Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie schon erwähnet, so hatten die Brü-
der und deren Frauen nach der Einrichtung
ihrer Nahrung und Erbrechtes eine gar zu
genaue Gemeinschaft und Umgang mit ein-
ander. Mit der Frauen Schwester hatte
es eine ganz andere Bewandniß. Selbi-
ge war insgemein in einer ganz andern Fa-
milie und Hause, und hatte nicht so vielen
Umgang mit ihrem Schwager, wenigstens
konnte ihn die Frau in den mehresten Fäl-
len verhindern, wenn sie wollte, indem sie
ihre Eltern und Verwandte bitten konnte,
ihrer Schwester nicht zu erlauben, einen
vertrauten Umgang mit ihrem Manne zu
haben. Daher erlaubte Gott zwar diese
Ehe; aber mit der weisesten und gütigsten
Einschränkung. Niemanden war erlaubt,
der Frauen Schwester zu heirathen, so
lange die Frau noch lebte, damit durch
eine solche Ehe die schwesterliche Liebe nicht
leiden, und am allerwenigsten die eine
Schwester um der andern willen einen
Scheidebrief erhalten möchte.

§. 20.
Warum die
Ehe mit ei-
ner Schwe-
ster verbo-
then?

Jn dem neunten Verse wird verbothen,
daß kein Bruder seine Schwester ehelichen
soll, sie mögen beyde von einerley Eltern,
oder nur Halbgeschwister seyn. Hier füh-
ret der Gesetzgeber keine Ursache an, viel-
leicht, weil sie nicht mit so wenigen Wor-
ten zu sagen war, als die Ursachen der

übri-

Wie ſchon erwaͤhnet, ſo hatten die Bruͤ-
der und deren Frauen nach der Einrichtung
ihrer Nahrung und Erbrechtes eine gar zu
genaue Gemeinſchaft und Umgang mit ein-
ander. Mit der Frauen Schweſter hatte
es eine ganz andere Bewandniß. Selbi-
ge war insgemein in einer ganz andern Fa-
milie und Hauſe, und hatte nicht ſo vielen
Umgang mit ihrem Schwager, wenigſtens
konnte ihn die Frau in den mehreſten Faͤl-
len verhindern, wenn ſie wollte, indem ſie
ihre Eltern und Verwandte bitten konnte,
ihrer Schweſter nicht zu erlauben, einen
vertrauten Umgang mit ihrem Manne zu
haben. Daher erlaubte Gott zwar dieſe
Ehe; aber mit der weiſeſten und guͤtigſten
Einſchraͤnkung. Niemanden war erlaubt,
der Frauen Schweſter zu heirathen, ſo
lange die Frau noch lebte, damit durch
eine ſolche Ehe die ſchweſterliche Liebe nicht
leiden, und am allerwenigſten die eine
Schweſter um der andern willen einen
Scheidebrief erhalten moͤchte.

§. 20.
Warum die
Ehe mit ei-
ner Schwe-
ſter verbo-
then?

Jn dem neunten Verſe wird verbothen,
daß kein Bruder ſeine Schweſter ehelichen
ſoll, ſie moͤgen beyde von einerley Eltern,
oder nur Halbgeſchwiſter ſeyn. Hier fuͤh-
ret der Geſetzgeber keine Urſache an, viel-
leicht, weil ſie nicht mit ſo wenigen Wor-
ten zu ſagen war, als die Urſachen der

