zur Mitgift, die jeder Aftersprache mangelt. Sie ist anschaulich gebildet, und lebt im An- schaun. Sie senkt sich in die Tiefen des Ge- müths, wenn sie mit Geistesfittigen aufschwingt. Sie hat kindliche Einfalt treu bewahrt, ist bün- dig in der Darstellung, erbaulich in der Rede, erwecklich im Liede, und kernig und körnig im Spruch.
Die Deutsche Sprache wird in Wissen- schaft und Kunst niemals Kenner und Könner in Stich lassen. Nimmer werden die Stufen- wörter fehlen, jede Folge und Folgerung wird auszudrücken sein. Die Sprache wird treu ge- pflegt mit dem Entwickelungsgange Schritt hal- ten, für jede neue Gestaltung unsers Volks pas- sen, für jede Lebensfülle zureichend sein, und mit dem Wachsthum des Volks an Bildsamkeit zunehmen. Aber vom Wißdünkel der Aller- weltsbürgerei müssen wir abstehen. Mit dem Allerweltsleben hat keine einzelne Sprache zu schaffen, nur das eigene Volksleben ist ihre Seele.
Wer Ungemeines beginnen will, und zur That sich anschickt -- braucht in seinem Gewis- sensrathe nie zu fragen: Hat schon irgend
jemand
zur Mitgift, die jeder Afterſprache mangelt. Sie iſt anſchaulich gebildet, und lebt im An- ſchaun. Sie ſenkt ſich in die Tiefen des Ge- müths, wenn ſie mit Geiſtesfittigen aufſchwingt. Sie hat kindliche Einfalt treu bewahrt, iſt bün- dig in der Darſtellung, erbaulich in der Rede, erwecklich im Liede, und kernig und körnig im Spruch.
Die Deutſche Sprache wird in Wiſſen- ſchaft und Kunſt niemals Kenner und Könner in Stich laſſen. Nimmer werden die Stufen- wörter fehlen, jede Folge und Folgerung wird auszudrücken ſein. Die Sprache wird treu ge- pflegt mit dem Entwickelungsgange Schritt hal- ten, für jede neue Geſtaltung unſers Volks paſ- ſen, für jede Lebensfülle zureichend ſein, und mit dem Wachsthum des Volks an Bildſamkeit zunehmen. Aber vom Wißdünkel der Aller- weltsbürgerei müſſen wir abſtehen. Mit dem Allerweltsleben hat keine einzelne Sprache zu ſchaffen, nur das eigene Volksleben iſt ihre Seele.
Wer Ungemeines beginnen will, und zur That ſich anſchickt — braucht in ſeinem Gewiſ- ſensrathe nie zu fragen: Hat ſchon irgend
jemand
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[XXIV/0030]
zur Mitgift, die jeder Afterſprache mangelt.
Sie iſt anſchaulich gebildet, und lebt im An-
ſchaun. Sie ſenkt ſich in die Tiefen des Ge-
müths, wenn ſie mit Geiſtesfittigen aufſchwingt.
Sie hat kindliche Einfalt treu bewahrt, iſt bün-
dig in der Darſtellung, erbaulich in der Rede,
erwecklich im Liede, und kernig und körnig im
Spruch.
Die Deutſche Sprache wird in Wiſſen-
ſchaft und Kunſt niemals Kenner und Könner
in Stich laſſen. Nimmer werden die Stufen-
wörter fehlen, jede Folge und Folgerung wird
auszudrücken ſein. Die Sprache wird treu ge-
pflegt mit dem Entwickelungsgange Schritt hal-
ten, für jede neue Geſtaltung unſers Volks paſ-
ſen, für jede Lebensfülle zureichend ſein, und mit
dem Wachsthum des Volks an Bildſamkeit
zunehmen. Aber vom Wißdünkel der Aller-
weltsbürgerei müſſen wir abſtehen. Mit dem
Allerweltsleben hat keine einzelne Sprache zu
ſchaffen, nur das eigene Volksleben iſt ihre Seele.
Wer Ungemeines beginnen will, und zur
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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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