vorbringet, lebten. Nicht nur Moses, sondern auch die Ueberlieferungen der älte- sten Völker zeugen hiervon, und in Süd- und Nordamerica giebet es noch Völker, die wenige Gewächse durch einen Bau des Erdreichs ziehen, und vorzüglich von der Jagd, Fischerey und demjenigen leben, was die Erde ohne Bau hervorbringet.
Bey diesen Umständen war durch meh- rere Geschlechter hindurch unter dieser Arth Personen ein jeder Vater ein unumschränk- ter und freyer Herr. Die Furcht für den wilden Thieren, und der Wunsch bey dem Jagen Hülfe zu haben, wird zwar ver- anlasset haben, daß einige sich zu ein- ander gehalten; allein ein jeder begreifet gar leicht, daß keiner dem andern wird so- gleich Gesetze haben vorschreiben können. Ein jeder folgte daher fast ganz allein den natürlichen Trieben, und alle Unterweisung der Kinder hieng von den Vätern und Müttern ab. Ein jeder kann aus der Er- fahrung leicht lernen, wie weit Zucht und Unterweisung sich in solchen Familien er- strecket. Es wäre eine beständige Reihe von Wundern nöthig gewesen, wenn bey einer solchen Verfassung feinere äusserliche Sitten und eine hinlängliche Erkänntniß Gottes und eine erhabene Tugend unter dieser Arth Menschen hätte bleiben sollen, und würden doch diesen Zweck nicht errei- chet haben.
§. 13.
vorbringet, lebten. Nicht nur Moſes, ſondern auch die Ueberlieferungen der aͤlte- ſten Voͤlker zeugen hiervon, und in Suͤd- und Nordamerica giebet es noch Voͤlker, die wenige Gewaͤchſe durch einen Bau des Erdreichs ziehen, und vorzuͤglich von der Jagd, Fiſcherey und demjenigen leben, was die Erde ohne Bau hervorbringet.
Bey dieſen Umſtaͤnden war durch meh- rere Geſchlechter hindurch unter dieſer Arth Perſonen ein jeder Vater ein unumſchraͤnk- ter und freyer Herr. Die Furcht fuͤr den wilden Thieren, und der Wunſch bey dem Jagen Huͤlfe zu haben, wird zwar ver- anlaſſet haben, daß einige ſich zu ein- ander gehalten; allein ein jeder begreifet gar leicht, daß keiner dem andern wird ſo- gleich Geſetze haben vorſchreiben koͤnnen. Ein jeder folgte daher faſt ganz allein den natuͤrlichen Trieben, und alle Unterweiſung der Kinder hieng von den Vaͤtern und Muͤttern ab. Ein jeder kann aus der Er- fahrung leicht lernen, wie weit Zucht und Unterweiſung ſich in ſolchen Familien er- ſtrecket. Es waͤre eine beſtaͤndige Reihe von Wundern noͤthig geweſen, wenn bey einer ſolchen Verfaſſung feinere aͤuſſerliche Sitten und eine hinlaͤngliche Erkaͤnntniß Gottes und eine erhabene Tugend unter dieſer Arth Menſchen haͤtte bleiben ſollen, und wuͤrden doch dieſen Zweck nicht errei- chet haben.
§. 13.
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vorbringet, lebten. Nicht nur Moſes,
ſondern auch die Ueberlieferungen der aͤlte-
ſten Voͤlker zeugen hiervon, und in Suͤd-
und Nordamerica giebet es noch Voͤlker,
die wenige Gewaͤchſe durch einen Bau des
Erdreichs ziehen, und vorzuͤglich von der
Jagd, Fiſcherey und demjenigen leben,
was die Erde ohne Bau hervorbringet.
Bey dieſen Umſtaͤnden war durch meh-
rere Geſchlechter hindurch unter dieſer Arth
Perſonen ein jeder Vater ein unumſchraͤnk-
ter und freyer Herr. Die Furcht fuͤr den
wilden Thieren, und der Wunſch bey dem
Jagen Huͤlfe zu haben, wird zwar ver-
anlaſſet haben, daß einige ſich zu ein-
ander gehalten; allein ein jeder begreifet
gar leicht, daß keiner dem andern wird ſo-
gleich Geſetze haben vorſchreiben koͤnnen.
Ein jeder folgte daher faſt ganz allein den
natuͤrlichen Trieben, und alle Unterweiſung
der Kinder hieng von den Vaͤtern und
Muͤttern ab. Ein jeder kann aus der Er-
fahrung leicht lernen, wie weit Zucht und
Unterweiſung ſich in ſolchen Familien er-
ſtrecket. Es waͤre eine beſtaͤndige Reihe
von Wundern noͤthig geweſen, wenn bey
einer ſolchen Verfaſſung feinere aͤuſſerliche
Sitten und eine hinlaͤngliche Erkaͤnntniß
Gottes und eine erhabene Tugend unter
dieſer Arth Menſchen haͤtte bleiben ſollen,
und wuͤrden doch dieſen Zweck nicht errei-
chet haben.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/58>, abgerufen am 29.11.2024.
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