uͤbri-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0396" n="376"/>
Wie &#x017F;chon erwa&#x0364;hnet, &#x017F;o hatten die Bru&#x0364;-<lb/>
der und deren Frauen nach der Einrichtung<lb/>
ihrer Nahrung und Erbrechtes eine gar zu<lb/>
genaue Gemein&#x017F;chaft und Umgang mit ein-<lb/>
ander. Mit der Frauen Schwe&#x017F;ter hatte<lb/>
es eine ganz andere Bewandniß. Selbi-<lb/>
ge war insgemein in einer ganz andern Fa-<lb/>
milie und Hau&#x017F;e, und hatte nicht &#x017F;o vielen<lb/>
Umgang mit ihrem Schwager, wenig&#x017F;tens<lb/>
konnte ihn die Frau in den mehre&#x017F;ten Fa&#x0364;l-<lb/>
len verhindern, wenn &#x017F;ie wollte, indem &#x017F;ie<lb/>
ihre Eltern und Verwandte bitten konnte,<lb/>
ihrer Schwe&#x017F;ter nicht zu erlauben, einen<lb/>
vertrauten Umgang mit ihrem Manne zu<lb/>
haben. Daher erlaubte Gott zwar die&#x017F;e<lb/>
Ehe; aber mit der wei&#x017F;e&#x017F;ten und gu&#x0364;tig&#x017F;ten<lb/>
Ein&#x017F;chra&#x0364;nkung. Niemanden war erlaubt,<lb/>
der Frauen Schwe&#x017F;ter zu heirathen, &#x017F;o<lb/>
lange die Frau noch lebte, damit durch<lb/>
eine &#x017F;olche Ehe die &#x017F;chwe&#x017F;terliche Liebe nicht<lb/>
leiden, und am allerwenig&#x017F;ten die eine<lb/>
Schwe&#x017F;ter um der andern willen einen<lb/>
Scheidebrief erhalten mo&#x0364;chte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 20.</head><lb/>
          <note place="left">Warum die<lb/>
Ehe mit ei-<lb/>
ner Schwe-<lb/>
&#x017F;ter verbo-<lb/>
then?</note>
          <p>Jn dem neunten Ver&#x017F;e wird verbothen,<lb/>
daß kein Bruder &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter ehelichen<lb/>
&#x017F;oll, &#x017F;ie mo&#x0364;gen beyde von einerley Eltern,<lb/>
oder nur Halbge&#x017F;chwi&#x017F;ter &#x017F;eyn. Hier fu&#x0364;h-<lb/>
ret der Ge&#x017F;etzgeber keine Ur&#x017F;ache an, viel-<lb/>
leicht, weil &#x017F;ie nicht mit &#x017F;o wenigen Wor-<lb/>
ten zu &#x017F;agen war, als die Ur&#x017F;achen der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;bri-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0396] Wie ſchon erwaͤhnet, ſo hatten die Bruͤ- der und deren Frauen nach der Einrichtung ihrer Nahrung und Erbrechtes eine gar zu genaue Gemeinſchaft und Umgang mit ein- ander. Mit der Frauen Schweſter hatte es eine ganz andere Bewandniß. Selbi- ge war insgemein in einer ganz andern Fa- milie und Hauſe, und hatte nicht ſo vielen Umgang mit ihrem Schwager, wenigſtens konnte ihn die Frau in den mehreſten Faͤl- len verhindern, wenn ſie wollte, indem ſie ihre Eltern und Verwandte bitten konnte, ihrer Schweſter nicht zu erlauben, einen vertrauten Umgang mit ihrem Manne zu haben. Daher erlaubte Gott zwar dieſe Ehe; aber mit der weiſeſten und guͤtigſten Einſchraͤnkung. Niemanden war erlaubt, der Frauen Schweſter zu heirathen, ſo lange die Frau noch lebte, damit durch eine ſolche Ehe die ſchweſterliche Liebe nicht leiden, und am allerwenigſten die eine Schweſter um der andern willen einen Scheidebrief erhalten moͤchte. §. 20. Jn dem neunten Verſe wird verbothen, daß kein Bruder ſeine Schweſter ehelichen ſoll, ſie moͤgen beyde von einerley Eltern, oder nur Halbgeſchwiſter ſeyn. Hier fuͤh- ret der Geſetzgeber keine Urſache an, viel- leicht, weil ſie nicht mit ſo wenigen Wor- ten zu ſagen war, als die Urſachen der uͤbri-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/396
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/396>, abgerufen am 22.12.2024.