ihrer Sünden, und daß selbige den Tod und die Verstossung von Gott nach sich zögen, erhalten. Auf das erstere füh- reten die Feste und Dankopfer, und auf das letztere die Sündopfer und die jähr- liche Verweisung eines Bockes in die Wü- ste. Zugleich aber waren diese heiligen Gebräuche so eingerichtet, daß sie das Zukünftige, so Gott durch Christum ord- nen wollte, abschatteten, und die Gemü- ther in der Hoffnung auf denjenigen er- hielten, von welchem dem Abraham die Verheissung geschehen, daß in ihm alle Völker gesegnet werden sollten, und sie auf diese selige Zeit vorbereiteten*). Als aber die Welt nach und nach in eine sol- che Verfassung gekommen, daß sie durch Christum einer grössern Erleuchtung konnte theilhaftig werden, so konnte jenes Schat- tenwerk abgestellet und die Gemüther nä- her und mit wenigerem Umschweife auf das Wesentliche des Gottesdienstes gelei- tet werden. Jedoch mußte etwas äusser- liches bleiben, wodurch die Sinne zu Zei- ten gerühret, der Verstand auf das Un- sichtbahre gezogen und die Andacht er- wecket wird. Es mußte auch etwas seyn, wodurch wir unsere Achtung, Ehrerbie- tung und Dankbarkeit gegen Gott andern zu erkennen geben, und wodurch einer den
andern
*) Coloss. C. 2. v. 17. Hebr. C. 20. v. 1.
ihrer Suͤnden, und daß ſelbige den Tod und die Verſtoſſung von Gott nach ſich zoͤgen, erhalten. Auf das erſtere fuͤh- reten die Feſte und Dankopfer, und auf das letztere die Suͤndopfer und die jaͤhr- liche Verweiſung eines Bockes in die Wuͤ- ſte. Zugleich aber waren dieſe heiligen Gebraͤuche ſo eingerichtet, daß ſie das Zukuͤnftige, ſo Gott durch Chriſtum ord- nen wollte, abſchatteten, und die Gemuͤ- ther in der Hoffnung auf denjenigen er- hielten, von welchem dem Abraham die Verheiſſung geſchehen, daß in ihm alle Voͤlker geſegnet werden ſollten, und ſie auf dieſe ſelige Zeit vorbereiteten*). Als aber die Welt nach und nach in eine ſol- che Verfaſſung gekommen, daß ſie durch Chriſtum einer groͤſſern Erleuchtung konnte theilhaftig werden, ſo konnte jenes Schat- tenwerk abgeſtellet und die Gemuͤther naͤ- her und mit wenigerem Umſchweife auf das Weſentliche des Gottesdienſtes gelei- tet werden. Jedoch mußte etwas aͤuſſer- liches bleiben, wodurch die Sinne zu Zei- ten geruͤhret, der Verſtand auf das Un- ſichtbahre gezogen und die Andacht er- wecket wird. Es mußte auch etwas ſeyn, wodurch wir unſere Achtung, Ehrerbie- tung und Dankbarkeit gegen Gott andern zu erkennen geben, und wodurch einer den
andern
*) Coloſſ. C. 2. v. 17. Hebr. C. 20. v. 1.
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ihrer Suͤnden, und daß ſelbige den Tod
und die Verſtoſſung von Gott nach ſich
zoͤgen, erhalten. Auf das erſtere fuͤh-
reten die Feſte und Dankopfer, und auf
das letztere die Suͤndopfer und die jaͤhr-
liche Verweiſung eines Bockes in die Wuͤ-
ſte. Zugleich aber waren dieſe heiligen
Gebraͤuche ſo eingerichtet, daß ſie das
Zukuͤnftige, ſo Gott durch Chriſtum ord-
nen wollte, abſchatteten, und die Gemuͤ-
ther in der Hoffnung auf denjenigen er-
hielten, von welchem dem Abraham die
Verheiſſung geſchehen, daß in ihm alle
Voͤlker geſegnet werden ſollten, und ſie
auf dieſe ſelige Zeit vorbereiteten *). Als
aber die Welt nach und nach in eine ſol-
che Verfaſſung gekommen, daß ſie durch
Chriſtum einer groͤſſern Erleuchtung konnte
theilhaftig werden, ſo konnte jenes Schat-
tenwerk abgeſtellet und die Gemuͤther naͤ-
her und mit wenigerem Umſchweife auf
das Weſentliche des Gottesdienſtes gelei-
tet werden. Jedoch mußte etwas aͤuſſer-
liches bleiben, wodurch die Sinne zu Zei-
ten geruͤhret, der Verſtand auf das Un-
ſichtbahre gezogen und die Andacht er-
wecket wird. Es mußte auch etwas ſeyn,
wodurch wir unſere Achtung, Ehrerbie-
tung und Dankbarkeit gegen Gott andern
zu erkennen geben, und wodurch einer den
andern
*) Coloſſ. C. 2. v. 17. Hebr. C. 20. v. 1.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/88>, abgerufen am 26.11.2024.
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