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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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"hehlte er nicht, daß bei der jetzigen Lage der
"Sachen, weder er noch seine Mutter zugeben
"würden, daß die Russen im Besitz der Mol¬
"dau und Wallachei blieben." (Friedrichs hin¬
terlassene Werke V. S. 34.) Das Erste war
mustergültig und volksthümlich gesprochen, das
Letzte herrlich im Geiste eines künftigen. Do¬
nauischen Östreichs
. Noch späterhin stimmt
damit, wie Joseph am 7ten September 1776,
bei Prag um den Baum, der Schwerins Hel¬
denopferung bezeichnet, ein Viereck schließen ließ,
und mit Kleingewehr- und Geschützfeuer des
Helden Gedächtniß verherrlichte.

So balgen, und raufen sich Jugendgespie¬
len, und felsenfest steht dann die Männerfreund¬
schaft auf der frühgefühlten gegenseitigen Kraft.

Wer kein anderes Gefühl hat, als in den
Fingerspitzen, die er zur Handthierung gebraucht,
und glaubt, die ganze Welt müsse sich um sei¬
nen Dreifuß drehen -- ist ein Philister. Wem
aber der erbärmlichste Schlammgraben das Herz
engt, und die jämmerlichste Ringmauer den gan¬
zen Gesichtskreis verhüllt; wer nichts Tieferes
kennt als die Viehschwemme, und den Ziehbrun¬

„hehlte er nicht, daß bei der jetzigen Lage der
„Sachen, weder er noch ſeine Mutter zugeben
„würden, daß die Ruſſen im Beſitz der Mol¬
„dau und Wallachei blieben.“ (Friedrichs hin¬
terlaſſene Werke V. S. 34.) Das Erſte war
muſtergültig und volksthümlich geſprochen, das
Letzte herrlich im Geiſte eines künftigen. Do¬
nauiſchen Öſtreichs
. Noch ſpäterhin ſtimmt
damit, wie Joſeph am 7ten September 1776,
bei Prag um den Baum, der Schwerins Hel¬
denopferung bezeichnet, ein Viereck ſchließen ließ,
und mit Kleingewehr- und Geſchützfeuer des
Helden Gedächtniß verherrlichte.

So balgen, und raufen ſich Jugendgeſpie¬
len, und felſenfeſt ſteht dann die Männerfreund¬
ſchaft auf der frühgefühlten gegenſeitigen Kraft.

Wer kein anderes Gefühl hat, als in den
Fingerſpitzen, die er zur Handthierung gebraucht,
und glaubt, die ganze Welt müſſe ſich um ſei¬
nen Dreifuß drehen — iſt ein Philiſter. Wem
aber der erbärmlichſte Schlammgraben das Herz
engt, und die jämmerlichſte Ringmauer den gan¬
zen Geſichtskreis verhüllt; wer nichts Tieferes
kennt als die Viehſchwemme, und den Ziehbrun¬

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[118/0148] 118 „hehlte er nicht, daß bei der jetzigen Lage der „Sachen, weder er noch ſeine Mutter zugeben „würden, daß die Ruſſen im Beſitz der Mol¬ „dau und Wallachei blieben.“ (Friedrichs hin¬ terlaſſene Werke V. S. 34.) Das Erſte war muſtergültig und volksthümlich geſprochen, das Letzte herrlich im Geiſte eines künftigen. Do¬ nauiſchen Öſtreichs. Noch ſpäterhin ſtimmt damit, wie Joſeph am 7ten September 1776, bei Prag um den Baum, der Schwerins Hel¬ denopferung bezeichnet, ein Viereck ſchließen ließ, und mit Kleingewehr- und Geſchützfeuer des Helden Gedächtniß verherrlichte. So balgen, und raufen ſich Jugendgeſpie¬ len, und felſenfeſt ſteht dann die Männerfreund¬ ſchaft auf der frühgefühlten gegenſeitigen Kraft. Wer kein anderes Gefühl hat, als in den Fingerſpitzen, die er zur Handthierung gebraucht, und glaubt, die ganze Welt müſſe ſich um ſei¬ nen Dreifuß drehen — iſt ein Philiſter. Wem aber der erbärmlichſte Schlammgraben das Herz engt, und die jämmerlichſte Ringmauer den gan¬ zen Geſichtskreis verhüllt; wer nichts Tieferes kennt als die Viehſchwemme, und den Ziehbrun¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/148>, abgerufen am 22.11.2024.