leger zu verschaffen. Nun seh' ich voraus, daß ich mit ihrem blossen Inhalte, der fast gröstentheils ironisch ist, keinen Buchhändler zu ihrem Verlage werde bereden können. Die meisten von ihnen kennen[135] keine andre Satire als die, welche nicht blos für das Auge sondern auch für das Ohr lacht und ihre Zwergfelle lassen sich nur vom Style5 eines Marots in Bewegung bringen. Mithin mus man ihren Augen mit fremden, welche die Stelle einer Brille vertreten und durch die sie besser sehen lernen, zu Hülfe kommen. Was ist iezt leichter zu errathen als meine Bitte, daß Sie meinen Satiren durch Ihr Urtheil bei irgend einem Buchhändler Zugang zu verschaffen die Güte haben10 möchten. Möchten Sie nicht in Ihrer Antwort den Stab über eine Hofnung brechen, an die allein ich mich noch in einer Lage andrükke, die mich von allen meinen andern Hofnungen weggerissen! Doch die Satiren müssen Ihrer Vorsprache auch erst nicht ganz unwerth sein; und daher erwarte ich Ihre Entscheidung, ob ich deren einige Ihnen15 zur Probe schikken darf. Übrigens hoff' ich, daß Sie mir meine Bitte wenigstens verzeihen werden, wenn Sie auch sie nicht erfüllen können. Auch werden Sie mir vielleicht die abschlägige Antwort noch vor dem Ende der Messe ertheilen, damit ich nicht, in Rechnung auf eine günstige, die Gelegenheit versäume, mit den iezt anwesenden Buchhändlern zu20 unterhandeln. Ich mache meinen unbescheidnen Bitten ein Ende etc.
80. An A. G. Meißner in Dresden.
[Kopie][Leipzig, 19. Okt. 1784]
Ich sage Ihnen wahren Dank für Ihre gütige und aufrichtige Antwort auf meine unbescheidnen Bitten, an deren Gewähr ich schon25 eh' ich sie that zu zweifeln Ursache hatte. Denn ich wuste schon vorher, daß Breitkopf sich mit belletristischen Verlagsartikeln nicht bemenget; und eben so bekant war mir das Hindernis, das meinen Satiren des H. Dyk übertrieben französischer Geschmak sein mus; ein Geschmak, den er zum Glük so lange vergeblich predigen wird als er den Beitrit30 unsrer besten Köpfe entbehren mus, welche dem deutschern Geschmakke das Übergewicht geben und dessen Kredit seine eignen Muster beinahe eben so sehr als Ihre entgegengesezten zu schwächen scheinen. Dieses wuste ich und ich that doch meine Bitte. Allein so ist der Mensch -- um nur einige Augenblikke die schwarze Seite des Glükkes nicht im35 Gesichte haben zu dürfen, flüchtet er sich hinter die Hofnung, heftet das[136]
leger zu verſchaffen. Nun ſeh’ ich voraus, daß ich mit ihrem bloſſen Inhalte, der faſt gröſtentheils ironiſch iſt, keinen Buchhändler zu ihrem Verlage werde bereden können. Die meiſten von ihnen kennen[135] keine andre Satire als die, welche nicht blos für das Auge ſondern auch für das Ohr lacht und ihre Zwergfelle laſſen ſich nur vom Style5 eines Marots in Bewegung bringen. Mithin mus man ihren Augen mit fremden, welche die Stelle einer Brille vertreten und durch die ſie beſſer ſehen lernen, zu Hülfe kommen. Was iſt iezt leichter zu errathen als meine Bitte, daß Sie meinen Satiren durch Ihr Urtheil bei irgend einem Buchhändler Zugang zu verſchaffen die Güte haben10 möchten. Möchten Sie nicht in Ihrer Antwort den Stab über eine Hofnung brechen, an die allein ich mich noch in einer Lage andrükke, die mich von allen meinen andern Hofnungen weggeriſſen! Doch die Satiren müſſen Ihrer Vorſprache auch erſt nicht ganz unwerth ſein; und daher erwarte ich Ihre Entſcheidung, ob ich deren einige Ihnen15 zur Probe ſchikken darf. Übrigens hoff’ ich, daß Sie mir meine Bitte wenigſtens verzeihen werden, wenn Sie auch ſie nicht erfüllen können. Auch werden Sie mir vielleicht die abſchlägige Antwort noch vor dem Ende der Meſſe ertheilen, damit ich nicht, in Rechnung auf eine günſtige, die Gelegenheit verſäume, mit den iezt anweſenden Buchhändlern zu20 unterhandeln. Ich mache meinen unbeſcheidnen Bitten ein Ende ꝛc.
