Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

heiliger und wahrhaftiger, wie lange
richtest du, und rächest nicht unser
Blut an denen, die auf Erden woh-
nen?
Aus der Antwort: daß sie noch
eine kleine Zeit ruhen sollten, bis vol-
lend hinzu kämen ihre Mitknechte und
Brüder, die auch sollten noch getödtet
werden gleich wie sie,
erhellet, daß sie
sich nach dem grossen Tage der Auferste-
hung und des Gerichtes gesehnet, und es
werden ihnen solche Gedanken und Worte
beygeleget, als man damals bey den be-
kümmerten Gläubigen fand. Durch die
Antwort und durch das weisse Kleid, so
jenen Seelen gegeben wird, wird den be-
bekümmerten Gliedern der streitenden Kir-
chen angezeiget, daß ihrer vor Gott nicht
vergessen werde, daß aber die Kirche noch
mehr blutige Zeugen erfordere, um dadurch
erst recht ausgebreitet zu werden, ehe das
Geheimniß Gottes könnte vollendet wer-
den. Sie hätten aber den angenehmen
Trost, daß die Seelen treuer Bekenner,
und aller derer, so in dem Herrn stürben,
gleich nach ihrem Abschiede in einen so seli-
gen Zustand kämen, darinne sie mit Ge-
lassenheit den herrlichen Tag der Auferste-
hung und ihrer völligen Vollendung zur
Seligkeit erwarten könnten, wenn derselbe
auch gleich noch nicht so nahe wäre. Sie
möchten sich also den Stolz der Feinde und
das Gelächter der Spötter nicht irre ma-

chen

heiliger und wahrhaftiger, wie lange
richteſt du, und raͤcheſt nicht unſer
Blut an denen, die auf Erden woh-
nen?
Aus der Antwort: daß ſie noch
eine kleine Zeit ruhen ſollten, bis vol-
lend hinzu kaͤmen ihre Mitknechte und
Bruͤder, die auch ſollten noch getoͤdtet
werden gleich wie ſie,
erhellet, daß ſie
ſich nach dem groſſen Tage der Auferſte-
hung und des Gerichtes geſehnet, und es
werden ihnen ſolche Gedanken und Worte
beygeleget, als man damals bey den be-
kuͤmmerten Glaͤubigen fand. Durch die
Antwort und durch das weiſſe Kleid, ſo
jenen Seelen gegeben wird, wird den be-
bekuͤmmerten Gliedern der ſtreitenden Kir-
chen angezeiget, daß ihrer vor Gott nicht
vergeſſen werde, daß aber die Kirche noch
mehr blutige Zeugen erfordere, um dadurch
erſt recht ausgebreitet zu werden, ehe das
Geheimniß Gottes koͤnnte vollendet wer-
den. Sie haͤtten aber den angenehmen
Troſt, daß die Seelen treuer Bekenner,
und aller derer, ſo in dem Herrn ſtuͤrben,
gleich nach ihrem Abſchiede in einen ſo ſeli-
gen Zuſtand kaͤmen, darinne ſie mit Ge-
laſſenheit den herrlichen Tag der Auferſte-
hung und ihrer voͤlligen Vollendung zur
Seligkeit erwarten koͤnnten, wenn derſelbe
auch gleich noch nicht ſo nahe waͤre. Sie
moͤchten ſich alſo den Stolz der Feinde und
das Gelaͤchter der Spoͤtter nicht irre ma-

