Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Fleische, davon Heiden denen Gö-
tzen einen Theil geopfert hatten, und die
Enthaltung vom Blute und Erstickten nicht
weiter gehen sollte, als wenn solches Essen
einem schwachen Bruder zum Anstoß ge-
reichete *). Wenn nun die Apostel die
Hurerey neben solche Dinge gesetzet hätten,
deren man sich nur bey schwachen Brüdern
enthalten sollte; würde solches der Absicht
der Apostel gemäß gewesen seyn, und den
Christen wider dieses Laster einen besondern
Eindruck gegeben haben? Wie leicht hätte
nicht jemand dieses Laster zu denen Dingen
zählen können, die man nur in Gegenwart
schwacher Christen meiden müßte? Dieses
aber hält mich ab, hier unter dem Worte,
so durch Hurerey übersetzet ist, eine Unrei-
nigkeit zu suchen, die wider das allgemei-
ne Sittengesetz ist, sondern ich finde mich
bey Erwägung dieser Umstände recht ge-
zwungen zu glauben, daß hier von einer
Unreinigkeit die Rede sey, welche nur mit
dem bürgerlichen und Ceremoniengesetz der
Juden streitet **). Was aber für eine

Unrei-
*) Röm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8.
C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.
**) Der berühmte Herr Hofrath Michaelis
zu Göttingen, ist durch eben diese Gründe
bewogen worden, unter dem Worte porneia
etwas anderes als Hurerey zu suchen, und
muthmasset, daß darunter ein Hurenlohn
verstanden werde, welches entweder im
Gelde
X 4

von dem Fleiſche, davon Heiden denen Goͤ-
tzen einen Theil geopfert hatten, und die
Enthaltung vom Blute und Erſtickten nicht
weiter gehen ſollte, als wenn ſolches Eſſen
einem ſchwachen Bruder zum Anſtoß ge-
reichete *). Wenn nun die Apoſtel die
Hurerey neben ſolche Dinge geſetzet haͤtten,
deren man ſich nur bey ſchwachen Bruͤdern
enthalten ſollte; wuͤrde ſolches der Abſicht
der Apoſtel gemaͤß geweſen ſeyn, und den
Chriſten wider dieſes Laſter einen beſondern
Eindruck gegeben haben? Wie leicht haͤtte
nicht jemand dieſes Laſter zu denen Dingen
zaͤhlen koͤnnen, die man nur in Gegenwart
ſchwacher Chriſten meiden muͤßte? Dieſes
aber haͤlt mich ab, hier unter dem Worte,
ſo durch Hurerey uͤberſetzet iſt, eine Unrei-
nigkeit zu ſuchen, die wider das allgemei-
ne Sittengeſetz iſt, ſondern ich finde mich
bey Erwaͤgung dieſer Umſtaͤnde recht ge-
zwungen zu glauben, daß hier von einer
Unreinigkeit die Rede ſey, welche nur mit
dem buͤrgerlichen und Ceremoniengeſetz der
Juden ſtreitet **). Was aber fuͤr eine

