Das Leben erwacht im Dasein, früher bei dem Einen, später bei dem Andern; und Kind¬ lichkeit heißt das goldene Zeitalter des Men¬ schenlebens, die Selbstgeburt des Menschen. Rückkehr in solch Paradies der Jugend, legte der weiseste Menschheitsprediger seinen Zeitge¬ nossen dringend ans Herz. Matth. 18. V. 3. Und doch sehnen sich so wenige wieder in die Lebensfrühe zurück, in die Morgendämmerung ihres Lebenstages, eben weil die Sonne der Kindlichkeit sie nicht erleuchtete; und sie aus der Lebensfrische, keine Weihung in höhere Alter hinübernahmen. Eine Rangen- und Bängel¬ Zeit ist kein Glück, weder in der Würklichkeit, noch in der Rückerinnerung; ja selbst die Ver¬ zogenen sind so gerecht, es nie Wort haben zu wollen, daß sie darin vormahls Vollgenuß fanden.
Was das herrliche Wort "Kindlichkeit" ausdrückt, müssen manche vergötterte Sprachen umschreiben. Kindlich und Kindlichkeit, sind
2. Kindlichkeit.
Das Leben erwacht im Daſein, früher bei dem Einen, ſpäter bei dem Andern; und Kind¬ lichkeit heißt das goldene Zeitalter des Men¬ ſchenlebens, die Selbſtgeburt des Menſchen. Rückkehr in ſolch Paradies der Jugend, legte der weiſeſte Menſchheitsprediger ſeinen Zeitge¬ noſſen dringend ans Herz. Matth. 18. V. 3. Und doch ſehnen ſich ſo wenige wieder in die Lebensfrühe zurück, in die Morgendämmerung ihres Lebenstages, eben weil die Sonne der Kindlichkeit ſie nicht erleuchtete; und ſie aus der Lebensfriſche, keine Weihung in höhere Alter hinübernahmen. Eine Rangen- und Bängel¬ Zeit iſt kein Glück, weder in der Würklichkeit, noch in der Rückerinnerung; ja ſelbſt die Ver¬ zogenen ſind ſo gerecht, es nie Wort haben zu wollen, daß ſie darin vormahls Vollgenuß fanden.
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2. Kindlichkeit.
Das Leben erwacht im Daſein, früher bei
dem Einen, ſpäter bei dem Andern; und Kind¬
lichkeit heißt das goldene Zeitalter des Men¬
ſchenlebens, die Selbſtgeburt des Menſchen.
Rückkehr in ſolch Paradies der Jugend, legte
der weiſeſte Menſchheitsprediger ſeinen Zeitge¬
noſſen dringend ans Herz. Matth. 18. V. 3.
Und doch ſehnen ſich ſo wenige wieder in die
Lebensfrühe zurück, in die Morgendämmerung
ihres Lebenstages, eben weil die Sonne der
Kindlichkeit ſie nicht erleuchtete; und ſie aus der
Lebensfriſche, keine Weihung in höhere Alter
hinübernahmen. Eine Rangen- und Bängel¬
Zeit iſt kein Glück, weder in der Würklichkeit,
noch in der Rückerinnerung; ja ſelbſt die Ver¬
zogenen ſind ſo gerecht, es nie Wort haben zu
wollen, daß ſie darin vormahls Vollgenuß
fanden.
Was das herrliche Wort „Kindlichkeit‟
ausdrückt, müſſen manche vergötterte Sprachen
umſchreiben. Kindlich und Kindlichkeit, ſind
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/204>, abgerufen am 23.11.2024.
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