Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Ehestandes gemäß sey oder nicht, und ob
dasjenige, was sie ausdrücken, ihm vor
andern wolgefällig sey oder nicht? Sind es
Worte des Moses, so führet er sie als ein
göttliches Gesetz an, so den Nachkommen
Adams gegeben worden. Sind es Worte
Adams, so hat er sie im Stande der Un-
schuld gesprochen, und sind also der Absicht
des weisen Gottes gemäß, und drücken
aus, was ihm wolgefällig sey. Wir un-
tersuchen daher den Jnhalt derselben ge-
nauer. Doch wir dürfen nicht lange su-
chen, er liegt vor Augen. Er ist dieser,
es sey dem Schöpfer wolgefällig, und stim-
me mit seiner weisen Einrichtung überein,
daß die eheliche Liebe der Liebe der Kinder
gegen ihre Eltern noch vorgehn. Wie lan-
ge soll denn aber das Band der Liebe zwi-
schen Eltern und Kinder dauren? Ein jeder
wird zugeben, daß selbiges so lange dauren
soll, als Eltern und Kinder mit einander le-
ben. So lange muß nämlich die äusserli-
che Ausübung der kindlichen Liebe währen:
die innere Hochachtung aber gegen diejeni-
gen, so uns erzeuget, muß auch der Tod
nicht auslöschen. Die eheliche Liebe soll
nach den weisen Absichten Gottes der kind-
lichen Liebe noch vorgehen. Sie soll folg-
lich noch stärker und fester seyn als diese.
Was liegt also deutlicher in den angezoge-
nen Worten, als dieses? Die eheliche Lie-
be soll, was ihre Ausübung betrift, nach

der

Eheſtandes gemaͤß ſey oder nicht, und ob
dasjenige, was ſie ausdruͤcken, ihm vor
andern wolgefaͤllig ſey oder nicht? Sind es
Worte des Moſes, ſo fuͤhret er ſie als ein
goͤttliches Geſetz an, ſo den Nachkommen
Adams gegeben worden. Sind es Worte
Adams, ſo hat er ſie im Stande der Un-
ſchuld geſprochen, und ſind alſo der Abſicht
des weiſen Gottes gemaͤß, und druͤcken
aus, was ihm wolgefaͤllig ſey. Wir un-
terſuchen daher den Jnhalt derſelben ge-
nauer. Doch wir duͤrfen nicht lange ſu-
chen, er liegt vor Augen. Er iſt dieſer,
es ſey dem Schoͤpfer wolgefaͤllig, und ſtim-
me mit ſeiner weiſen Einrichtung uͤberein,
daß die eheliche Liebe der Liebe der Kinder
gegen ihre Eltern noch vorgehn. Wie lan-
ge ſoll denn aber das Band der Liebe zwi-
ſchen Eltern und Kinder dauren? Ein jeder
wird zugeben, daß ſelbiges ſo lange dauren
ſoll, als Eltern und Kinder mit einander le-
ben. So lange muß naͤmlich die aͤuſſerli-
che Ausuͤbung der kindlichen Liebe waͤhren:
die innere Hochachtung aber gegen diejeni-
gen, ſo uns erzeuget, muß auch der Tod
nicht ausloͤſchen. Die eheliche Liebe ſoll
nach den weiſen Abſichten Gottes der kind-
lichen Liebe noch vorgehen. Sie ſoll folg-
lich noch ſtaͤrker und feſter ſeyn als dieſe.
Was liegt alſo deutlicher in den angezoge-
nen Worten, als dieſes? Die eheliche Lie-
be ſoll, was ihre Ausuͤbung betrift, nach

