[225]dieses Hausmittel unsers spashaften Lebens, dieses angenehme Marg- grafenpulver für die grösten Kinder, die es gar als ein Abführungs- mittel betrachten. / Wider Vermuthen hat mich der Teufel mitten unter die Metaphern geiagt.
[30. Juni]5
Ausser den Metaphern rükten mich auch äussere Unterbrechungen bis heute (am Freitage) von dem Saze des Henke weg, daß die Samen- feuchtigkeit der rechten Hode einen Knaben, und die der linken ein Mädgen gebe. Schwerlich wirst du soviele Hunde und Pferde zu sehen bekommen als Henke zur Prüfung seiner Hypothese abwechselnd um10 ihre Hoden brachte. Das Schlimste bei der ganzen Sache ist, daß sie deinem Glauben an den mänlichen Werth der weiblichen Seelen vielen Schaden thut; und es kan auch wahrhaftig unmöglich anders aus- fallen. Denn seze dich selber hin und erwäge es, ob man iezt seit der Henkischen Entdekkung noch mit einigem Grunde auf eine Aus-15 führung der Damen aus ihrer iezigen babylonischpolitischen Gefangen- schaft wol passen darf, der sie allein unser scheinbares Uebergewicht an Fähigkeiten schuldzugeben haben und in der sie an ein besonderes Avancement gar nicht denken dürfen? Aber vor dem Henke konte man doch auf iene Ausführung noch füglich passen, stat daß wir iezt un-20 beschreiblich darauf aus sein werden, von Zeit zu Zeit soviele Knaben in die Welt zu liefern, als wir zur Fortsezung unserer uneingeschränkten Universalmonarchie für nöthig erachten. Wahrhaftig ich sehe sie schon an als ob sie aus Christensklaven Negersklaven geworden wären. In dem Kapitel von der Polygamie, in euerem Lehnrechte, im algemeinen25 Staatsrecht und in den Kameralwissenschaften wird -- der Henke hat euch dies alles eingebrokt -- alles darunter und drüber gehen; der König in Preussen wird vor seinem Ende noch von den stehenden Truppen und auch von den Provinzen stat der Spazenköpfe und Zins- und Deputatthiere im Ernste Knaben haben wollen und die Erzeugung30 der Mädgen nur für den Dispensazionsfal aufheben; die Sache wird zusehends schlimmer; die Theologen mengen sich darein, hinter denen in einer geringen Entfernung die Mädgenschulmeister ziehen, die ganz [226]zu verhungern drohen; an die Frauenklöster und -sättel wil ich dich gar nicht erinnern; kurz die ganze Welt hört gar ihr eigen Wort nicht35 mehr, so gehts zu.
[225]dieſes Hausmittel unſers ſpashaften Lebens, dieſes angenehme Marg- grafenpulver für die gröſten Kinder, die es gar als ein Abführungs- mittel betrachten. / Wider Vermuthen hat mich der Teufel mitten unter die Metaphern geiagt.
