"ten, daß Cicero die große Würkung der red¬ "nerischen Blitze des Demosthenes hauptsächlich "der Ursache beimißt, weil sie gleichsam auf den "Flügeln des Numerus dahergefahren. -- Ci¬ "cero Orat. cap. 70. Non tanto impetu vi¬ "brarent fulmina ista, nisi numeris ferrentur. "-- Kurz unverblendet von Partheilichkeit, für "seine Muttersprache, behauptete dieser einsichts¬ "volle Mann, es werde nur darauf ankommen, "daß ein Deutscher Dichter (der sich seiner Spra¬ "che zu bedienen wisse, und die Kunst besitze, so "viel Wohlklang und Numerus in seine Versi¬ "fikation zu bringen, daß die bloße Declama¬ "tion derselben schon eine Art von Musik sei) "sich mit einem Componisten vereinige, der den "Dichter völlig empfinde und verstehe, und in "seinem Fache das sei, was jener in dem seini¬ "gen: So würden sie der Deutschen Sprache "und Musik einen Triumph verschaffen können, "von dessen bloßer Möglichkeit sich vielleicht die "wenigsten Deutschen Dichter etwas träumen "ließen."
Wieland's Deutscher Merkur, 1773. Zweiter Band. Seite 223.
„ten, daß Cicero die große Würkung der red¬ „neriſchen Blitze des Demoſthenes hauptſächlich „der Urſache beimißt, weil ſie gleichſam auf den „Flügeln des Numerus dahergefahren. — Ci¬ „cero Orat. cap. 70. Non tanto impetu vi¬ „brarent fulmina ista, nisi numeris ferrentur. „— Kurz unverblendet von Partheilichkeit, für „ſeine Mutterſprache, behauptete dieſer einſichts¬ „volle Mann, es werde nur darauf ankommen, „daß ein Deutſcher Dichter (der ſich ſeiner Spra¬ „che zu bedienen wiſſe, und die Kunſt beſitze, ſo „viel Wohlklang und Numerus in ſeine Verſi¬ „fikation zu bringen, daß die bloße Declama¬ „tion derſelben ſchon eine Art von Muſik ſei) „ſich mit einem Componiſten vereinige, der den „Dichter völlig empfinde und verſtehe, und in „ſeinem Fache das ſei, was jener in dem ſeini¬ „gen: So würden ſie der Deutſchen Sprache „und Muſik einen Triumph verſchaffen können, „von deſſen bloßer Möglichkeit ſich vielleicht die „wenigſten Deutſchen Dichter etwas träumen „ließen.“
Wieland's Deutſcher Merkur, 1773. Zweiter Band. Seite 223.
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„neriſchen Blitze des Demoſthenes hauptſächlich
„der Urſache beimißt, weil ſie gleichſam auf den
„Flügeln des Numerus dahergefahren. — Ci¬
„cero Orat. cap. 70. Non tanto impetu vi¬
„brarent fulmina ista, nisi numeris ferrentur.
„— Kurz unverblendet von Partheilichkeit, für
„ſeine Mutterſprache, behauptete dieſer einſichts¬
„volle Mann, es werde nur darauf ankommen,
„daß ein Deutſcher Dichter (der ſich ſeiner Spra¬
„che zu bedienen wiſſe, und die Kunſt beſitze, ſo
„viel Wohlklang und Numerus in ſeine Verſi¬
„fikation zu bringen, daß die bloße Declama¬
„tion derſelben ſchon eine Art von Muſik ſei)
„ſich mit einem Componiſten vereinige, der den
„Dichter völlig empfinde und verſtehe, und in
„ſeinem Fache das ſei, was jener in dem ſeini¬
„gen: So würden ſie der Deutſchen Sprache
„und Muſik einen Triumph verſchaffen können,
„von deſſen bloßer Möglichkeit ſich vielleicht die
„wenigſten Deutſchen Dichter etwas träumen
„ließen.“
Wieland's Deutſcher Merkur, 1773. Zweiter
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/227>, abgerufen am 27.11.2024.
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