Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.könte und wäre nicht so frey, ich bitte Ew. Gnaden nämlich unterthänig 147. An Oerthel in Töpen. Hof den 6 Jenner [vielmehr Febr.] 86.Lieber Oerthel! Bist du es aber noch? Denn du schweigest einmal wieder und über- Richter Verte subito.25 Um den St. Moses Mendelssohn möcht' ich dich bitten, Fürchte nicht daß mein Bruder den Brief gelesen; er denkt, er ist könte und wäre nicht ſo frey, ich bitte Ew. Gnaden nämlich unterthänig 147. An Oerthel in Töpen. Hof den 6 Jenner [vielmehr Febr.] 86.Lieber Oerthel! Biſt du es aber noch? Denn du ſchweigeſt einmal wieder und über- Richter Verte subito.25 Um den St. Moſes Mendelsſohn möcht’ ich dich bitten, Fürchte nicht daß mein Bruder den Brief geleſen; er denkt, er iſt <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="196"/> könte und wäre nicht ſo frey, ich bitte Ew. Gnaden nämlich unterthänig<lb/> nur auf ein Monath um 15 fl., aber ich hoffe, daß Dieſelben einer<lb/> Wittwe dieſe Bitte nicht abſchlagen werden, die in einer ſo groſſen<lb/> Noth iſt, beſonders da mein Gnadengehalt von Bayreuth immer<lb/> länger ausbleibt und ich mich darauf verlaſſen, ich verharre ſtets<lb n="5"/> </p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>147. An <hi rendition="#g">Oerthel in Töpen.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">Hof den 6 Jenner <metamark>[</metamark>vielmehr Febr.<metamark>]</metamark> 86.</hi> </dateline><lb/> <opener> <salute> <hi rendition="#et">Lieber Oerthel!</hi> </salute> </opener><lb/> <p>Biſt du es aber noch? Denn du ſchweigeſt einmal wieder und über-<lb/> läſſeſt, in deine geiſtigen Wollüſte vertieft, deinen Körper einer zögern-<lb n="10"/> den Trägheit: daher läſſet es ſich gut erklären, warum du gar nicht im<lb/> Stande biſt, deine Hände ſo lange in Bewegung zu erhalten, daß der<lb/> 1. Theil der Skizen wirklich eingepakt und mir überſendet wird. Ich<lb/> brauchte ihn ſo nöthig für iemand, daß ich längſt meine Bitte um ihn<lb/> wiederholet hätte, wenn ich nicht einige Tage verreiſet geweſen wäre.<lb n="15"/> Ich kritiſire dich, damit du mich kriti<metamark>[</metamark>ſi<metamark>]</metamark>reſt; und ich hoffe wenigſtens<lb/> ein Stük deiner Arbeiten an meinen, bald zu erblikken. — Wie viele<lb/> Gewalt erhält von Tag zu Tag der Geiz über den „Gegenſtand des<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd#_207">[207]</ref></note>ſchwarzen Buches“! Sonſt ſchlos er blos ſeine Schäze vor denen, die<lb/> ſie begehrten, ein; iezt geht er noch weiter und wil ſogar den beſten<lb n="20"/> Kopf, den er hat, der aber nicht von Gold iſt wie die in ſeinen Käſten,<lb/> für ſich allein behalten und veranſtaltet es daher, daß du wirklich<lb/> 20 Meilen von mir entfernet wohneſt. Lebe wol.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute> </closer><lb/> <postscript> <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Verte subito.</hi> </hi> <lb n="25"/> </p> <note type="editorial"> <hi rendition="#aq"><metamark>[</metamark><hi rendition="#i">Rückseite</hi>:<metamark>]</metamark></hi> </note> <p>Um den St. Moſes Mendelsſohn möcht’ ich dich bitten,<lb/> oder um Platner, wenn er gebunden iſt. Du haſt doch neulich deine<lb/> 2 Bücher, den Feder und Kant, bekommen? Übrigens fürcht’ ich, daß<lb/> wir in den Zufal, der bisher unſere Briefe ungeöfnet an uns beide<lb/> gelangen laſſen, nicht mehr ſo viel Vertrauen ſezen dürfen. Lebe noch<lb n="30"/> einmal wol; das erſtemal meint’ ich die Seele und ſchreib mir einen<lb/> Brief, der offenbar zu lang iſt.</p><lb/> <p>Fürchte nicht daß mein Bruder den Brief geleſen; er denkt, er iſt<lb/> griechiſch; und er iſt es auch.</p> </postscript> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [196/0221]
könte und wäre nicht ſo frey, ich bitte Ew. Gnaden nämlich unterthänig
nur auf ein Monath um 15 fl., aber ich hoffe, daß Dieſelben einer
Wittwe dieſe Bitte nicht abſchlagen werden, die in einer ſo groſſen
Noth iſt, beſonders da mein Gnadengehalt von Bayreuth immer
länger ausbleibt und ich mich darauf verlaſſen, ich verharre ſtets 5
147. An Oerthel in Töpen.
Hof den 6 Jenner [vielmehr Febr.] 86.
Lieber Oerthel!
Biſt du es aber noch? Denn du ſchweigeſt einmal wieder und über-
läſſeſt, in deine geiſtigen Wollüſte vertieft, deinen Körper einer zögern- 10
den Trägheit: daher läſſet es ſich gut erklären, warum du gar nicht im
Stande biſt, deine Hände ſo lange in Bewegung zu erhalten, daß der
1. Theil der Skizen wirklich eingepakt und mir überſendet wird. Ich
brauchte ihn ſo nöthig für iemand, daß ich längſt meine Bitte um ihn
wiederholet hätte, wenn ich nicht einige Tage verreiſet geweſen wäre. 15
Ich kritiſire dich, damit du mich kriti[ſi]reſt; und ich hoffe wenigſtens
ein Stük deiner Arbeiten an meinen, bald zu erblikken. — Wie viele
Gewalt erhält von Tag zu Tag der Geiz über den „Gegenſtand des
ſchwarzen Buches“! Sonſt ſchlos er blos ſeine Schäze vor denen, die
ſie begehrten, ein; iezt geht er noch weiter und wil ſogar den beſten 20
Kopf, den er hat, der aber nicht von Gold iſt wie die in ſeinen Käſten,
für ſich allein behalten und veranſtaltet es daher, daß du wirklich
20 Meilen von mir entfernet wohneſt. Lebe wol.
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Richter
Verte subito. 25
Um den St. Moſes Mendelsſohn möcht’ ich dich bitten,
oder um Platner, wenn er gebunden iſt. Du haſt doch neulich deine
2 Bücher, den Feder und Kant, bekommen? Übrigens fürcht’ ich, daß
wir in den Zufal, der bisher unſere Briefe ungeöfnet an uns beide
gelangen laſſen, nicht mehr ſo viel Vertrauen ſezen dürfen. Lebe noch 30
einmal wol; das erſtemal meint’ ich die Seele und ſchreib mir einen
Brief, der offenbar zu lang iſt.
Fürchte nicht daß mein Bruder den Brief geleſen; er denkt, er iſt
griechiſch; und er iſt es auch.
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(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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