sen wurde daher die bisherige Härte und das unbeschränkte Faustrecht unleidlich. Man fieng an, zärtlichere und feinere Vergnügen zu schmecken, welche bey einem beständigen Kriege nicht bestehen konnten. Man fieng an Gesetze und mildere Sitten zu wünschen. Dieses erweckte einige grosse Geister dergleichen zu suchen und andern einzuflössen. Es thaten sich Gesetzgeber und weise Leute hervor, welche den Verstand der Menschen baueten und sie mit vieler Mühe und Zeit an Gesetze und eine obrigkeitliche Gewalt gewöhneten. Das wilde Faustrecht nahm bey einigen Völkern etwas ab. Die- ses beförderte die innere Ruhe, und der Wachsthum der Staaten verminderte die äusserlichen Unruhen. Kriege und Zerstöh- rungen waren nicht mehr so allgemein, wie vorher. Mancher Ort genoß zu Zeiten ei- ne ziemlich lange Ruhe, und diese erlaubte denen Einwohnern auf etwas anderes, als auf den Gebrauch des Schwerdtes und der Pfeile zu gedenken. Künste und Wissen- schaften, welche ein wildes Gemüth und das Geräusch der Waffen fliehen, fanden sich da ein, wo sie eine sanfte Stille und nachdenkende Geister fanden. Aegypten, Chaldäa und Phönicien wurden durch sel- bige zuerst berühmt und sie verbreiteten sich nachher in Griechenland und in Jtalien. Die Welt bekam in diesen und einigen an- dern Gegenden eine ganz neue Gestalt.
Man
ſen wurde daher die bisherige Haͤrte und das unbeſchraͤnkte Fauſtrecht unleidlich. Man fieng an, zaͤrtlichere und feinere Vergnuͤgen zu ſchmecken, welche bey einem beſtaͤndigen Kriege nicht beſtehen konnten. Man fieng an Geſetze und mildere Sitten zu wuͤnſchen. Dieſes erweckte einige groſſe Geiſter dergleichen zu ſuchen und andern einzufloͤſſen. Es thaten ſich Geſetzgeber und weiſe Leute hervor, welche den Verſtand der Menſchen baueten und ſie mit vieler Muͤhe und Zeit an Geſetze und eine obrigkeitliche Gewalt gewoͤhneten. Das wilde Fauſtrecht nahm bey einigen Voͤlkern etwas ab. Die- ſes befoͤrderte die innere Ruhe, und der Wachsthum der Staaten verminderte die aͤuſſerlichen Unruhen. Kriege und Zerſtoͤh- rungen waren nicht mehr ſo allgemein, wie vorher. Mancher Ort genoß zu Zeiten ei- ne ziemlich lange Ruhe, und dieſe erlaubte denen Einwohnern auf etwas anderes, als auf den Gebrauch des Schwerdtes und der Pfeile zu gedenken. Kuͤnſte und Wiſſen- ſchaften, welche ein wildes Gemuͤth und das Geraͤuſch der Waffen fliehen, fanden ſich da ein, wo ſie eine ſanfte Stille und nachdenkende Geiſter fanden. Aegypten, Chaldaͤa und Phoͤnicien wurden durch ſel- bige zuerſt beruͤhmt und ſie verbreiteten ſich nachher in Griechenland und in Jtalien. Die Welt bekam in dieſen und einigen an- dern Gegenden eine ganz neue Geſtalt.
Man
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ſen wurde daher die bisherige Haͤrte und
das unbeſchraͤnkte Fauſtrecht unleidlich.
Man fieng an, zaͤrtlichere und feinere
Vergnuͤgen zu ſchmecken, welche bey einem
beſtaͤndigen Kriege nicht beſtehen konnten.
Man fieng an Geſetze und mildere Sitten
zu wuͤnſchen. Dieſes erweckte einige groſſe
Geiſter dergleichen zu ſuchen und andern
einzufloͤſſen. Es thaten ſich Geſetzgeber und
weiſe Leute hervor, welche den Verſtand der
Menſchen baueten und ſie mit vieler Muͤhe
und Zeit an Geſetze und eine obrigkeitliche
Gewalt gewoͤhneten. Das wilde Fauſtrecht
nahm bey einigen Voͤlkern etwas ab. Die-
ſes befoͤrderte die innere Ruhe, und der
Wachsthum der Staaten verminderte die
aͤuſſerlichen Unruhen. Kriege und Zerſtoͤh-
rungen waren nicht mehr ſo allgemein, wie
vorher. Mancher Ort genoß zu Zeiten ei-
ne ziemlich lange Ruhe, und dieſe erlaubte
denen Einwohnern auf etwas anderes, als
auf den Gebrauch des Schwerdtes und der
Pfeile zu gedenken. Kuͤnſte und Wiſſen-
ſchaften, welche ein wildes Gemuͤth und
das Geraͤuſch der Waffen fliehen, fanden
ſich da ein, wo ſie eine ſanfte Stille und
nachdenkende Geiſter fanden. Aegypten,
Chaldaͤa und Phoͤnicien wurden durch ſel-
bige zuerſt beruͤhmt und ſie verbreiteten ſich
nachher in Griechenland und in Jtalien.
Die Welt bekam in dieſen und einigen an-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/64>, abgerufen am 28.11.2024.
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