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0270" n="250"/>
Ehe&#x017F;tandes gema&#x0364;ß &#x017F;ey oder nicht, und ob<lb/>
dasjenige, was &#x017F;ie ausdru&#x0364;cken, ihm vor<lb/>
andern wolgefa&#x0364;llig &#x017F;ey oder nicht? Sind es<lb/>
Worte des Mo&#x017F;es, &#x017F;o fu&#x0364;hret er &#x017F;ie als ein<lb/>
go&#x0364;ttliches Ge&#x017F;etz an, &#x017F;o den Nachkommen<lb/>
Adams gegeben worden. Sind es Worte<lb/>
Adams, &#x017F;o hat er &#x017F;ie im Stande der Un-<lb/>
&#x017F;chuld ge&#x017F;prochen, und &#x017F;ind al&#x017F;o der Ab&#x017F;icht<lb/>
des wei&#x017F;en Gottes gema&#x0364;ß, und dru&#x0364;cken<lb/>
aus, was ihm wolgefa&#x0364;llig &#x017F;ey. Wir un-<lb/>
ter&#x017F;uchen daher den Jnhalt der&#x017F;elben ge-<lb/>
nauer. Doch wir du&#x0364;rfen nicht lange &#x017F;u-<lb/>
chen, er liegt vor Augen. Er i&#x017F;t die&#x017F;er,<lb/>
es &#x017F;ey dem Scho&#x0364;pfer wolgefa&#x0364;llig, und &#x017F;tim-<lb/>
me mit &#x017F;einer wei&#x017F;en Einrichtung u&#x0364;berein,<lb/>
daß die eheliche Liebe der Liebe der Kinder<lb/>
gegen ihre Eltern noch vorgehn. Wie lan-<lb/>
ge &#x017F;oll denn aber das Band der Liebe zwi-<lb/>
&#x017F;chen Eltern und Kinder dauren? Ein jeder<lb/>
wird zugeben, daß &#x017F;elbiges &#x017F;o lange dauren<lb/>
&#x017F;oll, als Eltern und Kinder mit einander le-<lb/>
ben. So lange muß na&#x0364;mlich die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erli-<lb/>
che Ausu&#x0364;bung der kindlichen Liebe wa&#x0364;hren:<lb/>
die innere Hochachtung aber gegen diejeni-<lb/>
gen, &#x017F;o uns erzeuget, muß auch der Tod<lb/>
nicht auslo&#x0364;&#x017F;chen. Die eheliche Liebe &#x017F;oll<lb/>
nach den wei&#x017F;en Ab&#x017F;ichten Gottes der kind-<lb/>
lichen Liebe noch vorgehen. Sie &#x017F;oll folg-<lb/>
lich noch &#x017F;ta&#x0364;rker und fe&#x017F;ter &#x017F;eyn als die&#x017F;e.<lb/>
Was liegt al&#x017F;o deutlicher in den angezoge-<lb/>
nen Worten, als die&#x017F;es? Die eheliche Lie-<lb/>
be &#x017F;oll, was ihre Ausu&#x0364;bung betrift, nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0270] Eheſtandes gemaͤß ſey oder nicht, und ob dasjenige, was ſie ausdruͤcken, ihm vor andern wolgefaͤllig ſey oder nicht? Sind es Worte des Moſes, ſo fuͤhret er ſie als ein goͤttliches Geſetz an, ſo den Nachkommen Adams gegeben worden. Sind es Worte Adams, ſo hat er ſie im Stande der Un- ſchuld geſprochen, und ſind alſo der Abſicht des weiſen Gottes gemaͤß, und druͤcken aus, was ihm wolgefaͤllig ſey. Wir un- terſuchen daher den Jnhalt derſelben ge- nauer. Doch wir duͤrfen nicht lange ſu- chen, er liegt vor Augen. Er iſt dieſer, es ſey dem Schoͤpfer wolgefaͤllig, und ſtim- me mit ſeiner weiſen Einrichtung uͤberein, daß die eheliche Liebe der Liebe der Kinder gegen ihre Eltern noch vorgehn. Wie lan- ge ſoll denn aber das Band der Liebe zwi- ſchen Eltern und Kinder dauren? Ein jeder wird zugeben, daß ſelbiges ſo lange dauren ſoll, als Eltern und Kinder mit einander le- ben. So lange muß naͤmlich die aͤuſſerli- che Ausuͤbung der kindlichen Liebe waͤhren: die innere Hochachtung aber gegen diejeni- gen, ſo uns erzeuget, muß auch der Tod nicht ausloͤſchen. Die eheliche Liebe ſoll nach den weiſen Abſichten Gottes der kind- lichen Liebe noch vorgehen. Sie ſoll folg- lich noch ſtaͤrker und feſter ſeyn als dieſe. Was liegt alſo deutlicher in den angezoge- nen Worten, als dieſes? Die eheliche Lie- be ſoll, was ihre Ausuͤbung betrift, nach der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/270
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/270>, abgerufen am 25.11.2024.