Unrei-
*) Roͤm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8.
C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.
**) Der beruͤhmte Herr Hofrath Michaelis
zu Goͤttingen, iſt durch eben dieſe Gruͤnde
bewogen worden, unter dem Worte πορνεία
etwas anderes als Hurerey zu ſuchen, und
muthmaſſet, daß darunter ein Hurenlohn
verſtanden werde, welches entweder im
Gelde
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0347" n="327"/>
von dem Flei&#x017F;che, davon Heiden denen Go&#x0364;-<lb/>
tzen einen Theil geopfert hatten, und die<lb/>
Enthaltung vom Blute und Er&#x017F;tickten nicht<lb/>
weiter gehen &#x017F;ollte, als wenn &#x017F;olches E&#x017F;&#x017F;en<lb/>
einem &#x017F;chwachen Bruder zum An&#x017F;toß ge-<lb/>
reichete <note place="foot" n="*)">Ro&#x0364;m. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8.<lb/>
C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.</note>. Wenn nun die Apo&#x017F;tel die<lb/>
Hurerey neben &#x017F;olche Dinge ge&#x017F;etzet ha&#x0364;tten,<lb/>
deren man &#x017F;ich nur bey &#x017F;chwachen Bru&#x0364;dern<lb/>
enthalten &#x017F;ollte; wu&#x0364;rde &#x017F;olches der Ab&#x017F;icht<lb/>
der Apo&#x017F;tel gema&#x0364;ß gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, und den<lb/>
Chri&#x017F;ten wider die&#x017F;es La&#x017F;ter einen be&#x017F;ondern<lb/>
Eindruck gegeben haben? Wie leicht ha&#x0364;tte<lb/>
nicht jemand die&#x017F;es La&#x017F;ter zu denen Dingen<lb/>
za&#x0364;hlen ko&#x0364;nnen, die man nur in Gegenwart<lb/>
&#x017F;chwacher Chri&#x017F;ten meiden mu&#x0364;ßte? Die&#x017F;es<lb/>
aber ha&#x0364;lt mich ab, hier unter dem Worte,<lb/>
&#x017F;o durch Hurerey u&#x0364;ber&#x017F;etzet i&#x017F;t, eine Unrei-<lb/>
nigkeit zu &#x017F;uchen, die wider das allgemei-<lb/>
ne Sittenge&#x017F;etz i&#x017F;t, &#x017F;ondern ich finde mich<lb/>
bey Erwa&#x0364;gung die&#x017F;er Um&#x017F;ta&#x0364;nde recht ge-<lb/>
zwungen zu glauben, daß hier von einer<lb/>
Unreinigkeit die Rede &#x017F;ey, welche nur mit<lb/>
dem bu&#x0364;rgerlichen und Ceremonienge&#x017F;etz der<lb/>
Juden &#x017F;treitet <note xml:id="a44" next="#a45" place="foot" n="**)">Der beru&#x0364;hmte Herr Hofrath <hi rendition="#fr">Michaelis</hi><lb/>
zu Go&#x0364;ttingen, i&#x017F;t durch eben die&#x017F;e Gru&#x0364;nde<lb/>
bewogen worden, unter dem Worte &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;<lb/>
etwas anderes als Hurerey zu &#x017F;uchen, und<lb/>
muthma&#x017F;&#x017F;et, daß darunter ein Hurenlohn<lb/>
ver&#x017F;tanden werde, welches entweder im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gelde</fw></note>. Was aber fu&#x0364;r eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Unrei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0347] von dem Fleiſche, davon Heiden denen Goͤ- tzen einen Theil geopfert hatten, und die Enthaltung vom Blute und Erſtickten nicht weiter gehen ſollte, als wenn ſolches Eſſen einem ſchwachen Bruder zum Anſtoß ge- reichete *). Wenn nun die Apoſtel die Hurerey neben ſolche Dinge geſetzet haͤtten, deren man ſich nur bey ſchwachen Bruͤdern enthalten ſollte; wuͤrde ſolches der Abſicht der Apoſtel gemaͤß geweſen ſeyn, und den Chriſten wider dieſes Laſter einen beſondern Eindruck gegeben haben? Wie leicht haͤtte nicht jemand dieſes Laſter zu denen Dingen zaͤhlen koͤnnen, die man nur in Gegenwart ſchwacher Chriſten meiden muͤßte? Dieſes aber haͤlt mich ab, hier unter dem Worte, ſo durch Hurerey uͤberſetzet iſt, eine Unrei- nigkeit zu ſuchen, die wider das allgemei- ne Sittengeſetz iſt, ſondern ich finde mich bey Erwaͤgung dieſer Umſtaͤnde recht ge- zwungen zu glauben, daß hier von einer Unreinigkeit die Rede ſey, welche nur mit dem buͤrgerlichen und Ceremoniengeſetz der Juden ſtreitet **). Was aber fuͤr eine Unrei- *) Roͤm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8. C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16. **) Der beruͤhmte Herr Hofrath Michaelis zu Goͤttingen, iſt durch eben dieſe Gruͤnde bewogen worden, unter dem Worte πορνεία etwas anderes als Hurerey zu ſuchen, und muthmaſſet, daß darunter ein Hurenlohn verſtanden werde, welches entweder im Gelde X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/347
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/347>, abgerufen am 16.07.2024.