80. An A. G. Meißner in Dresden.
[Kopie][Leipzig, 19. Okt. 1784]
Ich ſage Ihnen wahren Dank für Ihre gütige und aufrichtige Antwort auf meine unbeſcheidnen Bitten, an deren Gewähr ich ſchon25 eh’ ich ſie that zu zweifeln Urſache hatte. Denn ich wuſte ſchon vorher, daß Breitkopf ſich mit belletriſtiſchen Verlagsartikeln nicht bemenget; und eben ſo bekant war mir das Hindernis, das meinen Satiren des H. Dyk übertrieben franzöſiſcher Geſchmak ſein mus; ein Geſchmak, den er zum Glük ſo lange vergeblich predigen wird als er den Beitrit30 unſrer beſten Köpfe entbehren mus, welche dem deutſchern Geſchmakke das Übergewicht geben und deſſen Kredit ſeine eignen Muſter beinahe eben ſo ſehr als Ihre entgegengeſezten zu ſchwächen ſcheinen. Dieſes wuſte ich und ich that doch meine Bitte. Allein ſo iſt der Menſch — um nur einige Augenblikke die ſchwarze Seite des Glükkes nicht im35 Geſichte haben zu dürfen, flüchtet er ſich hinter die Hofnung, heftet das[136]
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eines Marots in Bewegung bringen. Mithin mus man ihren Augen
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beſſer ſehen lernen, zu Hülfe kommen. Was iſt iezt leichter zu errathen
als meine Bitte, daß Sie meinen Satiren durch Ihr Urtheil bei
irgend einem Buchhändler Zugang zu verſchaffen die Güte haben 10
möchten. Möchten Sie nicht in Ihrer Antwort den Stab über eine
Hofnung brechen, an die allein ich mich noch in einer Lage andrükke,
die mich von allen meinen andern Hofnungen weggeriſſen! Doch die
Satiren müſſen Ihrer Vorſprache auch erſt nicht ganz unwerth ſein;
und daher erwarte ich Ihre Entſcheidung, ob ich deren einige Ihnen 15
zur Probe ſchikken darf. Übrigens hoff’ ich, daß Sie mir meine Bitte
wenigſtens verzeihen werden, wenn Sie auch ſie nicht erfüllen können.
Auch werden Sie mir vielleicht die abſchlägige Antwort noch vor dem
Ende der Meſſe ertheilen, damit ich nicht, in Rechnung auf eine günſtige,
die Gelegenheit verſäume, mit den iezt anweſenden Buchhändlern zu 20
unterhandeln. Ich mache meinen unbeſcheidnen Bitten ein Ende ꝛc.
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80. An A. G. Meißner in Dresden.
[Leipzig, 19. Okt. 1784]
Ich ſage Ihnen wahren Dank für Ihre gütige und aufrichtige
Antwort auf meine unbeſcheidnen Bitten, an deren Gewähr ich ſchon 25
eh’ ich ſie that zu zweifeln Urſache hatte. Denn ich wuſte ſchon vorher,
daß Breitkopf ſich mit belletriſtiſchen Verlagsartikeln nicht bemenget;
und eben ſo bekant war mir das Hindernis, das meinen Satiren des
H. Dyk übertrieben franzöſiſcher Geſchmak ſein mus; ein Geſchmak,
den er zum Glük ſo lange vergeblich predigen wird als er den Beitrit 30
unſrer beſten Köpfe entbehren mus, welche dem deutſchern Geſchmakke
das Übergewicht geben und deſſen Kredit ſeine eignen Muſter beinahe
eben ſo ſehr als Ihre entgegengeſezten zu ſchwächen ſcheinen. Dieſes
wuſte ich und ich that doch meine Bitte. Allein ſo iſt der Menſch — um
nur einige Augenblikke die ſchwarze Seite des Glükkes nicht im 35
Geſichte haben zu dürfen, flüchtet er ſich hinter die Hofnung, heftet das
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/151>, abgerufen am 22.11.2024.
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