Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Turnwartschaft. Es ist ein heiliges Werk und
Wesen.

Einzig nur im Selbstbewußtsein der Pflichterfül-
lung liegt der Lohn. Später beschleicht einen das Alter,
unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höscsten
Zeitläuften bewahren sich Glaube, Liebe und Hoffnung,
wenn man schaut, wie sich im Nachwuchs des Volks
das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn-
lehrer abstehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler
besser prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat
ein Turnlehrer den schwersten Stand. Bei andern Leh-
rern beruht das Geschäft auf Wissen und Wissenschaft, in
denen beim allstündlichen und alltäglichen Betreiben von
Zeit zu Zeit weitere Fortschritte zu machen sind. Des
Turnlehrers Würken ist unzertrennlich von Kennen und
Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile
seiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer
müssen aber die Knaben und Jünglinge bald in den
Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht
übertreffen.

Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen
bemüht sein, sich in den Turnübungen so viel Fertigkeit
zu erwerben und zu erhalten -- als seine Leibesbeschaf-
fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbstversuchthaben und
Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff
von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den

Wir-

von der Turnwartſchaft. Es iſt ein heiliges Werk und
Weſen.

Einzig nur im Selbſtbewußtſein der Pflichterfül-
lung liegt der Lohn. Später beſchleicht einen das Alter,
unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höſcſten
Zeitläuften bewahren ſich Glaube, Liebe und Hoffnung,
wenn man ſchaut, wie ſich im Nachwuchs des Volks
das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn-
lehrer abſtehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler
beſſer prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat
ein Turnlehrer den ſchwerſten Stand. Bei andern Leh-
rern beruht das Geſchäft auf Wiſſen und Wiſſenſchaft, in
denen beim allſtündlichen und alltäglichen Betreiben von
Zeit zu Zeit weitere Fortſchritte zu machen ſind. Des
Turnlehrers Würken iſt unzertrennlich von Kennen und
Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile
ſeiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer
müſſen aber die Knaben und Jünglinge bald in den
Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht
übertreffen.

Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen
bemüht ſein, ſich in den Turnübungen ſo viel Fertigkeit
zu erwerben und zu erhalten — als ſeine Leibesbeſchaf-
fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbſtverſuchthaben und
Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff
von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den

Wir-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0286" n="216"/>
von der Turnwart&#x017F;chaft. Es i&#x017F;t ein heiliges Werk und<lb/>
We&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Einzig nur im Selb&#x017F;tbewußt&#x017F;ein der Pflichterfül-<lb/>
lung liegt der Lohn. Später be&#x017F;chleicht einen das Alter,<lb/>
unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den hö&#x017F;c&#x017F;ten<lb/>
Zeitläuften bewahren &#x017F;ich Glaube, Liebe und Hoffnung,<lb/>
wenn man &#x017F;chaut, wie &#x017F;ich im Nachwuchs des Volks<lb/>
das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn-<lb/>
lehrer ab&#x017F;tehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat<lb/>
ein <hi rendition="#g">Turnlehrer</hi> den &#x017F;chwer&#x017F;ten Stand. Bei andern Leh-<lb/>
rern beruht das Ge&#x017F;chäft auf Wi&#x017F;&#x017F;en und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, in<lb/>
denen beim all&#x017F;tündlichen und alltäglichen Betreiben von<lb/>
Zeit zu Zeit weitere Fort&#x017F;chritte zu machen &#x017F;ind. Des<lb/>
Turnlehrers Würken i&#x017F;t unzertrennlich von Kennen und<lb/>
Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile<lb/>
&#x017F;einer Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer<lb/>&#x017F;&#x017F;en aber die Knaben und Jünglinge bald in den<lb/>
Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht<lb/>
übertreffen.</p><lb/>
            <p>Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen<lb/>
bemüht &#x017F;ein, &#x017F;ich in den Turnübungen &#x017F;o viel Fertigkeit<lb/>
zu erwerben und zu erhalten &#x2014; als &#x017F;eine Leibesbe&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit erlaubt. Nur eigenes Selb&#x017F;tver&#x017F;uchthaben und<lb/>
Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff<lb/>
von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wir-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0286] von der Turnwartſchaft. Es iſt ein heiliges Werk und Weſen. Einzig nur im Selbſtbewußtſein der Pflichterfül- lung liegt der Lohn. Später beſchleicht einen das Alter, unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höſcſten Zeitläuften bewahren ſich Glaube, Liebe und Hoffnung, wenn man ſchaut, wie ſich im Nachwuchs des Volks das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn- lehrer abſtehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler beſſer prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat ein Turnlehrer den ſchwerſten Stand. Bei andern Leh- rern beruht das Geſchäft auf Wiſſen und Wiſſenſchaft, in denen beim allſtündlichen und alltäglichen Betreiben von Zeit zu Zeit weitere Fortſchritte zu machen ſind. Des Turnlehrers Würken iſt unzertrennlich von Kennen und Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile ſeiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer müſſen aber die Knaben und Jünglinge bald in den Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht übertreffen. Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen bemüht ſein, ſich in den Turnübungen ſo viel Fertigkeit zu erwerben und zu erhalten — als ſeine Leibesbeſchaf- fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbſtverſuchthaben und Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den Wir-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/286
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/286>, abgerufen am 25.11.2024.