Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

haben, daß sich ein Ehegatte von dem an-
dern wegen des Unglaubens scheiden soll,
1 Cor. Cap. 7. v. 12. 13. Da nun aber
Paulus nichts lehret, was die Lehre Chri-
sti aufheben könnte, so erhellet daraus,
daß Christus dasjenige Wort, so im obi-
gen Spruche durch Hurerey übersetzt ist,
in engern Verstande genommen, und dar-
unter bloß Unzucht verstanden haben.

§. 5.
Mehrere
Ausnah-
men.

Obige Ausnahmen von dem göttlichen
Gesetz, daß sich ein Ehegatte von dem an-
dern nicht scheiden soll, ist zu unterscheiden
von denen Fällen, welche an und vor sich
die Ehe aufheben, und den einen Ehegat-
ten von dem andern völlig frey machen.
Vorhin war die Frage: kann ein Ehegat-
te dem andern die Ehe aufkündigen? Und
da war die Antwort, nein, ausser in dem
Falle, so ein Ehegatte dem andern durch
Ehebruch untreu worden. Jetzo aber wol-
len wir diese Frage untersuchen, ob keine
Fälle möglich, welche die Ehe an und vor
sich aufheben, und den andern Ehegatten
von der ehelichen Verbindung losmachen,
weil alle Absichten der Ehe unmöglich wor-
den. Bey dem Ehebruche des einen Ehe-
gatten, wird die Ehe-nicht solchergestalt
aufgehoben, daß ihre fernere Fortdaurung
unmöglich wäre, und daher beruhet es in
des andern Ehegatten Willen, ob er einem

untreuen

haben, daß ſich ein Ehegatte von dem an-
dern wegen des Unglaubens ſcheiden ſoll,
1 Cor. Cap. 7. v. 12. 13. Da nun aber
Paulus nichts lehret, was die Lehre Chri-
ſti aufheben koͤnnte, ſo erhellet daraus,
daß Chriſtus dasjenige Wort, ſo im obi-
gen Spruche durch Hurerey uͤberſetzt iſt,
in engern Verſtande genommen, und dar-
unter bloß Unzucht verſtanden haben.

§. 5.
Mehrere
Ausnah-
men.

Obige Ausnahmen von dem goͤttlichen
Geſetz, daß ſich ein Ehegatte von dem an-
dern nicht ſcheiden ſoll, iſt zu unterſcheiden
von denen Faͤllen, welche an und vor ſich
die Ehe aufheben, und den einen Ehegat-
ten von dem andern voͤllig frey machen.
Vorhin war die Frage: kann ein Ehegat-
te dem andern die Ehe aufkuͤndigen? Und
da war die Antwort, nein, auſſer in dem
Falle, ſo ein Ehegatte dem andern durch
Ehebruch untreu worden. Jetzo aber wol-
len wir dieſe Frage unterſuchen, ob keine
Faͤlle moͤglich, welche die Ehe an und vor
ſich aufheben, und den andern Ehegatten
von der ehelichen Verbindung losmachen,
weil alle Abſichten der Ehe unmoͤglich wor-
den. Bey dem Ehebruche des einen Ehe-
gatten, wird die Ehe-nicht ſolchergeſtalt
aufgehoben, daß ihre fernere Fortdaurung
unmoͤglich waͤre, und daher beruhet es in
des andern Ehegatten Willen, ob er einem

untreuen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="256"/>
haben, daß &#x017F;ich ein Ehegatte von dem an-<lb/>
dern wegen des Unglaubens &#x017F;cheiden &#x017F;oll,<lb/>
1 Cor. Cap. 7. v. 12. 13. Da nun aber<lb/>
Paulus nichts lehret, was die Lehre Chri-<lb/>
&#x017F;ti aufheben ko&#x0364;nnte, &#x017F;o erhellet daraus,<lb/>
daß Chri&#x017F;tus dasjenige Wort, &#x017F;o im obi-<lb/>
gen Spruche durch Hurerey u&#x0364;ber&#x017F;etzt i&#x017F;t,<lb/>
in engern Ver&#x017F;tande genommen, und dar-<lb/>
unter bloß Unzucht ver&#x017F;tanden haben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 5.</head><lb/>
          <note place="left">Mehrere<lb/>
Ausnah-<lb/>
men.</note>
          <p>Obige Ausnahmen von dem go&#x0364;ttlichen<lb/>
Ge&#x017F;etz, daß &#x017F;ich ein Ehegatte von dem an-<lb/>
dern nicht &#x017F;cheiden &#x017F;oll, i&#x017F;t zu unter&#x017F;cheiden<lb/>
von denen Fa&#x0364;llen, welche an und vor &#x017F;ich<lb/>
die Ehe aufheben, und den einen Ehegat-<lb/>
ten von dem andern vo&#x0364;llig frey machen.<lb/>
Vorhin war die Frage: kann ein Ehegat-<lb/>
te dem andern die Ehe aufku&#x0364;ndigen? Und<lb/>
da war die Antwort, nein, au&#x017F;&#x017F;er in dem<lb/>
Falle, &#x017F;o ein Ehegatte dem andern durch<lb/>
Ehebruch untreu worden. Jetzo aber wol-<lb/>
len wir die&#x017F;e Frage unter&#x017F;uchen, ob keine<lb/>
Fa&#x0364;lle mo&#x0364;glich, welche die Ehe an und vor<lb/>
&#x017F;ich aufheben, und den andern Ehegatten<lb/>
von der ehelichen Verbindung losmachen,<lb/>
weil alle Ab&#x017F;ichten der Ehe unmo&#x0364;glich wor-<lb/>
den. Bey dem Ehebruche des einen Ehe-<lb/>
gatten, wird die Ehe-nicht &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
aufgehoben, daß ihre fernere Fortdaurung<lb/>
unmo&#x0364;glich wa&#x0364;re, und daher beruhet es in<lb/>
des andern Ehegatten Willen, ob er einem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">untreuen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0276] haben, daß ſich ein Ehegatte von dem an- dern wegen des Unglaubens ſcheiden ſoll, 1 Cor. Cap. 7. v. 12. 13. Da nun aber Paulus nichts lehret, was die Lehre Chri- ſti aufheben koͤnnte, ſo erhellet daraus, daß Chriſtus dasjenige Wort, ſo im obi- gen Spruche durch Hurerey uͤberſetzt iſt, in engern Verſtande genommen, und dar- unter bloß Unzucht verſtanden haben. §. 5. Obige Ausnahmen von dem goͤttlichen Geſetz, daß ſich ein Ehegatte von dem an- dern nicht ſcheiden ſoll, iſt zu unterſcheiden von denen Faͤllen, welche an und vor ſich die Ehe aufheben, und den einen Ehegat- ten von dem andern voͤllig frey machen. Vorhin war die Frage: kann ein Ehegat- te dem andern die Ehe aufkuͤndigen? Und da war die Antwort, nein, auſſer in dem Falle, ſo ein Ehegatte dem andern durch Ehebruch untreu worden. Jetzo aber wol- len wir dieſe Frage unterſuchen, ob keine Faͤlle moͤglich, welche die Ehe an und vor ſich aufheben, und den andern Ehegatten von der ehelichen Verbindung losmachen, weil alle Abſichten der Ehe unmoͤglich wor- den. Bey dem Ehebruche des einen Ehe- gatten, wird die Ehe-nicht ſolchergeſtalt aufgehoben, daß ihre fernere Fortdaurung unmoͤglich waͤre, und daher beruhet es in des andern Ehegatten Willen, ob er einem untreuen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/276
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/276>, abgerufen am 20.11.2024.