chen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0430" n="410"/><hi rendition="#fr">heiliger und wahrhaftiger, wie lange<lb/>
richte&#x017F;t du, und ra&#x0364;che&#x017F;t nicht un&#x017F;er<lb/>
Blut an denen, die auf Erden woh-<lb/>
nen?</hi> Aus der Antwort: <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie noch<lb/>
eine kleine Zeit ruhen &#x017F;ollten, bis vol-<lb/>
lend hinzu ka&#x0364;men ihre Mitknechte und<lb/>
Bru&#x0364;der, die auch &#x017F;ollten noch geto&#x0364;dtet<lb/>
werden gleich wie &#x017F;ie,</hi> erhellet, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich nach dem gro&#x017F;&#x017F;en Tage der Aufer&#x017F;te-<lb/>
hung und des Gerichtes ge&#x017F;ehnet, und es<lb/>
werden ihnen &#x017F;olche Gedanken und Worte<lb/>
beygeleget, als man damals bey den be-<lb/>
ku&#x0364;mmerten Gla&#x0364;ubigen fand. Durch die<lb/>
Antwort und durch das wei&#x017F;&#x017F;e Kleid, &#x017F;o<lb/>
jenen Seelen gegeben wird, wird den be-<lb/>
beku&#x0364;mmerten Gliedern der &#x017F;treitenden Kir-<lb/>
chen angezeiget, daß ihrer vor Gott nicht<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en werde, daß aber die Kirche noch<lb/>
mehr blutige Zeugen erfordere, um dadurch<lb/>
er&#x017F;t recht ausgebreitet zu werden, ehe das<lb/>
Geheimniß Gottes ko&#x0364;nnte vollendet wer-<lb/>
den. Sie ha&#x0364;tten aber den angenehmen<lb/>
Tro&#x017F;t, daß die Seelen treuer Bekenner,<lb/>
und aller derer, &#x017F;o in dem Herrn &#x017F;tu&#x0364;rben,<lb/>
gleich nach ihrem Ab&#x017F;chiede in einen &#x017F;o &#x017F;eli-<lb/>
gen Zu&#x017F;tand ka&#x0364;men, darinne &#x017F;ie mit Ge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;enheit den herrlichen Tag der Aufer&#x017F;te-<lb/>
hung und ihrer vo&#x0364;lligen Vollendung zur<lb/>
Seligkeit erwarten ko&#x0364;nnten, wenn der&#x017F;elbe<lb/>
auch gleich noch nicht &#x017F;o nahe wa&#x0364;re. Sie<lb/>
mo&#x0364;chten &#x017F;ich al&#x017F;o den Stolz der Feinde und<lb/>
das Gela&#x0364;chter der Spo&#x0364;tter nicht irre ma-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[410/0430] heiliger und wahrhaftiger, wie lange richteſt du, und raͤcheſt nicht unſer Blut an denen, die auf Erden woh- nen? Aus der Antwort: daß ſie noch eine kleine Zeit ruhen ſollten, bis vol- lend hinzu kaͤmen ihre Mitknechte und Bruͤder, die auch ſollten noch getoͤdtet werden gleich wie ſie, erhellet, daß ſie ſich nach dem groſſen Tage der Auferſte- hung und des Gerichtes geſehnet, und es werden ihnen ſolche Gedanken und Worte beygeleget, als man damals bey den be- kuͤmmerten Glaͤubigen fand. Durch die Antwort und durch das weiſſe Kleid, ſo jenen Seelen gegeben wird, wird den be- bekuͤmmerten Gliedern der ſtreitenden Kir- chen angezeiget, daß ihrer vor Gott nicht vergeſſen werde, daß aber die Kirche noch mehr blutige Zeugen erfordere, um dadurch erſt recht ausgebreitet zu werden, ehe das Geheimniß Gottes koͤnnte vollendet wer- den. Sie haͤtten aber den angenehmen Troſt, daß die Seelen treuer Bekenner, und aller derer, ſo in dem Herrn ſtuͤrben, gleich nach ihrem Abſchiede in einen ſo ſeli- gen Zuſtand kaͤmen, darinne ſie mit Ge- laſſenheit den herrlichen Tag der Auferſte- hung und ihrer voͤlligen Vollendung zur Seligkeit erwarten koͤnnten, wenn derſelbe auch gleich noch nicht ſo nahe waͤre. Sie moͤchten ſich alſo den Stolz der Feinde und das Gelaͤchter der Spoͤtter nicht irre ma- chen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/430
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/430>, abgerufen am 25.11.2024.