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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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liebte Hausgenossen in seinen Diensten und
Arbeiten hat. Man wird derselben gar
bald müde. Denn die Gedanken solcher
Leute sind immer da, wo ihr Herz hinhan-
get. Jn einer ordentlichen Ehe aber wird
die Heftigkeit einer rasenden Liebe gar bald
gebrochen. Erlaubte Wasser sind nicht so
süß, als die Verstohlnen *). Die betäu-
benden Reizungen, die bey Unzüchtigen
beständig mit allem Fleiß unterhalten wer-
den, fallen in der Ehe bald weg. Es
treten die Sorgen für die Erziehung und
das künftige Glück der Kinder ein. Bald
ist der Ehegatte, bald ein Kind krank und
schläget den unbändigen Muth nieder.
Die Frau verlieret nach einigen Wochen-
betten ihre Schönheit. Die Reizungen,
welche so leicht unsinnig machen, hören
auf, und aus einer unbändigen wollüsti-
gen Liebe wird eine Freundschaft, und je-
ner wilde Trieb wird gedämpfet, indem
die Sorge und die Arbeit unsere Kinder zu
ernähren und glücklich zu machen uns be-
schäftiget. Diejenigen aber, welche aus-
ser einer ordentlichen Ehe den Wollüsten
nachhangen, unterhalten einander bestän-
dig in den heftigsten Leidenschaften. Die
unzüchtigen Frauenspersonen sind genöthi-
get, die Mannspersonen durch beständig
aufgebrachte Leidenschaften auf eine Zeit-

lang
*) Sprüchw. C. 9. v. 17.
S 4

liebte Hausgenoſſen in ſeinen Dienſten und
Arbeiten hat. Man wird derſelben gar
bald muͤde. Denn die Gedanken ſolcher
Leute ſind immer da, wo ihr Herz hinhan-
get. Jn einer ordentlichen Ehe aber wird
die Heftigkeit einer raſenden Liebe gar bald
gebrochen. Erlaubte Waſſer ſind nicht ſo
ſuͤß, als die Verſtohlnen *). Die betaͤu-
benden Reizungen, die bey Unzuͤchtigen
beſtaͤndig mit allem Fleiß unterhalten wer-
den, fallen in der Ehe bald weg. Es
treten die Sorgen fuͤr die Erziehung und
das kuͤnftige Gluͤck der Kinder ein. Bald
iſt der Ehegatte, bald ein Kind krank und
ſchlaͤget den unbaͤndigen Muth nieder.
Die Frau verlieret nach einigen Wochen-
betten ihre Schoͤnheit. Die Reizungen,
welche ſo leicht unſinnig machen, hoͤren
auf, und aus einer unbaͤndigen wolluͤſti-
gen Liebe wird eine Freundſchaft, und je-
ner wilde Trieb wird gedaͤmpfet, indem
die Sorge und die Arbeit unſere Kinder zu
ernaͤhren und gluͤcklich zu machen uns be-
ſchaͤftiget. Diejenigen aber, welche auſ-
ſer einer ordentlichen Ehe den Wolluͤſten
nachhangen, unterhalten einander beſtaͤn-
dig in den heftigſten Leidenſchaften. Die
unzuͤchtigen Frauensperſonen ſind genoͤthi-
get, die Mannsperſonen durch beſtaͤndig
aufgebrachte Leidenſchaften auf eine Zeit-

lang
*) Spruͤchw. C. 9. v. 17.
S 4
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[279/0299] liebte Hausgenoſſen in ſeinen Dienſten und Arbeiten hat. Man wird derſelben gar bald muͤde. Denn die Gedanken ſolcher Leute ſind immer da, wo ihr Herz hinhan- get. Jn einer ordentlichen Ehe aber wird die Heftigkeit einer raſenden Liebe gar bald gebrochen. Erlaubte Waſſer ſind nicht ſo ſuͤß, als die Verſtohlnen *). Die betaͤu- benden Reizungen, die bey Unzuͤchtigen beſtaͤndig mit allem Fleiß unterhalten wer- den, fallen in der Ehe bald weg. Es treten die Sorgen fuͤr die Erziehung und das kuͤnftige Gluͤck der Kinder ein. Bald iſt der Ehegatte, bald ein Kind krank und ſchlaͤget den unbaͤndigen Muth nieder. Die Frau verlieret nach einigen Wochen- betten ihre Schoͤnheit. Die Reizungen, welche ſo leicht unſinnig machen, hoͤren auf, und aus einer unbaͤndigen wolluͤſti- gen Liebe wird eine Freundſchaft, und je- ner wilde Trieb wird gedaͤmpfet, indem die Sorge und die Arbeit unſere Kinder zu ernaͤhren und gluͤcklich zu machen uns be- ſchaͤftiget. Diejenigen aber, welche auſ- ſer einer ordentlichen Ehe den Wolluͤſten nachhangen, unterhalten einander beſtaͤn- dig in den heftigſten Leidenſchaften. Die unzuͤchtigen Frauensperſonen ſind genoͤthi- get, die Mannsperſonen durch beſtaͤndig aufgebrachte Leidenſchaften auf eine Zeit- lang *) Spruͤchw. C. 9. v. 17. S 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/299>, abgerufen am 22.11.2024.