[30. Juni]5
Auſſer den Metaphern rükten mich auch äuſſere Unterbrechungen bis heute (am Freitage) von dem Saze des Henke weg, daß die Samen- feuchtigkeit der rechten Hode einen Knaben, und die der linken ein Mädgen gebe. Schwerlich wirſt du ſoviele Hunde und Pferde zu ſehen bekommen als Henke zur Prüfung ſeiner Hypotheſe abwechſelnd um10 ihre Hoden brachte. Das Schlimſte bei der ganzen Sache iſt, daß ſie deinem Glauben an den mänlichen Werth der weiblichen Seelen vielen Schaden thut; und es kan auch wahrhaftig unmöglich anders aus- fallen. Denn ſeze dich ſelber hin und erwäge es, ob man iezt ſeit der Henkiſchen Entdekkung noch mit einigem Grunde auf eine Aus-15 führung der Damen aus ihrer iezigen babyloniſchpolitiſchen Gefangen- ſchaft wol paſſen darf, der ſie allein unſer ſcheinbares Uebergewicht an Fähigkeiten ſchuldzugeben haben und in der ſie an ein beſonderes Avancement gar nicht denken dürfen? Aber vor dem Henke konte man doch auf iene Ausführung noch füglich paſſen, ſtat daß wir iezt un-20 beſchreiblich darauf aus ſein werden, von Zeit zu Zeit ſoviele Knaben in die Welt zu liefern, als wir zur Fortſezung unſerer uneingeſchränkten Univerſalmonarchie für nöthig erachten. Wahrhaftig ich ſehe ſie ſchon an als ob ſie aus Chriſtenſklaven Negerſklaven geworden wären. In dem Kapitel von der Polygamie, in euerem Lehnrechte, im algemeinen25 Staatsrecht und in den Kameralwiſſenſchaften wird — der Henke hat euch dies alles eingebrokt — alles darunter und drüber gehen; der König in Preuſſen wird vor ſeinem Ende noch von den ſtehenden Truppen und auch von den Provinzen ſtat der Spazenköpfe und Zins- und Deputatthiere im Ernſte Knaben haben wollen und die Erzeugung30 der Mädgen nur für den Diſpenſazionsfal aufheben; die Sache wird zuſehends ſchlimmer; die Theologen mengen ſich darein, hinter denen in einer geringen Entfernung die Mädgenſchulmeiſter ziehen, die ganz [226]zu verhungern drohen; an die Frauenklöſter und -ſättel wil ich dich gar nicht erinnern; kurz die ganze Welt hört gar ihr eigen Wort nicht35 mehr, ſo gehts zu.
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dieſes Hausmittel unſers ſpashaften Lebens, dieſes angenehme Marg-
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unter die Metaphern geiagt.
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Auſſer den Metaphern rükten mich auch äuſſere Unterbrechungen
bis heute (am Freitage) von dem Saze des Henke weg, daß die Samen-
feuchtigkeit der rechten Hode einen Knaben, und die der linken ein
Mädgen gebe. Schwerlich wirſt du ſoviele Hunde und Pferde zu ſehen
bekommen als Henke zur Prüfung ſeiner Hypotheſe abwechſelnd um 10
ihre Hoden brachte. Das Schlimſte bei der ganzen Sache iſt, daß ſie
deinem Glauben an den mänlichen Werth der weiblichen Seelen vielen
Schaden thut; und es kan auch wahrhaftig unmöglich anders aus-
fallen. Denn ſeze dich ſelber hin und erwäge es, ob man iezt ſeit der
Henkiſchen Entdekkung noch mit einigem Grunde auf eine Aus- 15
führung der Damen aus ihrer iezigen babyloniſchpolitiſchen Gefangen-
ſchaft wol paſſen darf, der ſie allein unſer ſcheinbares Uebergewicht an
Fähigkeiten ſchuldzugeben haben und in der ſie an ein beſonderes
Avancement gar nicht denken dürfen? Aber vor dem Henke konte man
doch auf iene Ausführung noch füglich paſſen, ſtat daß wir iezt un- 20
beſchreiblich darauf aus ſein werden, von Zeit zu Zeit ſoviele Knaben
in die Welt zu liefern, als wir zur Fortſezung unſerer uneingeſchränkten
Univerſalmonarchie für nöthig erachten. Wahrhaftig ich ſehe ſie ſchon
an als ob ſie aus Chriſtenſklaven Negerſklaven geworden wären. In
dem Kapitel von der Polygamie, in euerem Lehnrechte, im algemeinen 25
Staatsrecht und in den Kameralwiſſenſchaften wird — der Henke hat
euch dies alles eingebrokt — alles darunter und drüber gehen; der
König in Preuſſen wird vor ſeinem Ende noch von den ſtehenden
Truppen und auch von den Provinzen ſtat der Spazenköpfe und Zins-
und Deputatthiere im Ernſte Knaben haben wollen und die Erzeugung 30
der Mädgen nur für den Diſpenſazionsfal aufheben; die Sache wird
zuſehends ſchlimmer; die Theologen mengen ſich darein, hinter denen
in einer geringen Entfernung die Mädgenſchulmeiſter ziehen, die ganz
zu verhungern drohen; an die Frauenklöſter und -ſättel wil ich dich
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/239>, abgerufen am 23.11.2024.
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