Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr, Hochzuverehrender Herr Pfarrer,
Es hat nicht viel gefehlet, so wäre ich stat dieses Briefes selbst ge- kommen: denn ich bin nun schon wieder in Hof. Aber ich weis kaum,5 ob ich mit dem Bewustsein der Saumseligkeit, mit der ich Ihre Auf- träge ausrichte oder vielmehr nicht ausrichte, Ihnen unter die Augen treten darf und Ihr künftiger Brief wird mir erst der Erlaubnisschein zu einem Besuche sein. Der Erfolg, den meine Bemühungen um den Verkauf Ihrer Bücher hatten, ist nicht sehr geschikt, Sie von dem10 Eifer, womit ich ihn betrieben, zu überzeugen. Denn ich konte bei keinem Antiquar die grössere Samlung anbringen: nicht blos an den Preis stiessen sich die meisten: sondern überhaupt die Leichtigkeit, mit der sie durch immerwährende Aukzionen zu allen Büchern kommen können, macht sie gegen diese Anerbiethungen gleichgültiger. Einzelne15 Bücher freilich z. B. den Pokok, eine gewisses Museum, etc. würden sie gern nehmen; aber das werden Sie nicht wollen. Die A. Deutsche Bibliothek und den Häberlin wil Ihnen H. v. Örthel abkaufen, wenn er zu Ostern nach Hause komt. Aber ich habe noch das Schlimste zu entschuldigen, oder vielmehr nur zu beichten. Den Katalogus Ihrer20 Bücher hab' ich iezt nicht mitbringen können, weil -- ich wil es nur gerade herausgestehen -- weil er nicht in Leipzig ist. Ein Dresdner Antiquar, der die Messen besucht, hat ihn mir mit fortgenommen. Wenn Sie ihn nicht abgeschrieben haben und nicht folglich seine Stelle, bis wir ihn wieder erhalten, durch einen andern vertreten lassen25 können: so hab' ich warlich nicht den Muth, zu Ihnen zu kommen. Ich wünschte fast, Sie verstelten, um mich zu beruhigen, sich ein wenig in Ihrer Antwort auf dieses; wenn Sie können, so treiben Sie die Ver- stellung so weit, daß Sie mir das Lob ertheilen, daß ich mich iederzeit als Ihren gehorsamsten Diener -- unterschrieben; denn warlich als30 so einen bewiesen hab' ich mich noch niemals.
Wenn Sie einem, der weder Bücher Ihnen kauft, noch verkauft, doch noch welche zu lesen geben können: so würde ich Sie bitten um Klopstoks Gelehrtenrepublik -- um den 2ten oder 3ten Theil von Fueßlins Kezerhistorie -- um Bielefelds Statswissenschaft[138]35 oder um das neueste Register zur A. D. Bibliothek. -- Ich bin mit
9 Jean Paul Briefe. I.
81. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr, Hochzuverehrender Herr Pfarrer,
Es hat nicht viel gefehlet, ſo wäre ich ſtat dieſes Briefes ſelbſt ge- kommen: denn ich bin nun ſchon wieder in Hof. Aber ich weis kaum,5 ob ich mit dem Bewuſtſein der Saumſeligkeit, mit der ich Ihre Auf- träge ausrichte oder vielmehr nicht ausrichte, Ihnen unter die Augen treten darf und Ihr künftiger Brief wird mir erſt der Erlaubnisſchein zu einem Beſuche ſein. Der Erfolg, den meine Bemühungen um den Verkauf Ihrer Bücher hatten, iſt nicht ſehr geſchikt, Sie von dem10 Eifer, womit ich ihn betrieben, zu überzeugen. Denn ich konte bei keinem Antiquar die gröſſere Samlung anbringen: nicht blos an den Preis ſtieſſen ſich die meiſten: ſondern überhaupt die Leichtigkeit, mit der ſie durch immerwährende Aukzionen zu allen Büchern kommen können, macht ſie gegen dieſe Anerbiethungen gleichgültiger. Einzelne15 Bücher freilich z. B. den Pokok, eine gewiſſes Museum, ꝛc. würden ſie gern nehmen; aber das werden Sie nicht wollen. Die A. Deutſche Bibliothek und den Häberlin wil Ihnen H. v. Örthel abkaufen, wenn er zu Oſtern nach Hauſe komt. Aber ich habe noch das Schlimſte zu entſchuldigen, oder vielmehr nur zu beichten. Den Katalogus Ihrer20 Bücher hab’ ich iezt nicht mitbringen können, weil — ich wil es nur gerade herausgeſtehen — weil er nicht in Leipzig iſt. Ein Dresdner Antiquar, der die Meſſen beſucht, hat ihn mir mit fortgenommen. Wenn Sie ihn nicht abgeſchrieben haben und nicht folglich ſeine Stelle, bis wir ihn wieder erhalten, durch einen andern vertreten laſſen25 können: ſo hab’ ich warlich nicht den Muth, zu Ihnen zu kommen. Ich wünſchte faſt, Sie verſtelten, um mich zu beruhigen, ſich ein wenig in Ihrer Antwort auf dieſes; wenn Sie können, ſo treiben Sie die Ver- ſtellung ſo weit, daß Sie mir das Lob ertheilen, daß ich mich iederzeit als Ihren gehorſamſten Diener — unterſchrieben; denn warlich als30 ſo einen bewieſen hab’ ich mich noch niemals.
