Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.Für alles das, was ich hiemit zurükschikke, sag' ich Ihnen meinen den 3. Teil von La Bruyere Fueßlins Kirchen- und Kezerhistorie -- oder den 3. Teil von10 Schrökhs Kirchengeschichte. Chrysal, oder die Begebenheiten einer Guinee. Seneka's Trauerspiele -- oder Ninon d'Enklos Briefe. Leben Sie wol und verzeihen Sie Feler, die man oft sich selbst nicht [Spaltenumbruch]
Hof den 28 Jun. 1783.[Spaltenumbruch] Ihrem gehors. Diener J. P. F. Richter [89]51. An Oerthel in Leipzig. [am Schluß Kopie][Hof, 22. Juni -- 19. Juli 1783]20Lieber Örthel! Es war einmal ein Nar, der wonte aber in einer Stad, worin Für alles das, was ich hiemit zurükſchikke, ſag’ ich Ihnen meinen den 3. Teil von La Bruyere Fueßlins Kirchen- und Kezerhiſtorie — oder den 3. Teil von10 Schrökhs Kirchengeſchichte. Chryſal, oder die Begebenheiten einer Guinee. Seneka’s Trauerſpiele — oder Ninon d’Enklos Briefe. Leben Sie wol und verzeihen Sie Feler, die man oft ſich ſelbſt nicht [Spaltenumbruch]
Hof den 28 Jun. 1783.[Spaltenumbruch] Ihrem gehorſ. Diener J. P. F. Richter [89]51. An Oerthel in Leipzig. [am Schluß Kopie][Hof, 22. Juni — 19. Juli 1783]20Lieber Örthel! Es war einmal ein Nar, der wonte aber in einer Stad, worin <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0105" n="82"/> <p>Für alles das, was ich hiemit zurükſchikke, ſag’ ich Ihnen meinen<lb/> Dank, der deſto gröſſer ſein mus, da Sie zu der Zeit gütig waren, wo<lb/> Sie unwillig waren, und Ihre Woltaten mir da nicht entzogen, wo<lb/> ich ſie wenig zu verdienen ſchien. Wenn Sie unter Einweihung die<lb/> Erweiterung der Kentniſſe, wie gewönlich, verſtehen: ſo hab’ ich aus<lb n="5"/> den zurükgeſchikten Exzerpten ſoviel gelernt, daß ich wert bin, aus den<lb/> übrigen auch noch etwas zu lernen. — Darf ich zu dieſem allem noch<lb/> meine gewönliche Bitte um Bücher hinzufügen? Nämlich um</p><lb/> <list> <item>den 3. Teil von La Bruyere</item><lb/> <item>Fueßlins Kirchen- und Kezerhiſtorie — oder den 3. Teil von<lb n="10"/> Schrökhs Kirchengeſchichte.</item><lb/> <item>Chryſal, oder die Begebenheiten einer Guinee.</item><lb/> <item>Seneka’s Trauerſpiele — oder Ninon d’Enklos Briefe.</item> </list><lb/> <p>Leben Sie wol und verzeihen Sie Feler, die man oft ſich ſelbſt nicht<lb/> verzeiht,<lb n="15"/> </p> <closer> <salute> <cb/> <date> <hi rendition="#left">Hof den 28 Jun.<lb/> 1783.</hi> </date> <cb/> <hi rendition="#right">Ihrem<lb/> gehorſ. Diener<lb/> J. P. F. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head><note place="left"><ref target="1922_Bd#_89">[89]</ref></note>51. An <hi rendition="#g">Oerthel in Leipzig.</hi></head><lb/> <note type="editorial"><metamark>[</metamark>am Schluß Kopie<metamark>]</metamark></note> <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 22. Juni — 19. Juli 1783<metamark>]</metamark></hi> </dateline> <lb n="20"/> <opener> <salute> <hi rendition="#et">Lieber Örthel!