Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

sittlichen Schnupfen, denn beim würklichen soll
Teufelsdreck lieblich wie Rosen duften.

Die Alllieblinge der Lesermenge haben im¬
mer Liebe zum Gegenstand, nebenbei streuen sie
der Freundschaft ein Vergißmeinnicht, und steu¬
ern einen Brocken Armengeld für Wahrheit und
Tugend. Es ist Teufelsvermessenheit mit besu¬
delter Feder Lebenskreise reiner Menschheit zu
zeichnen, es ist dumpfsinnige Verblendniß solchen
grobangelegten Behexungen Glauben zu stellen.
Diese Schriftler stümpern Ein schülermäßiges
Übungsstück über das andere, wagen Gottmensch¬
lichkeit zu beschreiben, so in selbstsüchtiger
Thierheit nur das eigene liebe Jch lieben. Da
predigen sie von Lebensweisheit, wie Bettler von
gutem Haushalt; von Menschenkenntniß, wie
Seelenverkäufer; von Menschenbeglückung, wie
Henker in der Marterkammer. Menschenkennt¬
niß besitzt nur der wahre Mensch, das eigene
Herz ist der Schlüssel zu dieser Geheimschrift.
Mit gewöhnlicher Menschenkunde, wie solche
der Spähmann kundschaftet, ein Aushorcher auf¬
greift, ein Klatschbruder in Regeln verfasset, und
der eitle Lebensmüdling hinterher ausplaudert,

ſittlichen Schnupfen, denn beim würklichen ſoll
Teufelsdreck lieblich wie Roſen duften.

Die Alllieblinge der Leſermenge haben im¬
mer Liebe zum Gegenſtand, nebenbei ſtreuen ſie
der Freundſchaft ein Vergißmeinnicht, und ſteu¬
ern einen Brocken Armengeld für Wahrheit und
Tugend. Es iſt Teufelsvermeſſenheit mit beſu¬
delter Feder Lebenskreiſe reiner Menſchheit zu
zeichnen, es iſt dumpfſinnige Verblendniß ſolchen
grobangelegten Behexungen Glauben zu ſtellen.
Dieſe Schriftler ſtümpern Ein ſchülermäßiges
Übungsſtück über das andere, wagen Gottmenſch¬
lichkeit zu beſchreiben, ſo in ſelbſtſüchtiger
Thierheit nur das eigene liebe Jch lieben. Da
predigen ſie von Lebensweisheit, wie Bettler von
gutem Haushalt; von Menſchenkenntniß, wie
Seelenverkäufer; von Menſchenbeglückung, wie
Henker in der Marterkammer. Menſchenkennt¬
niß beſitzt nur der wahre Menſch, das eigene
Herz iſt der Schlüſſel zu dieſer Geheimſchrift.
Mit gewöhnlicher Menſchenkunde, wie ſolche
der Spähmann kundſchaftet, ein Aushorcher auf¬
greift, ein Klatſchbruder in Regeln verfaſſet, und
der eitle Lebensmüdling hinterher ausplaudert,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0234" n="204"/><fw type="pageNum" place="top">204<lb/></fw>&#x017F;ittlichen Schnupfen, denn beim würklichen &#x017F;oll<lb/>
Teufelsdreck lieblich wie Ro&#x017F;en duften.</p><lb/>
          <p>Die Alllieblinge der Le&#x017F;ermenge haben im¬<lb/>
mer <hi rendition="#g">Liebe</hi> zum Gegen&#x017F;tand, nebenbei &#x017F;treuen &#x017F;ie<lb/>
der Freund&#x017F;chaft ein Vergißmeinnicht, und &#x017F;teu¬<lb/>
ern einen Brocken Armengeld für Wahrheit und<lb/>
Tugend. Es i&#x017F;t Teufelsverme&#x017F;&#x017F;enheit mit be&#x017F;<lb/>
delter Feder Lebenskrei&#x017F;e reiner Men&#x017F;chheit zu<lb/>
zeichnen, es i&#x017F;t dumpf&#x017F;innige Verblendniß &#x017F;olchen<lb/>
grobangelegten Behexungen Glauben zu &#x017F;tellen.<lb/>
Die&#x017F;e Schriftler &#x017F;tümpern Ein &#x017F;chülermäßiges<lb/>
Übungs&#x017F;tück über das andere, wagen Gottmen&#x017F;ch¬<lb/>
lichkeit zu be&#x017F;chreiben, &#x017F;o in &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;üchtiger<lb/>
Thierheit nur das eigene liebe Jch lieben. Da<lb/>
predigen &#x017F;ie von Lebensweisheit, wie Bettler von<lb/>
gutem Haushalt; von Men&#x017F;chenkenntniß, wie<lb/>
Seelenverkäufer; von Men&#x017F;chenbeglückung, wie<lb/>
Henker in der Marterkammer. Men&#x017F;chenkennt¬<lb/>
niß be&#x017F;itzt nur der wahre Men&#x017F;ch, das eigene<lb/>
Herz i&#x017F;t der Schlü&#x017F;&#x017F;el zu die&#x017F;er Geheim&#x017F;chrift.<lb/>
Mit gewöhnlicher Men&#x017F;chenkunde, wie &#x017F;olche<lb/>
der Spähmann kund&#x017F;chaftet, ein Aushorcher auf¬<lb/>
greift, ein Klat&#x017F;chbruder in Regeln verfa&#x017F;&#x017F;et, und<lb/>
der eitle Lebensmüdling hinterher ausplaudert,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0234] 204 ſittlichen Schnupfen, denn beim würklichen ſoll Teufelsdreck lieblich wie Roſen duften. Die Alllieblinge der Leſermenge haben im¬ mer Liebe zum Gegenſtand, nebenbei ſtreuen ſie der Freundſchaft ein Vergißmeinnicht, und ſteu¬ ern einen Brocken Armengeld für Wahrheit und Tugend. Es iſt Teufelsvermeſſenheit mit beſu¬ delter Feder Lebenskreiſe reiner Menſchheit zu zeichnen, es iſt dumpfſinnige Verblendniß ſolchen grobangelegten Behexungen Glauben zu ſtellen. Dieſe Schriftler ſtümpern Ein ſchülermäßiges Übungsſtück über das andere, wagen Gottmenſch¬ lichkeit zu beſchreiben, ſo in ſelbſtſüchtiger Thierheit nur das eigene liebe Jch lieben. Da predigen ſie von Lebensweisheit, wie Bettler von gutem Haushalt; von Menſchenkenntniß, wie Seelenverkäufer; von Menſchenbeglückung, wie Henker in der Marterkammer. Menſchenkennt¬ niß beſitzt nur der wahre Menſch, das eigene Herz iſt der Schlüſſel zu dieſer Geheimſchrift. Mit gewöhnlicher Menſchenkunde, wie ſolche der Spähmann kundſchaftet, ein Aushorcher auf¬ greift, ein Klatſchbruder in Regeln verfaſſet, und der eitle Lebensmüdling hinterher ausplaudert,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/234
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/234>, abgerufen am 24.11.2024.