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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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werden. Unmäßigkeit, Verlassen der Natur,
Schamvergessenheit, Mangel an Herzensrein¬
heit, Verlust der Keuschheit durch unmenschliche
Neugier und thierische Geschmacklosigkeit --
sind die Todtengräber des häuslichen Glücks.

Mäßigkeit bleibt die Würze der Sin¬
nenfreuden, die Arznei des Genusses, die Seele
des Lebens. Jeder Mann tauscht die Mensch¬
heit mit der Viehheit, der Mannheit und Mann¬
lichkeit durch die Kraft der Zuchtthiere und Be¬
schäler zu beweisen wollüstelt. Er ist schon gei¬
stig und sittlich entmannt, und verdient solchen
Greuel auch leiblich unter dem Hämmlingsmes¬
ser zu büßen.

Natur bleibt immer neu, wird nimmer
alt. Dem Feinzüngler, dem die gesunde Haus¬
mannskost nicht mehr mundet, fehlen Hunger
und Arbeit. Trunkenbolde, Nimmersatte und
Schwelger werden nicht geboren, sie sind eige¬
nes Zerrwerk. Kunstwollüstler sind entmenschte
Ungeheuer, leider halten Staaten in den öffent¬
lichen Unzuchtshäusern ihnen Schulen.

Schamhafter, als die heutigen Zierlin¬
ginnen in erkünstelter Nacktheit, bleiben die Wil¬

werden. Unmäßigkeit, Verlaſſen der Natur,
Schamvergeſſenheit, Mangel an Herzensrein¬
heit, Verluſt der Keuſchheit durch unmenſchliche
Neugier und thieriſche Geſchmackloſigkeit —
ſind die Todtengräber des häuslichen Glücks.

Mäßigkeit bleibt die Würze der Sin¬
nenfreuden, die Arznei des Genuſſes, die Seele
des Lebens. Jeder Mann tauſcht die Menſch¬
heit mit der Viehheit, der Mannheit und Mann¬
lichkeit durch die Kraft der Zuchtthiere und Be¬
ſchäler zu beweiſen wollüſtelt. Er iſt ſchon gei¬
ſtig und ſittlich entmannt, und verdient ſolchen
Greuel auch leiblich unter dem Hämmlingsmeſ¬
ſer zu büßen.

Natur bleibt immer neu, wird nimmer
alt. Dem Feinzüngler, dem die geſunde Haus¬
mannskoſt nicht mehr mundet, fehlen Hunger
und Arbeit. Trunkenbolde, Nimmerſatte und
Schwelger werden nicht geboren, ſie ſind eige¬
nes Zerrwerk. Kunſtwollüſtler ſind entmenſchte
Ungeheuer, leider halten Staaten in den öffent¬
lichen Unzuchtshäuſern ihnen Schulen.

Schamhafter, als die heutigen Zierlin¬
ginnen in erkünſtelter Nacktheit, bleiben die Wil¬

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[413/0443] 413 werden. Unmäßigkeit, Verlaſſen der Natur, Schamvergeſſenheit, Mangel an Herzensrein¬ heit, Verluſt der Keuſchheit durch unmenſchliche Neugier und thieriſche Geſchmackloſigkeit — ſind die Todtengräber des häuslichen Glücks. Mäßigkeit bleibt die Würze der Sin¬ nenfreuden, die Arznei des Genuſſes, die Seele des Lebens. Jeder Mann tauſcht die Menſch¬ heit mit der Viehheit, der Mannheit und Mann¬ lichkeit durch die Kraft der Zuchtthiere und Be¬ ſchäler zu beweiſen wollüſtelt. Er iſt ſchon gei¬ ſtig und ſittlich entmannt, und verdient ſolchen Greuel auch leiblich unter dem Hämmlingsmeſ¬ ſer zu büßen. Natur bleibt immer neu, wird nimmer alt. Dem Feinzüngler, dem die geſunde Haus¬ mannskoſt nicht mehr mundet, fehlen Hunger und Arbeit. Trunkenbolde, Nimmerſatte und Schwelger werden nicht geboren, ſie ſind eige¬ nes Zerrwerk. Kunſtwollüſtler ſind entmenſchte Ungeheuer, leider halten Staaten in den öffent¬ lichen Unzuchtshäuſern ihnen Schulen. Schamhafter, als die heutigen Zierlin¬ ginnen in erkünſtelter Nacktheit, bleiben die Wil¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/443>, abgerufen am 22.11.2024.