heit werth. Ein neues selbstgebautes Haus sieht man ruhiger einäschern, als ein langbewohntes, so die Halle der Freude, die geräuschlose Runde des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬ brunst aufgeschreckt, muß man aus dem Schlummer sich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; so fließen noch lange Thränen auf der Brandstätte. Jst man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬ gen und verzehrt es der Blitz, oder stürzt es der Sturm in der Abwesenheit; so denkt man nicht an die vorgespiegelten Freuden, die man darin zu erleben hoffte; man sieht nur die Gefahr, unter welcher man sich gebettet hätte, und neu¬ gestärkt baut man in seliger Hoffnung auf den alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.
Freilich eine Waare, worauf so viele han¬ deln, ohne sie zu kaufen, verliegt; Zeug was viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter. Es mag noch so gut gefallen, es nimmt's doch keiner; denn die Leute kleiden sich nicht für ei¬ gene Augen; selbst ihre Blicke in den Spiegel sind Vorfragen beim Wahrsager: Wird die Welt auch meinem Geschmack Gerechtigkeit wie¬ derfahren lassen?
heit werth. Ein neues ſelbſtgebautes Haus ſieht man ruhiger einäſchern, als ein langbewohntes, ſo die Halle der Freude, die geräuſchloſe Runde des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬ brunſt aufgeſchreckt, muß man aus dem Schlummer ſich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; ſo fließen noch lange Thränen auf der Brandſtätte. Jſt man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬ gen und verzehrt es der Blitz, oder ſtürzt es der Sturm in der Abweſenheit; ſo denkt man nicht an die vorgeſpiegelten Freuden, die man darin zu erleben hoffte; man ſieht nur die Gefahr, unter welcher man ſich gebettet hätte, und neu¬ geſtärkt baut man in ſeliger Hoffnung auf den alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.
Freilich eine Waare, worauf ſo viele han¬ deln, ohne ſie zu kaufen, verliegt; Zeug was viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter. Es mag noch ſo gut gefallen, es nimmt’s doch keiner; denn die Leute kleiden ſich nicht für ei¬ gene Augen; ſelbſt ihre Blicke in den Spiegel ſind Vorfragen beim Wahrſager: Wird die Welt auch meinem Geſchmack Gerechtigkeit wie¬ derfahren laſſen?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0452"n="422"/><fwtype="pageNum"place="top">422<lb/></fw>heit werth. Ein neues ſelbſtgebautes Haus ſieht<lb/>
man ruhiger einäſchern, als ein langbewohntes,<lb/>ſo die Halle der Freude, die geräuſchloſe Runde<lb/>
des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬<lb/>
brunſt aufgeſchreckt, muß man aus dem Schlummer<lb/>ſich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; ſo<lb/>
fließen noch lange Thränen auf der Brandſtätte.<lb/>
Jſt man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬<lb/>
gen und verzehrt es der Blitz, oder ſtürzt es der<lb/>
Sturm in der Abweſenheit; ſo denkt man nicht<lb/>
an die vorgeſpiegelten Freuden, die man darin<lb/>
zu erleben hoffte; man ſieht nur die Gefahr,<lb/>
unter welcher man ſich gebettet hätte, und neu¬<lb/>
geſtärkt baut man in ſeliger Hoffnung auf den<lb/>
alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.</p><lb/><p>Freilich eine Waare, worauf ſo viele han¬<lb/>
deln, ohne ſie zu kaufen, verliegt; Zeug was<lb/>
viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter.<lb/>
Es mag noch ſo gut gefallen, es nimmt’s doch<lb/>
keiner; denn die Leute kleiden ſich nicht für ei¬<lb/>
gene Augen; ſelbſt ihre Blicke in den Spiegel<lb/>ſind Vorfragen beim Wahrſager: Wird die<lb/>
Welt auch meinem Geſchmack Gerechtigkeit wie¬<lb/>
derfahren laſſen?</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[422/0452]
422
heit werth. Ein neues ſelbſtgebautes Haus ſieht
man ruhiger einäſchern, als ein langbewohntes,
ſo die Halle der Freude, die geräuſchloſe Runde
des Glücks war. Wird man durch eine Feuers¬
brunſt aufgeſchreckt, muß man aus dem Schlummer
ſich aufraffen, um den Flammen zu entfliehn; ſo
fließen noch lange Thränen auf der Brandſtätte.
Jſt man aber in ein Haus noch nicht eingezo¬
gen und verzehrt es der Blitz, oder ſtürzt es der
Sturm in der Abweſenheit; ſo denkt man nicht
an die vorgeſpiegelten Freuden, die man darin
zu erleben hoffte; man ſieht nur die Gefahr,
unter welcher man ſich gebettet hätte, und neu¬
geſtärkt baut man in ſeliger Hoffnung auf den
alten Trümmern eine neue Lebenswohnung.
Freilich eine Waare, worauf ſo viele han¬
deln, ohne ſie zu kaufen, verliegt; Zeug was
viele mäkeln, wird am Ende ein Ladenhüter.
Es mag noch ſo gut gefallen, es nimmt’s doch
keiner; denn die Leute kleiden ſich nicht für ei¬
gene Augen; ſelbſt ihre Blicke in den Spiegel
ſind Vorfragen beim Wahrſager: Wird die
Welt auch meinem Geſchmack Gerechtigkeit wie¬
derfahren laſſen?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/452>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.