Entdecktes blieb unerobert. Jtalien war der lan¬ ge Damm, von der Allbildnerin in dieß große Wasserbecken hineingebaut, und so war Rom eine schickliche Hauptstadt. Roma selbst soll ja Erhabenheit heißen.
Man beobachte eine Spinne, wie sie ihr Netz webt, ihre Fadenbahnen spannt, und den Lauerschlupf versteckt. Man betrachte einen Baum, wie seine Pfahlwurzel sich schachtend in die Tiefe senkt, der Stamm zur Krone aufstrebt; wie die Äste den Luftraum, die Wurzeln das unterirdische Gebiet einnehmen. Gut gewach¬ sen ist er nicht eher auszuroden, bis die unterir¬ dischen Verzweigungen durchhauen sind, und die Pfahlwurzel die letzten Fällenshiebe empfängt. Diesem gleich ein Volk mit einer wohlgelegenen Hauptstadt!
Die vermeintlichen Hauptstädte der Euro¬ päischen Großstaaten bedeuten nicht viel, ein ganz gewöhnlicher Ackermeier würde sie besser ange¬ legt haben, als manche gepriesene Staatsweisen. Wenn man die großen Reiche mit der Schlag¬ wirthschaft vergleicht, und warum sollte man es nicht, da jeder Staatsbau vom Ackerbau Da¬
Entdecktes blieb unerobert. Jtalien war der lan¬ ge Damm, von der Allbildnerin in dieß große Waſſerbecken hineingebaut, und ſo war Rom eine ſchickliche Hauptſtadt. Roma ſelbſt ſoll ja Erhabenheit heißen.
Man beobachte eine Spinne, wie ſie ihr Netz webt, ihre Fadenbahnen ſpannt, und den Lauerſchlupf verſteckt. Man betrachte einen Baum, wie ſeine Pfahlwurzel ſich ſchachtend in die Tiefe ſenkt, der Stamm zur Krone aufſtrebt; wie die Äſte den Luftraum, die Wurzeln das unterirdiſche Gebiet einnehmen. Gut gewach¬ ſen iſt er nicht eher auszuroden, bis die unterir¬ diſchen Verzweigungen durchhauen ſind, und die Pfahlwurzel die letzten Fällenshiebe empfängt. Dieſem gleich ein Volk mit einer wohlgelegenen Hauptſtadt!
Die vermeintlichen Hauptſtädte der Euro¬ päiſchen Großſtaaten bedeuten nicht viel, ein ganz gewöhnlicher Ackermeier würde ſie beſſer ange¬ legt haben, als manche geprieſene Staatsweiſen. Wenn man die großen Reiche mit der Schlag¬ wirthſchaft vergleicht, und warum ſollte man es nicht, da jeder Staatsbau vom Ackerbau Da¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0137"n="107"/><fwtype="pageNum"place="top">107<lb/></fw>Entdecktes blieb unerobert. Jtalien war der lan¬<lb/>
ge Damm, von der Allbildnerin in dieß große<lb/>
Waſſerbecken hineingebaut, und ſo war Rom<lb/>
eine ſchickliche Hauptſtadt. <hirendition="#g">Roma</hi>ſelbſt ſoll ja<lb/><hirendition="#g">Erhabenheit</hi> heißen.</p><lb/><p>Man beobachte eine Spinne, wie ſie ihr<lb/>
Netz webt, ihre Fadenbahnen ſpannt, und den<lb/>
Lauerſchlupf verſteckt. Man betrachte einen<lb/>
Baum, wie ſeine Pfahlwurzel ſich ſchachtend in<lb/>
die Tiefe ſenkt, der Stamm zur Krone aufſtrebt;<lb/>
wie die Äſte den Luftraum, die Wurzeln das<lb/>
unterirdiſche Gebiet einnehmen. Gut gewach¬<lb/>ſen iſt er nicht eher auszuroden, bis die unterir¬<lb/>
diſchen Verzweigungen durchhauen ſind, und die<lb/>
Pfahlwurzel die letzten Fällenshiebe empfängt.<lb/>
Dieſem gleich ein Volk mit einer wohlgelegenen<lb/>
Hauptſtadt!</p><lb/><p>Die vermeintlichen Hauptſtädte der Euro¬<lb/>
päiſchen Großſtaaten bedeuten nicht viel, ein ganz<lb/>
gewöhnlicher Ackermeier würde ſie beſſer ange¬<lb/>
legt haben, als manche geprieſene Staatsweiſen.<lb/>
Wenn man die großen Reiche mit der Schlag¬<lb/>
wirthſchaft vergleicht, und warum ſollte man es<lb/>
nicht, da jeder Staatsbau vom Ackerbau Da¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[107/0137]
107
Entdecktes blieb unerobert. Jtalien war der lan¬
ge Damm, von der Allbildnerin in dieß große
Waſſerbecken hineingebaut, und ſo war Rom
eine ſchickliche Hauptſtadt. Roma ſelbſt ſoll ja
Erhabenheit heißen.
Man beobachte eine Spinne, wie ſie ihr
Netz webt, ihre Fadenbahnen ſpannt, und den
Lauerſchlupf verſteckt. Man betrachte einen
Baum, wie ſeine Pfahlwurzel ſich ſchachtend in
die Tiefe ſenkt, der Stamm zur Krone aufſtrebt;
wie die Äſte den Luftraum, die Wurzeln das
unterirdiſche Gebiet einnehmen. Gut gewach¬
ſen iſt er nicht eher auszuroden, bis die unterir¬
diſchen Verzweigungen durchhauen ſind, und die
Pfahlwurzel die letzten Fällenshiebe empfängt.
Dieſem gleich ein Volk mit einer wohlgelegenen
Hauptſtadt!
Die vermeintlichen Hauptſtädte der Euro¬
päiſchen Großſtaaten bedeuten nicht viel, ein ganz
gewöhnlicher Ackermeier würde ſie beſſer ange¬
legt haben, als manche geprieſene Staatsweiſen.
Wenn man die großen Reiche mit der Schlag¬
wirthſchaft vergleicht, und warum ſollte man es
nicht, da jeder Staatsbau vom Ackerbau Da¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/137>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.