mit der die Narrenschellen nur hie und da auf theologische Perükken verstreuet sind, gar zu ser erschweret würde. Indessen könten Sie durch eine für mich veranstaltete Samlung derselben, wüchse sie auch noch so langsam an, doch den grösten Gefallen tun
Ihrem Freund und g. Diener5 Richter
69. An Christian Felix Weiße in Leipzig.
[Kopie][Leipzig, 30. März 1784]
Nur eine leicht zu errathende Lage konte mich unhöflich [genug] zu sein zwingen, Sie zum dritten, wiewol gewis zum leztenmale mit10 neuen Bitten zu belästigen. -- Die Kürze und die minder ernsthafte Ironie, die (wie Sie mir die Güte hatten zu sagen) manche Leser auf meine Kosten an den vorigen satirischen Abhandlungen vermissen werden, hab' ich den hier beigefügten Anhängen zu geben gesucht, um mit ihnen die längern Satiren abwechseln zu lassen. Vielleicht sind die15 hier folgenden Probe[n] hinreichend, das Zweifelhafte Ihrer Ent- sch[eidung] über H. Reichs Anname meines Buchs, in die Bestätigung entweder meiner Furcht oder Hofnung aufzulösen. Die Bitte um diese Bestätigung dringen mir Ursachen ab, die Sie schon längst werden er- raten, mit denen Sie aber auch meine Zudringlichkeit werden ent-20 schuldigt haben. Ihre Menschenfreundlichkeit ist gewis nicht zum erstenmale die Zuflucht eines Menschen, der des Widerspruchs seiner Bestimmung mit den Mitteln, sie zu erreichen, müde geworden war.
70. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama!
25
Mein Brief wird kurz werden, weil Ihrer kurz ist und mir wenig zu beantworten giebt. Wegen des Ditleins kan ich Ihnen noch keine andre Antwort geben als nur noch eine kleine Zeit zu warten, wo ich ihm [!] ia gerne und mit Zins bezalen wil. -- Wenn Sie wegen der Lotterie mir doch nur folgten! Glauben Sie denn, wenn es nur darauf30 käme, hineinzusezen und zu gewinnen: so würde ia ieder so gleich reich werden können: denn er brauchte ia nur etwas Geld aufzuwenden.[126] Aber man wird durch Lotterien so selten reich, daß Tausende schon arm geworden. Die Lotterien sind schon so eingerichtet, daß man alzeit wenig
mit der die Narrenſchellen nur hie und da auf theologiſche Perükken verſtreuet ſind, gar zu ſer erſchweret würde. Indeſſen könten Sie durch eine für mich veranſtaltete Samlung derſelben, wüchſe ſie auch noch ſo langſam an, doch den gröſten Gefallen tun
Ihrem Freund und g. Diener5 Richter
69. An Chriſtian Felix Weiße in Leipzig.
[Kopie][Leipzig, 30. März 1784]
Nur eine leicht zu errathende Lage konte mich unhöflich [genug] zu ſein zwingen, Sie zum dritten, wiewol gewis zum leztenmale mit10 neuen Bitten zu beläſtigen. — Die Kürze und die minder ernſthafte Ironie, die (wie Sie mir die Güte hatten zu ſagen) manche Leſer auf meine Koſten an den vorigen ſatiriſchen Abhandlungen vermiſſen werden, hab’ ich den hier beigefügten Anhängen zu geben geſucht, um mit ihnen die längern Satiren abwechſeln zu laſſen. Vielleicht ſind die15 hier folgenden Probe[n] hinreichend, das Zweifelhafte Ihrer Ent- ſch[eidung] über H. Reichs Anname meines Buchs, in die Beſtätigung entweder meiner Furcht oder Hofnung aufzulöſen. Die Bitte um dieſe Beſtätigung dringen mir Urſachen ab, die Sie ſchon längſt werden er- raten, mit denen Sie aber auch meine Zudringlichkeit werden ent-20 ſchuldigt haben. Ihre Menſchenfreundlichkeit iſt gewis nicht zum erſtenmale die Zuflucht eines Menſchen, der des Widerſpruchs ſeiner Beſtimmung mit den Mitteln, ſie zu erreichen, müde geworden war.
70. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama!
25
Mein Brief wird kurz werden, weil Ihrer kurz iſt und mir wenig zu beantworten giebt. Wegen des Ditleins kan ich Ihnen noch keine andre Antwort geben als nur noch eine kleine Zeit zu warten, wo ich ihm [!] ia gerne und mit Zins bezalen wil. — Wenn Sie wegen der Lotterie mir doch nur folgten! Glauben Sie denn, wenn es nur darauf30 käme, hineinzuſezen und zu gewinnen: ſo würde ia ieder ſo gleich reich werden können: denn er brauchte ia nur etwas Geld aufzuwenden.[126] Aber man wird durch Lotterien ſo ſelten reich, daß Tauſende ſchon arm geworden. Die Lotterien ſind ſchon ſo eingerichtet, daß man alzeit wenig
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noch ſo langſam an, doch den gröſten Gefallen tun
Ihrem Freund und g. Diener 5
Richter
69. An Chriſtian Felix Weiße in Leipzig.
[Leipzig, 30. März 1784]
Nur eine leicht zu errathende Lage konte mich unhöflich [genug]
zu ſein zwingen, Sie zum dritten, wiewol gewis zum leztenmale mit 10
neuen Bitten zu beläſtigen. — Die Kürze und die minder ernſthafte
Ironie, die (wie Sie mir die Güte hatten zu ſagen) manche Leſer auf
meine Koſten an den vorigen ſatiriſchen Abhandlungen vermiſſen
werden, hab’ ich den hier beigefügten Anhängen zu geben geſucht, um
mit ihnen die längern Satiren abwechſeln zu laſſen. Vielleicht ſind die 15
hier folgenden Probe[n] hinreichend, das Zweifelhafte Ihrer Ent-
ſch[eidung] über H. Reichs Anname meines Buchs, in die Beſtätigung
entweder meiner Furcht oder Hofnung aufzulöſen. Die Bitte um dieſe
Beſtätigung dringen mir Urſachen ab, die Sie ſchon längſt werden er-
raten, mit denen Sie aber auch meine Zudringlichkeit werden ent- 20
ſchuldigt haben. Ihre Menſchenfreundlichkeit iſt gewis nicht zum
erſtenmale die Zuflucht eines Menſchen, der des Widerſpruchs ſeiner
Beſtimmung mit den Mitteln, ſie zu erreichen, müde geworden war.
70. An Frau Richter in Hof.
Liebe Mama! 25
Mein Brief wird kurz werden, weil Ihrer kurz iſt und mir wenig zu
beantworten giebt. Wegen des Ditleins kan ich Ihnen noch keine
andre Antwort geben als nur noch eine kleine Zeit zu warten, wo ich
ihm [!] ia gerne und mit Zins bezalen wil. — Wenn Sie wegen der
Lotterie mir doch nur folgten! Glauben Sie denn, wenn es nur darauf 30
käme, hineinzuſezen und zu gewinnen: ſo würde ia ieder ſo gleich reich
werden können: denn er brauchte ia nur etwas Geld aufzuwenden.
Aber man wird durch Lotterien ſo ſelten reich, daß Tauſende ſchon arm
geworden. Die Lotterien ſind ſchon ſo eingerichtet, daß man alzeit wenig
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/141>, abgerufen am 16.02.2025.
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