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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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nen, nichts Höheres ahnt, als den Wetterhahn
auf dem Glockenthurm -- bleibt ein Kleinstäd¬
ter
. Wer endlich schon darum allein Menschen
ausschließlichen Werth beilegt, weil sie mit glei¬
chem Wasser getauft, mit dem nämlichen Stocke
gezüchtigt, denselben Koth durchtreten, oder von
Jugend auf gleiche Klöße, Fische und Würste
mit Salat gegessen, dieselbe Art Schinken und
Jütochsen verspeiset, oder Pumpernickel, Spick¬
gänse und Mohnstrizel verzehrt; und deshalb
nicht mehr verlangt, sondern geradezu fordert,
daß jedermann echt kloßicht, wursticht, fischicht,
salaticht, schinkicht, jütochsicht, pumpernicklicht,
spickgänsicht und mohnstritzlicht bleiben soll --
liegt am schweren Gebrechen der Landsmann¬
schaftsucht
darnieder. Wer indessen von der
Verkehrtheit ergriffen war, seine Hufe Land für
ein Königreich, seine Erdscholle für ein Volks¬
gebiet anzusehen, und die andern Mitvölker und
Jnvölker des Gesammtvolks nebenbuhlerisch an¬
zufeinden, damit nur statt eines Gemeinwesens,
das Unwesen von Schöppenstädt, Schilda u. s.
w. bestehe: -- hatte Theil an dem Unsinn der
Völkleinerei, in welcher Deutschland unterging.

nen, nichts Höheres ahnt, als den Wetterhahn
auf dem Glockenthurm — bleibt ein Kleinſtäd¬
ter
. Wer endlich ſchon darum allein Menſchen
ausſchließlichen Werth beilegt, weil ſie mit glei¬
chem Waſſer getauft, mit dem nämlichen Stocke
gezüchtigt, denſelben Koth durchtreten, oder von
Jugend auf gleiche Klöße, Fiſche und Würſte
mit Salat gegeſſen, dieſelbe Art Schinken und
Jütochſen verſpeiſet, oder Pumpernickel, Spick¬
gänſe und Mohnſtrizel verzehrt; und deshalb
nicht mehr verlangt, ſondern geradezu fordert,
daß jedermann echt kloßicht, wurſticht, fiſchicht,
ſalaticht, ſchinkicht, jütochſicht, pumpernicklicht,
ſpickgänſicht und mohnſtritzlicht bleiben ſoll —
liegt am ſchweren Gebrechen der Landsmann¬
ſchaftſucht
darnieder. Wer indeſſen von der
Verkehrtheit ergriffen war, ſeine Hufe Land für
ein Königreich, ſeine Erdſcholle für ein Volks¬
gebiet anzuſehen, und die andern Mitvölker und
Jnvölker des Geſammtvolks nebenbuhleriſch an¬
zufeinden, damit nur ſtatt eines Gemeinweſens,
das Unweſen von Schöppenſtädt, Schilda u. ſ.
w. beſtehe: — hatte Theil an dem Unſinn der
Völkleinerei, in welcher Deutſchland unterging.

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[119/0149] 119 nen, nichts Höheres ahnt, als den Wetterhahn auf dem Glockenthurm — bleibt ein Kleinſtäd¬ ter. Wer endlich ſchon darum allein Menſchen ausſchließlichen Werth beilegt, weil ſie mit glei¬ chem Waſſer getauft, mit dem nämlichen Stocke gezüchtigt, denſelben Koth durchtreten, oder von Jugend auf gleiche Klöße, Fiſche und Würſte mit Salat gegeſſen, dieſelbe Art Schinken und Jütochſen verſpeiſet, oder Pumpernickel, Spick¬ gänſe und Mohnſtrizel verzehrt; und deshalb nicht mehr verlangt, ſondern geradezu fordert, daß jedermann echt kloßicht, wurſticht, fiſchicht, ſalaticht, ſchinkicht, jütochſicht, pumpernicklicht, ſpickgänſicht und mohnſtritzlicht bleiben ſoll — liegt am ſchweren Gebrechen der Landsmann¬ ſchaftſucht darnieder. Wer indeſſen von der Verkehrtheit ergriffen war, ſeine Hufe Land für ein Königreich, ſeine Erdſcholle für ein Volks¬ gebiet anzuſehen, und die andern Mitvölker und Jnvölker des Geſammtvolks nebenbuhleriſch an¬ zufeinden, damit nur ſtatt eines Gemeinweſens, das Unweſen von Schöppenſtädt, Schilda u. ſ. w. beſtehe: — hatte Theil an dem Unſinn der Völkleinerei, in welcher Deutſchland unterging.

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/149>, abgerufen am 22.11.2024.