nen alten und niedrigen Vater ganz vor- trefflich, wodurch er seinen Namen wol so verehrungswürdig gemacht, als durch sei- ne Heldenthaten. Er hatte einmal eine grosse Gesellschaft der vornehmsten Genera- le zum Essen, als sein alter Vater sich melden ließ. Er bat sich so fort die Er- laubniß bey seinen hohen Gästen aus, sie verlassen zu dürfen, um seinem Vater die kindliche Achtung zu beweisen, stand auf, und speisete mit seinem Vater in einem be- sondern Zimmer. Es ist dieses ein neuer- liches Exempel, da der General St. Amour erst den 15. May 1734. verstorben. Ein Jacob mußte sich zwar den Landesgesetzen unterwerfen. Gesetzt aber, er hätte sich gegen selbige auflehnen wollen, so würde ein Joseph gesuchet haben, solches zu ver- hindern, denn dieses kann ein jeder Sohn thun, indem solches dem Vater zum Be- sten geschiehet, und man überdem dem Vaterlande mehr verpflichtet ist, als dem Vater. Wenn aber Jacob ja etwas be- gangen, welches einer Strafe werth ge- wesen, so würde ein Joseph nimmer selber das Urtheil über ihn gesprochen, und noch vielweniger die Vollziehung desselben über- nommen haben. Er bewies sich immer, als den ehrerbietigsten Sohn, auch als- denn, wenn Jacob anders handelte, als er wünschte. 1 B. Mos. C. 48. v. 17. 18. 19. Joseph war Herr über Jacob, aber er
zeigte
nen alten und niedrigen Vater ganz vor- trefflich, wodurch er ſeinen Namen wol ſo verehrungswuͤrdig gemacht, als durch ſei- ne Heldenthaten. Er hatte einmal eine groſſe Geſellſchaft der vornehmſten Genera- le zum Eſſen, als ſein alter Vater ſich melden ließ. Er bat ſich ſo fort die Er- laubniß bey ſeinen hohen Gaͤſten aus, ſie verlaſſen zu duͤrfen, um ſeinem Vater die kindliche Achtung zu beweiſen, ſtand auf, und ſpeiſete mit ſeinem Vater in einem be- ſondern Zimmer. Es iſt dieſes ein neuer- liches Exempel, da der General St. Amour erſt den 15. May 1734. verſtorben. Ein Jacob mußte ſich zwar den Landesgeſetzen unterwerfen. Geſetzt aber, er haͤtte ſich gegen ſelbige auflehnen wollen, ſo wuͤrde ein Joſeph geſuchet haben, ſolches zu ver- hindern, denn dieſes kann ein jeder Sohn thun, indem ſolches dem Vater zum Be- ſten geſchiehet, und man uͤberdem dem Vaterlande mehr verpflichtet iſt, als dem Vater. Wenn aber Jacob ja etwas be- gangen, welches einer Strafe werth ge- weſen, ſo wuͤrde ein Joſeph nimmer ſelber das Urtheil uͤber ihn geſprochen, und noch vielweniger die Vollziehung deſſelben uͤber- nommen haben. Er bewies ſich immer, als den ehrerbietigſten Sohn, auch als- denn, wenn Jacob anders handelte, als er wuͤnſchte. 1 B. Moſ. C. 48. v. 17. 18. 19. Joſeph war Herr uͤber Jacob, aber er
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nen alten und niedrigen Vater ganz vor-
trefflich, wodurch er ſeinen Namen wol ſo
verehrungswuͤrdig gemacht, als durch ſei-
ne Heldenthaten. Er hatte einmal eine
groſſe Geſellſchaft der vornehmſten Genera-
le zum Eſſen, als ſein alter Vater ſich
melden ließ. Er bat ſich ſo fort die Er-
laubniß bey ſeinen hohen Gaͤſten aus, ſie
verlaſſen zu duͤrfen, um ſeinem Vater die
kindliche Achtung zu beweiſen, ſtand auf,
und ſpeiſete mit ſeinem Vater in einem be-
ſondern Zimmer. Es iſt dieſes ein neuer-
liches Exempel, da der General St. Amour
erſt den 15. May 1734. verſtorben. Ein
Jacob mußte ſich zwar den Landesgeſetzen
unterwerfen. Geſetzt aber, er haͤtte ſich
gegen ſelbige auflehnen wollen, ſo wuͤrde
ein Joſeph geſuchet haben, ſolches zu ver-
hindern, denn dieſes kann ein jeder Sohn
thun, indem ſolches dem Vater zum Be-
ſten geſchiehet, und man uͤberdem dem
Vaterlande mehr verpflichtet iſt, als dem
Vater. Wenn aber Jacob ja etwas be-
gangen, welches einer Strafe werth ge-
weſen, ſo wuͤrde ein Joſeph nimmer ſelber
das Urtheil uͤber ihn geſprochen, und noch
vielweniger die Vollziehung deſſelben uͤber-
nommen haben. Er bewies ſich immer,
als den ehrerbietigſten Sohn, auch als-
denn, wenn Jacob anders handelte, als
er wuͤnſchte. 1 B. Moſ. C. 48. v. 17. 18. 19.
Joſeph war Herr uͤber Jacob, aber er
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/384>, abgerufen am 25.11.2024.
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