von dem Fleische, davon Heiden denen Gö- tzen einen Theil geopfert hatten, und die Enthaltung vom Blute und Erstickten nicht weiter gehen sollte, als wenn solches Essen einem schwachen Bruder zum Anstoß ge- reichete *). Wenn nun die Apostel die Hurerey neben solche Dinge gesetzet hätten, deren man sich nur bey schwachen Brüdern enthalten sollte; würde solches der Absicht der Apostel gemäß gewesen seyn, und den Christen wider dieses Laster einen besondern Eindruck gegeben haben? Wie leicht hätte nicht jemand dieses Laster zu denen Dingen zählen können, die man nur in Gegenwart schwacher Christen meiden müßte? Dieses aber hält mich ab, hier unter dem Worte, so durch Hurerey übersetzet ist, eine Unrei- nigkeit zu suchen, die wider das allgemei- ne Sittengesetz ist, sondern ich finde mich bey Erwägung dieser Umstände recht ge- zwungen zu glauben, daß hier von einer Unreinigkeit die Rede sey, welche nur mit dem bürgerlichen und Ceremoniengesetz der Juden streitet **). Was aber für eine
Unrei-
*) Röm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8. C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.
**) Der berühmte Herr Hofrath Michaelis zu Göttingen, ist durch eben diese Gründe bewogen worden, unter dem Worte porneia etwas anderes als Hurerey zu suchen, und muthmasset, daß darunter ein Hurenlohn verstanden werde, welches entweder im
Gelde
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von dem Fleiſche, davon Heiden denen Goͤ- tzen einen Theil geopfert hatten, und die Enthaltung vom Blute und Erſtickten nicht weiter gehen ſollte, als wenn ſolches Eſſen einem ſchwachen Bruder zum Anſtoß ge- reichete *). Wenn nun die Apoſtel die Hurerey neben ſolche Dinge geſetzet haͤtten, deren man ſich nur bey ſchwachen Bruͤdern enthalten ſollte; wuͤrde ſolches der Abſicht der Apoſtel gemaͤß geweſen ſeyn, und den Chriſten wider dieſes Laſter einen beſondern Eindruck gegeben haben? Wie leicht haͤtte nicht jemand dieſes Laſter zu denen Dingen zaͤhlen koͤnnen, die man nur in Gegenwart ſchwacher Chriſten meiden muͤßte? Dieſes aber haͤlt mich ab, hier unter dem Worte, ſo durch Hurerey uͤberſetzet iſt, eine Unrei- nigkeit zu ſuchen, die wider das allgemei- ne Sittengeſetz iſt, ſondern ich finde mich bey Erwaͤgung dieſer Umſtaͤnde recht ge- zwungen zu glauben, daß hier von einer Unreinigkeit die Rede ſey, welche nur mit dem buͤrgerlichen und Ceremoniengeſetz der Juden ſtreitet **). Was aber fuͤr eine
Unrei-
*) Roͤm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8. C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.
**) Der beruͤhmte Herr Hofrath Michaelis zu Goͤttingen, iſt durch eben dieſe Gruͤnde bewogen worden, unter dem Worte πορνεία etwas anderes als Hurerey zu ſuchen, und muthmaſſet, daß darunter ein Hurenlohn verſtanden werde, welches entweder im
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von dem Fleiſche, davon Heiden denen Goͤ-
tzen einen Theil geopfert hatten, und die
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weiter gehen ſollte, als wenn ſolches Eſſen
einem ſchwachen Bruder zum Anſtoß ge-
reichete *). Wenn nun die Apoſtel die
Hurerey neben ſolche Dinge geſetzet haͤtten,
deren man ſich nur bey ſchwachen Bruͤdern
enthalten ſollte; wuͤrde ſolches der Abſicht
der Apoſtel gemaͤß geweſen ſeyn, und den
Chriſten wider dieſes Laſter einen beſondern
Eindruck gegeben haben? Wie leicht haͤtte
nicht jemand dieſes Laſter zu denen Dingen
zaͤhlen koͤnnen, die man nur in Gegenwart
ſchwacher Chriſten meiden muͤßte? Dieſes
aber haͤlt mich ab, hier unter dem Worte,
ſo durch Hurerey uͤberſetzet iſt, eine Unrei-
nigkeit zu ſuchen, die wider das allgemei-
ne Sittengeſetz iſt, ſondern ich finde mich
bey Erwaͤgung dieſer Umſtaͤnde recht ge-
zwungen zu glauben, daß hier von einer
Unreinigkeit die Rede ſey, welche nur mit
dem buͤrgerlichen und Ceremoniengeſetz der
Juden ſtreitet **). Was aber fuͤr eine
Unrei-
*) Roͤm. C. 14. v. 1-4. 14-23. 1 Cor. C. 8.
C. 10. v. 25-31. Col. C. 2. v. 16.
**) Der beruͤhmte Herr Hofrath Michaelis
zu Goͤttingen, iſt durch eben dieſe Gruͤnde
bewogen worden, unter dem Worte πορνεία
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/347>, abgerufen am 16.07.2024.
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