</hi> </salute> </opener><lb/> <p>Es war einmal ein Nar, der wonte aber in einer Stad, worin<lb/> nicht wie in andern Städten viele Narren, ſondern lauter Narren<lb/> wonten. Die Honoraziores daſelbſt trugen eine beſtimte Anzal Schellen<lb/> an ihren Müzen und auf dieſe Schellen war ein ſchöner Eſel geprägt.<lb n="25"/> Mein Nar muſte ſich lange Zeit begnügen, nur Rechenpfennige one<lb/> ſonderliches Gepräge an ſeiner Kappe zu tragen. Endlich war er ſo<lb/> glüklich, durch Unterſtüzung einiger Mäzenen ſich auch Schellen zu<lb/> kaufen, auf die er für ſein Patengeld einen Eſel nach dem Leben ſtechen<lb/> lies. „Wie werden die Leute gukken, wenn ſie mich ſehen!“ ſagte er, als<lb n="30"/> er die Müze zum erſtenmale vor dem Spiegel aufſezte. Er gieng darauf<lb/> den ganzen Tag mit dem neuen Schmuk ſpazieren und beſuchte alle ſeine<lb/> Freunde, auch ſogar einige Feinde; allein es gukte niemand und er<lb/> ärgerte ſich ſer. Hätte er doch nicht vergeſſen, daß die Narren eine<lb/> Narheit, die ſie ſelbſt haben, an andern weder bewundern noch tadeln,<lb n="35"/><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0105]
Für alles das, was ich hiemit zurükſchikke, ſag’ ich Ihnen meinen
Dank, der deſto gröſſer ſein mus, da Sie zu der Zeit gütig waren, wo
Sie unwillig waren, und Ihre Woltaten mir da nicht entzogen, wo
ich ſie wenig zu verdienen ſchien. Wenn Sie unter Einweihung die
Erweiterung der Kentniſſe, wie gewönlich, verſtehen: ſo hab’ ich aus 5
den zurükgeſchikten Exzerpten ſoviel gelernt, daß ich wert bin, aus den
übrigen auch noch etwas zu lernen. — Darf ich zu dieſem allem noch
meine gewönliche Bitte um Bücher hinzufügen? Nämlich um
den 3. Teil von La Bruyere
Fueßlins Kirchen- und Kezerhiſtorie — oder den 3. Teil von 10
Schrökhs Kirchengeſchichte.
Chryſal, oder die Begebenheiten einer Guinee.
Seneka’s Trauerſpiele — oder Ninon d’Enklos Briefe.
Leben Sie wol und verzeihen Sie Feler, die man oft ſich ſelbſt nicht
verzeiht, 15
Hof den 28 Jun.
1783.
Ihrem
gehorſ. Diener
J. P. F. Richter
51. An Oerthel in Leipzig.
[Hof, 22. Juni — 19. Juli 1783] 20
Lieber Örthel!
Es war einmal ein Nar, der wonte aber in einer Stad, worin
nicht wie in andern Städten viele Narren, ſondern lauter Narren
wonten. Die Honoraziores daſelbſt trugen eine beſtimte Anzal Schellen
an ihren Müzen und auf dieſe Schellen war ein ſchöner Eſel geprägt. 25
Mein Nar muſte ſich lange Zeit begnügen, nur Rechenpfennige one
ſonderliches Gepräge an ſeiner Kappe zu tragen. Endlich war er ſo
glüklich, durch Unterſtüzung einiger Mäzenen ſich auch Schellen zu
kaufen, auf die er für ſein Patengeld einen Eſel nach dem Leben ſtechen
lies. „Wie werden die Leute gukken, wenn ſie mich ſehen!“ ſagte er, als 30
er die Müze zum erſtenmale vor dem Spiegel aufſezte. Er gieng darauf
den ganzen Tag mit dem neuen Schmuk ſpazieren und beſuchte alle ſeine
Freunde, auch ſogar einige Feinde; allein es gukte niemand und er
ärgerte ſich ſer. Hätte er doch nicht vergeſſen, daß die Narren eine
Narheit, die ſie ſelbſt haben, an andern weder bewundern noch tadeln, 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |