von der Turnwartschaft. Es ist ein heiliges Werk und Wesen.
Einzig nur im Selbstbewußtsein der Pflichterfül- lung liegt der Lohn. Später beschleicht einen das Alter, unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höscsten Zeitläuften bewahren sich Glaube, Liebe und Hoffnung, wenn man schaut, wie sich im Nachwuchs des Volks das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn- lehrer abstehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler besser prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat ein Turnlehrer den schwersten Stand. Bei andern Leh- rern beruht das Geschäft auf Wissen und Wissenschaft, in denen beim allstündlichen und alltäglichen Betreiben von Zeit zu Zeit weitere Fortschritte zu machen sind. Des Turnlehrers Würken ist unzertrennlich von Kennen und Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile seiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer müssen aber die Knaben und Jünglinge bald in den Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht übertreffen.
Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen bemüht sein, sich in den Turnübungen so viel Fertigkeit zu erwerben und zu erhalten -- als seine Leibesbeschaf- fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbstversuchthaben und Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den
Wir-
von der Turnwartſchaft. Es iſt ein heiliges Werk und Weſen.
Einzig nur im Selbſtbewußtſein der Pflichterfül- lung liegt der Lohn. Später beſchleicht einen das Alter, unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höſcſten Zeitläuften bewahren ſich Glaube, Liebe und Hoffnung, wenn man ſchaut, wie ſich im Nachwuchs des Volks das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn- lehrer abſtehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler beſſer prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat ein Turnlehrer den ſchwerſten Stand. Bei andern Leh- rern beruht das Geſchäft auf Wiſſen und Wiſſenſchaft, in denen beim allſtündlichen und alltäglichen Betreiben von Zeit zu Zeit weitere Fortſchritte zu machen ſind. Des Turnlehrers Würken iſt unzertrennlich von Kennen und Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile ſeiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer müſſen aber die Knaben und Jünglinge bald in den Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht übertreffen.
Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen bemüht ſein, ſich in den Turnübungen ſo viel Fertigkeit zu erwerben und zu erhalten — als ſeine Leibesbeſchaf- fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbſtverſuchthaben und Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den
Wir-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0286"n="216"/>
von der Turnwartſchaft. Es iſt ein heiliges Werk und<lb/>
Weſen.</p><lb/><p>Einzig nur im Selbſtbewußtſein der Pflichterfül-<lb/>
lung liegt der Lohn. Später beſchleicht einen das Alter,<lb/>
unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höſcſten<lb/>
Zeitläuften bewahren ſich Glaube, Liebe und Hoffnung,<lb/>
wenn man ſchaut, wie ſich im Nachwuchs des Volks<lb/>
das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn-<lb/>
lehrer abſtehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler<lb/>
beſſer prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat<lb/>
ein <hirendition="#g">Turnlehrer</hi> den ſchwerſten Stand. Bei andern Leh-<lb/>
rern beruht das Geſchäft auf Wiſſen und Wiſſenſchaft, in<lb/>
denen beim allſtündlichen und alltäglichen Betreiben von<lb/>
Zeit zu Zeit weitere Fortſchritte zu machen ſind. Des<lb/>
Turnlehrers Würken iſt unzertrennlich von Kennen und<lb/>
Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile<lb/>ſeiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer<lb/>
müſſen aber die Knaben und Jünglinge bald in den<lb/>
Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht<lb/>
übertreffen.</p><lb/><p>Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen<lb/>
bemüht ſein, ſich in den Turnübungen ſo viel Fertigkeit<lb/>
zu erwerben und zu erhalten — als ſeine Leibesbeſchaf-<lb/>
fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbſtverſuchthaben und<lb/>
Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff<lb/>
von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wir-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[216/0286]
von der Turnwartſchaft. Es iſt ein heiliges Werk und
Weſen.
Einzig nur im Selbſtbewußtſein der Pflichterfül-
lung liegt der Lohn. Später beſchleicht einen das Alter,
unter dem Tummeln der Jugend. Auch in den höſcſten
Zeitläuften bewahren ſich Glaube, Liebe und Hoffnung,
wenn man ſchaut, wie ſich im Nachwuchs des Volks
das Vaterland verjüngt. Vom Schein muß der Turn-
lehrer abſtehen, für die Außenwelt kann jeder Gaukler
beſſer prunken. Unter allen Lehrern der Jugend hat
ein Turnlehrer den ſchwerſten Stand. Bei andern Leh-
rern beruht das Geſchäft auf Wiſſen und Wiſſenſchaft, in
denen beim allſtündlichen und alltäglichen Betreiben von
Zeit zu Zeit weitere Fortſchritte zu machen ſind. Des
Turnlehrers Würken iſt unzertrennlich von Kennen und
Können. Ein anderer Lehrer wird dem größten Theile
ſeiner Schüler immer voraus bleiben; einen Turnlehrer
müſſen aber die Knaben und Jünglinge bald in den
Turnübungen einholen, und können ihn dann leicht
übertreffen.
Dennoch muß ein Turnlehrer vor allen Dingen
bemüht ſein, ſich in den Turnübungen ſo viel Fertigkeit
zu erwerben und zu erhalten — als ſeine Leibesbeſchaf-
fenheit erlaubt. Nur eigenes Selbſtverſuchthaben und
Erproben geben ihm einen deutlichen und klaren Begriff
von der einzelnen Bewegung und Übung, und von den
Wir-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/286>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.