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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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heit werth. Ein neues selbstgebautes Haus sieht
man ruhiger einäschern, als ein langbewohntes,
so die Halle der Freude, die geräuschlose Runde
des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬
brunst aufgeschreckt, muß man aus dem Schlummer
sich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; so
fließen noch lange Thränen auf der Brandstätte.
Jst man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬
gen und verzehrt es der Blitz, oder stürzt es der
Sturm in der Abwesenheit; so denkt man nicht
an die vorgespiegelten Freuden, die man darin
zu erleben hoffte; man sieht nur die Gefahr,
unter welcher man sich gebettet hätte, und neu¬
gestärkt baut man in seliger Hoffnung auf den
alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.

Freilich eine Waare, worauf so viele han¬
deln, ohne sie zu kaufen, verliegt; Zeug was
viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter.
Es mag noch so gut gefallen, es nimmt's doch
keiner; denn die Leute kleiden sich nicht für ei¬
gene Augen; selbst ihre Blicke in den Spiegel
sind Vorfragen beim Wahrsager: Wird die
Welt auch meinem Geschmack Gerechtigkeit wie¬
derfahren lassen?

heit werth. Ein neues ſelbſtgebautes Haus ſieht
man ruhiger einäſchern, als ein langbewohntes,
ſo die Halle der Freude, die geräuſchloſe Runde
des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬
brunſt aufgeſchreckt, muß man aus dem Schlummer
ſich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; ſo
fließen noch lange Thränen auf der Brandſtätte.
Jſt man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬
gen und verzehrt es der Blitz, oder ſtürzt es der
Sturm in der Abweſenheit; ſo denkt man nicht
an die vorgeſpiegelten Freuden, die man darin
zu erleben hoffte; man ſieht nur die Gefahr,
unter welcher man ſich gebettet hätte, und neu¬
geſtärkt baut man in ſeliger Hoffnung auf den
alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.

Freilich eine Waare, worauf ſo viele han¬
deln, ohne ſie zu kaufen, verliegt; Zeug was
viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter.
Es mag noch ſo gut gefallen, es nimmt’s doch
keiner; denn die Leute kleiden ſich nicht für ei¬
gene Augen; ſelbſt ihre Blicke in den Spiegel
ſind Vorfragen beim Wahrſager: Wird die
Welt auch meinem Geſchmack Gerechtigkeit wie¬
derfahren laſſen?

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[422/0452] 422 heit werth. Ein neues ſelbſtgebautes Haus ſieht man ruhiger einäſchern, als ein langbewohntes, ſo die Halle der Freude, die geräuſchloſe Runde des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬ brunſt aufgeſchreckt, muß man aus dem Schlummer ſich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; ſo fließen noch lange Thränen auf der Brandſtätte. Jſt man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬ gen und verzehrt es der Blitz, oder ſtürzt es der Sturm in der Abweſenheit; ſo denkt man nicht an die vorgeſpiegelten Freuden, die man darin zu erleben hoffte; man ſieht nur die Gefahr, unter welcher man ſich gebettet hätte, und neu¬ geſtärkt baut man in ſeliger Hoffnung auf den alten Trümmern eine neue Lebenswohnung. Freilich eine Waare, worauf ſo viele han¬ deln, ohne ſie zu kaufen, verliegt; Zeug was viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter. Es mag noch ſo gut gefallen, es nimmt’s doch keiner; denn die Leute kleiden ſich nicht für ei¬ gene Augen; ſelbſt ihre Blicke in den Spiegel ſind Vorfragen beim Wahrſager: Wird die Welt auch meinem Geſchmack Gerechtigkeit wie¬ derfahren laſſen?

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/452>, abgerufen am 23.11.2024.