Reiten sollten alle schwingfertigen Tur- ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre erlernen können. Dazu kann aber nur der Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher Jugend ist das Reiten schädlich für Wachsthum, Gesundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der seinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein Reitpferd halten. Das verfäult und verludert den jungen Menschen, setzt ihm den Dünkel von Erwachsenheit und Vornehmigkeit in den Kopf, verleitet ihn zu Verschwendung und eitlen Lüsten und Lastern. Ohne Noth muß sich kein Mensch mit dem Thier gemein machen.
Dem Tanzen als Leibesübung kann sein Werth nicht genommen werden, es bildet den Anstand und gute Haltung; hingegen stärken die andern Turnübungen weit mehr, und Zier- lichkeit ist in einem verweichlichten Zeitalter am Ersten zu entrathen. Daß beide Geschlechter schon in den Kinderjahren zusammen tanzen ler- nen, ist gar nicht zu dulden. So wie das Tan- zen gewöhnlich getrieben wird, ist es: Zerstörer der Gesundheit, Verderber der Sittlichkeit und Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze sind
jetzt
Reiten ſollten alle ſchwingfertigen Tur- ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre erlernen können. Dazu kann aber nur der Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher Jugend iſt das Reiten ſchädlich für Wachsthum, Geſundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der ſeinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein Reitpferd halten. Das verfäult und verludert den jungen Menſchen, ſetzt ihm den Dünkel von Erwachſenheit und Vornehmigkeit in den Kopf, verleitet ihn zu Verſchwendung und eitlen Lüſten und Laſtern. Ohne Noth muß ſich kein Menſch mit dem Thier gemein machen.
Dem Tanzen als Leibesübung kann ſein Werth nicht genommen werden, es bildet den Anſtand und gute Haltung; hingegen ſtärken die andern Turnübungen weit mehr, und Zier- lichkeit iſt in einem verweichlichten Zeitalter am Erſten zu entrathen. Daß beide Geſchlechter ſchon in den Kinderjahren zuſammen tanzen ler- nen, iſt gar nicht zu dulden. So wie das Tan- zen gewöhnlich getrieben wird, iſt es: Zerſtörer der Geſundheit, Verderber der Sittlichkeit und Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze ſind
jetzt
<TEI><text><front><divn="1"><pbfacs="#f0022"n="XVI"/><p><hirendition="#g">Reiten</hi>ſollten alle ſchwingfertigen Tur-<lb/>
ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre<lb/>
erlernen können. Dazu kann aber nur der<lb/>
Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher<lb/>
Jugend iſt das Reiten ſchädlich für Wachsthum,<lb/>
Geſundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der<lb/>ſeinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein<lb/>
Reitpferd halten. Das verfäult und verludert<lb/>
den jungen Menſchen, ſetzt ihm den Dünkel<lb/>
von Erwachſenheit und Vornehmigkeit in den<lb/>
Kopf, verleitet ihn zu Verſchwendung und eitlen<lb/>
Lüſten und Laſtern. Ohne Noth muß ſich kein<lb/>
Menſch mit dem Thier gemein machen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Dem Tanzen</hi> als Leibesübung kann ſein<lb/>
Werth nicht genommen werden, es bildet den<lb/>
Anſtand und gute Haltung; hingegen ſtärken<lb/>
die andern Turnübungen weit mehr, und Zier-<lb/>
lichkeit iſt in einem verweichlichten Zeitalter am<lb/>
Erſten zu entrathen. Daß beide Geſchlechter<lb/>ſchon in den Kinderjahren zuſammen tanzen ler-<lb/>
nen, iſt gar nicht zu dulden. So wie das Tan-<lb/>
zen gewöhnlich getrieben wird, iſt es: Zerſtörer<lb/>
der Geſundheit, Verderber der Sittlichkeit und<lb/>
Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze ſind<lb/><fwplace="bottom"type="catch">jetzt</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[XVI/0022]
Reiten ſollten alle ſchwingfertigen Tur-
ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre
erlernen können. Dazu kann aber nur der
Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher
Jugend iſt das Reiten ſchädlich für Wachsthum,
Geſundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der
ſeinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein
Reitpferd halten. Das verfäult und verludert
den jungen Menſchen, ſetzt ihm den Dünkel
von Erwachſenheit und Vornehmigkeit in den
Kopf, verleitet ihn zu Verſchwendung und eitlen
Lüſten und Laſtern. Ohne Noth muß ſich kein
Menſch mit dem Thier gemein machen.
Dem Tanzen als Leibesübung kann ſein
Werth nicht genommen werden, es bildet den
Anſtand und gute Haltung; hingegen ſtärken
die andern Turnübungen weit mehr, und Zier-
lichkeit iſt in einem verweichlichten Zeitalter am
Erſten zu entrathen. Daß beide Geſchlechter
ſchon in den Kinderjahren zuſammen tanzen ler-
nen, iſt gar nicht zu dulden. So wie das Tan-
zen gewöhnlich getrieben wird, iſt es: Zerſtörer
der Geſundheit, Verderber der Sittlichkeit und
Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze ſind
jetzt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/22>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.