bleierne ſondern goldne Kronen beweiſen, zu frei mitgeſpielt [?] .... Ich habe [noch mehr Aufſäze] in der Anzieh- ſtube liegen: dürfen ſie über die Kuliſſe? Die Stimme des Publikums25 mus die elende Ripienſtimme völlig unhörbar machen, die an den Deutſchen nichts mehr ſchäzt als ihre Ähnlichkeit mit den Engländern und die nichts lieber werden möchte als der Lobredner des engliſchen Lobredners. Wenigſtens bin ich ꝛc.
203. An Trogenprediger Müller.30
[Kopie][Töpen, 17. Nov. 1787]
Ich kan nicht wie iener Maler eine Fliege auf Ihr Gemälde zeichnen, die mir Ehre erwürbe: alles, was ich darauf zu ſezen vermag, ſind einige Auswürfe derſelben. …
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Ich habe heute ſo viel geſungen, gefaſtet ꝛc., daß ich beſorge es iſt
in dieſem Briefe gar kein Menſchenverſtand.
201. An Chriſtian Otto.
[Töpen, 19. Okt. 1787] 5
... halte meine Bitte für mein Siegel — nim dein Petſchaft und
auch deinen Siegellak, wodurch ich wider meine Erwartung was
erſpare — Was macht der Dr [?] Kümmel? Ich ſage du zu ihm. Ihr
hättet ihm gar keinen ſolchen botaniſchen Namen geben ſollen, aus
dem der Satan mit allem ſeinem Wize keine Ähnlichkeit [holt,] wenn 10
ich den Reim ausnehme. Ich wolte ich hätte der Vergleichung wegen
einen botaniſchen Traktat über dieſes gewöhnliche Gewächs ſowie er
[?] ſelbſt blos des Wizes wegen die mitlere Region der Anatomie
ſtudirt und mit einer scientia media heimgekommen.
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202. An Archenholz. 15
[Töpen, 19. Okt. 1787]
Haller erzählt, daß man einen, der keinen Kopf zu haben beſorgte,
durch Aufſezung eines blei[ernen] Hutes hergeſtellet. Es wäre ein eben
ſo gutes Mittel dagegen, wenn man ihm einen Aufſaz zeigen [würde],
von dem er mit Augen ſähe, daß er in die Litteraturkunde eingerükt 20
worden .... Ich brauche in der Rükſicht nur eine Präſervativkur ....
Würd[igen] Sie dieſen Aufſaz einer Einrükkung, der gewiſſen Köpfen,
deren Exiſtenz nicht bleierne ſondern goldne Kronen beweiſen, zu
frei mitgeſpielt [?] .... Ich habe [noch mehr Aufſäze] in der Anzieh-
ſtube liegen: dürfen ſie über die Kuliſſe? Die Stimme des Publikums 25
mus die elende Ripienſtimme völlig unhörbar machen, die an den
Deutſchen nichts mehr ſchäzt als ihre Ähnlichkeit mit den Engländern
und die nichts lieber werden möchte als der Lobredner des engliſchen
Lobredners. Wenigſtens bin ich ꝛc.
203. An Trogenprediger Müller. 30
[Töpen, 17. Nov. 1787]
Ich kan nicht wie iener Maler eine Fliege auf Ihr Gemälde zeichnen,
die mir Ehre erwürbe: alles, was ich darauf zu ſezen vermag, ſind
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/256>, abgerufen am 25.07.2024.
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