Wenn Sie einem, der weder Bücher Ihnen kauft, noch verkauft, doch noch welche zu leſen geben können: ſo würde ich Sie bitten um Klopſtoks Gelehrtenrepublik — um den 2ten oder 3ten Theil von Fueßlins Kezerhiſtorie — um Bielefelds Statswiſſenſchaft[138]35 oder um das neueſte Regiſter zur A. D. Bibliothek. — Ich bin mit
9 Jean Paul Briefe. I.
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81. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr,
Hochzuverehrender Herr Pfarrer,
Es hat nicht viel gefehlet, ſo wäre ich ſtat dieſes Briefes ſelbſt ge-
kommen: denn ich bin nun ſchon wieder in Hof. Aber ich weis kaum, 5
ob ich mit dem Bewuſtſein der Saumſeligkeit, mit der ich Ihre Auf-
träge ausrichte oder vielmehr nicht ausrichte, Ihnen unter die Augen
treten darf und Ihr künftiger Brief wird mir erſt der Erlaubnisſchein
zu einem Beſuche ſein. Der Erfolg, den meine Bemühungen um den
Verkauf Ihrer Bücher hatten, iſt nicht ſehr geſchikt, Sie von dem 10
Eifer, womit ich ihn betrieben, zu überzeugen. Denn ich konte bei
keinem Antiquar die gröſſere Samlung anbringen: nicht blos an den
Preis ſtieſſen ſich die meiſten: ſondern überhaupt die Leichtigkeit, mit
der ſie durch immerwährende Aukzionen zu allen Büchern kommen
können, macht ſie gegen dieſe Anerbiethungen gleichgültiger. Einzelne 15
Bücher freilich z. B. den Pokok, eine gewiſſes Museum, ꝛc. würden ſie
gern nehmen; aber das werden Sie nicht wollen. Die A. Deutſche
Bibliothek und den Häberlin wil Ihnen H. v. Örthel abkaufen,
wenn er zu Oſtern nach Hauſe komt. Aber ich habe noch das Schlimſte
zu entſchuldigen, oder vielmehr nur zu beichten. Den Katalogus Ihrer 20
Bücher hab’ ich iezt nicht mitbringen können, weil — ich wil es nur
gerade herausgeſtehen — weil er nicht in Leipzig iſt. Ein Dresdner
Antiquar, der die Meſſen beſucht, hat ihn mir mit fortgenommen.
Wenn Sie ihn nicht abgeſchrieben haben und nicht folglich ſeine Stelle,
bis wir ihn wieder erhalten, durch einen andern vertreten laſſen 25
können: ſo hab’ ich warlich nicht den Muth, zu Ihnen zu kommen. Ich
wünſchte faſt, Sie verſtelten, um mich zu beruhigen, ſich ein wenig in
Ihrer Antwort auf dieſes; wenn Sie können, ſo treiben Sie die Ver-
ſtellung ſo weit, daß Sie mir das Lob ertheilen, daß ich mich iederzeit
als Ihren gehorſamſten Diener — unterſchrieben; denn warlich als 30
ſo einen bewieſen hab’ ich mich noch niemals.
Wenn Sie einem, der weder Bücher Ihnen kauft, noch verkauft,
doch noch welche zu leſen geben können: ſo würde ich Sie bitten um
Klopſtoks Gelehrtenrepublik — um den 2ten oder 3ten Theil
von Fueßlins Kezerhiſtorie — um Bielefelds Statswiſſenſchaft 35
oder um das neueſte Regiſter zur A. D. Bibliothek. — Ich bin mit
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9 Jean Paul Briefe. I.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/153>, abgerufen am 18.12.2024.
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