keine Untergottheiten geordnet, welche ei- nen Theil der Welt regierten? Moses hat derowegen auch keine philosophischen Grün- de gebrauchet, um die Einigkeit Gottes fest zu setzen, sondern es heisset bey ihm: Gott sprach*), und berufet sich dabey auf die Wunder, so das Volk gesehen. Mit diesem Gesetz, nur einen Gott zu erkennen und zu verehren, wird zugleich eingeschär- fet: Du solt den Herrn deinen Gott lieb haben von ganzem Herzen, von gan- zer Seele, von allem Vermögen,**) und hiermit wird auf das Wesentliche al- les wahren Gottesdienstes gedrungen. Mit diesem Geboth hat denn Gott ferner alle diejenigen Gesetze verbunden, welche in der Natur einer glücklichen Gesellschaft ge- gründet sind, und ohne deren Beobach- tung selbige nicht bestehen kann. Vor andern ist die Liebe des Nächsten sehr ein- geschärfet worden. Du sollst nicht rach- gierig seyn, noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volkes. Du sollst dei- nen Nächsten lieben wie dich selbst***). Jnsbesondere wurde ihnen mit dem größ- ten Nachdrucke anbefohlen, gegen die Armen, Wittwen, Wäisen und Fremd-
linge
*) 2 B. Mos. Cap. 20, v. 1. 5 B. Mos. C. 4. v. 32. 33.
**) 5 B. Mos. C. 6. v. 4. 5.
***) 3 B. Mos. C. 19. v. 18.
keine Untergottheiten geordnet, welche ei- nen Theil der Welt regierten? Moſes hat derowegen auch keine philoſophiſchen Gruͤn- de gebrauchet, um die Einigkeit Gottes feſt zu ſetzen, ſondern es heiſſet bey ihm: Gott ſprach*), und berufet ſich dabey auf die Wunder, ſo das Volk geſehen. Mit dieſem Geſetz, nur einen Gott zu erkennen und zu verehren, wird zugleich eingeſchaͤr- fet: Du ſolt den Herrn deinen Gott lieb haben von ganzem Herzen, von gan- zer Seele, von allem Vermoͤgen,**) und hiermit wird auf das Weſentliche al- les wahren Gottesdienſtes gedrungen. Mit dieſem Geboth hat denn Gott ferner alle diejenigen Geſetze verbunden, welche in der Natur einer gluͤcklichen Geſellſchaft ge- gruͤndet ſind, und ohne deren Beobach- tung ſelbige nicht beſtehen kann. Vor andern iſt die Liebe des Naͤchſten ſehr ein- geſchaͤrfet worden. Du ſollſt nicht rach- gierig ſeyn, noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volkes. Du ſollſt dei- nen Naͤchſten lieben wie dich ſelbſt***). Jnsbeſondere wurde ihnen mit dem groͤß- ten Nachdrucke anbefohlen, gegen die Armen, Wittwen, Waͤiſen und Fremd-
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*) 2 B. Moſ. Cap. 20, v. 1. 5 B. Moſ. C. 4. v. 32. 33.
**) 5 B. Moſ. C. 6. v. 4. 5.
***) 3 B. Moſ. C. 19. v. 18.
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[64/0084]
keine Untergottheiten geordnet, welche ei-
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derowegen auch keine philoſophiſchen Gruͤn-
de gebrauchet, um die Einigkeit Gottes
feſt zu ſetzen, ſondern es heiſſet bey ihm:
Gott ſprach *), und berufet ſich dabey auf
die Wunder, ſo das Volk geſehen. Mit
dieſem Geſetz, nur einen Gott zu erkennen
und zu verehren, wird zugleich eingeſchaͤr-
fet: Du ſolt den Herrn deinen Gott lieb
haben von ganzem Herzen, von gan-
zer Seele, von allem Vermoͤgen, **)
und hiermit wird auf das Weſentliche al-
les wahren Gottesdienſtes gedrungen. Mit
dieſem Geboth hat denn Gott ferner alle
diejenigen Geſetze verbunden, welche in der
Natur einer gluͤcklichen Geſellſchaft ge-
gruͤndet ſind, und ohne deren Beobach-
tung ſelbige nicht beſtehen kann. Vor
andern iſt die Liebe des Naͤchſten ſehr ein-
geſchaͤrfet worden. Du ſollſt nicht rach-
gierig ſeyn, noch Zorn halten gegen die
Kinder deines Volkes. Du ſollſt dei-
nen Naͤchſten lieben wie dich ſelbſt ***).
Jnsbeſondere wurde ihnen mit dem groͤß-
ten Nachdrucke anbefohlen, gegen die
Armen, Wittwen, Waͤiſen und Fremd-
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*) 2 B. Moſ. Cap. 20, v. 1. 5 B. Moſ. C. 4.
v. 32. 33.
**) 5 B. Moſ. C. 6. v. 4. 5.
***) 3 B. Moſ. C. 19. v. 18.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/84>, abgerufen am 26.11.2024.
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