Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

zu Zeiten einen Anfall auf die Ruhe mei-
nes Gemüthes, wenn sie der scharfe Witz
eines Voltaire vorträget. Allein meine
Ruhe wird sofort wieder hergestellet, wenn
ich bedenke, daß keine einzige Geschichte
der Welt mehr Kennzeichen der Richtig-
keit vor sich hat, als die von der Auferste-
hung des Heilandes, und noch nie eine
Geschichte, die solche Merkmaale der Rich-
tigkeit vor sich hat, falsch befunden wor-
den. Man muß aber, wenn man diese
Geschichte mit andern vergleichen will,
nicht hier und da einen einzeln Umstand in
Betrachtung ziehen, und die andern
zurück lassen, sondern man muß sie nach
allen in der Geschichte bemerkten Umstän-
den betrachten, und alsdenn mit andern
Begebenheiten vergleichen, die ihr ähnlich
sind, und alsdenn untersuchen, ob eine also
bekräftigste Geschichte jemals falsch befun-
den worden. Man muß bey der Auferste-
hung Christi insonderheit bemerken, was
von vorhergegangenen Dingen mit dersel-
ben in Verbindung stehet, wer sie zuerst
geglaubet und andern berichtet, und was
man für Absichten dabey gehabt, wie die-
se Nachricht andern glaubwürdig gemacht
worden, und was solches für Verände-
rungen nach sich gezogen. Wenn ich alles
dieses überlege, so muß ich entweder gar
keine Geschichte, die ich nicht selber gese-
hen, glauben, oder ich muß annehmen,

daß
L 5

zu Zeiten einen Anfall auf die Ruhe mei-
nes Gemuͤthes, wenn ſie der ſcharfe Witz
eines Voltaire vortraͤget. Allein meine
Ruhe wird ſofort wieder hergeſtellet, wenn
ich bedenke, daß keine einzige Geſchichte
der Welt mehr Kennzeichen der Richtig-
keit vor ſich hat, als die von der Auferſte-
hung des Heilandes, und noch nie eine
Geſchichte, die ſolche Merkmaale der Rich-
tigkeit vor ſich hat, falſch befunden wor-
den. Man muß aber, wenn man dieſe
Geſchichte mit andern vergleichen will,
nicht hier und da einen einzeln Umſtand in
Betrachtung ziehen, und die andern
zuruͤck laſſen, ſondern man muß ſie nach
allen in der Geſchichte bemerkten Umſtaͤn-
den betrachten, und alsdenn mit andern
Begebenheiten vergleichen, die ihr aͤhnlich
ſind, und alsdenn unterſuchen, ob eine alſo
bekraͤftigſte Geſchichte jemals falſch befun-
den worden. Man muß bey der Auferſte-
hung Chriſti inſonderheit bemerken, was
von vorhergegangenen Dingen mit derſel-
ben in Verbindung ſtehet, wer ſie zuerſt
geglaubet und andern berichtet, und was
man fuͤr Abſichten dabey gehabt, wie die-
ſe Nachricht andern glaubwuͤrdig gemacht
worden, und was ſolches fuͤr Veraͤnde-
rungen nach ſich gezogen. Wenn ich alles
dieſes uͤberlege, ſo muß ich entweder gar
keine Geſchichte, die ich nicht ſelber geſe-
hen, glauben, oder ich muß annehmen,

daß
L 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0189" n="169"/>
zu Zeiten einen Anfall auf die Ruhe mei-<lb/>
nes Gemu&#x0364;thes, wenn &#x017F;ie der &#x017F;charfe Witz<lb/>
eines <hi rendition="#fr">Voltaire</hi> vortra&#x0364;get. Allein meine<lb/>
Ruhe wird &#x017F;ofort wieder herge&#x017F;tellet, wenn<lb/>
ich bedenke, daß keine einzige Ge&#x017F;chichte<lb/>
der Welt mehr Kennzeichen der Richtig-<lb/>
keit vor &#x017F;ich hat, als die von der Aufer&#x017F;te-<lb/>
hung des Heilandes, und noch nie eine<lb/>
Ge&#x017F;chichte, die &#x017F;olche Merkmaale der Rich-<lb/>
tigkeit vor &#x017F;ich hat, fal&#x017F;ch befunden wor-<lb/>
den. Man muß aber, wenn man die&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;chichte mit andern vergleichen will,<lb/>
nicht hier und da einen einzeln Um&#x017F;tand in<lb/>
Betrachtung ziehen, und die andern<lb/>
zuru&#x0364;ck la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern man muß &#x017F;ie nach<lb/>
allen in der Ge&#x017F;chichte bemerkten Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den betrachten, und alsdenn mit andern<lb/>
Begebenheiten vergleichen, die ihr a&#x0364;hnlich<lb/>
&#x017F;ind, und alsdenn unter&#x017F;uchen, ob eine al&#x017F;o<lb/>
bekra&#x0364;ftig&#x017F;te Ge&#x017F;chichte jemals fal&#x017F;ch befun-<lb/>
den worden. Man muß bey der Aufer&#x017F;te-<lb/>
hung Chri&#x017F;ti in&#x017F;onderheit bemerken, was<lb/>
von vorhergegangenen Dingen mit der&#x017F;el-<lb/>
ben in Verbindung &#x017F;tehet, wer &#x017F;ie zuer&#x017F;t<lb/>
geglaubet und andern berichtet, und was<lb/>
man fu&#x0364;r Ab&#x017F;ichten dabey gehabt, wie die-<lb/>
&#x017F;e Nachricht andern glaubwu&#x0364;rdig gemacht<lb/>
worden, und was &#x017F;olches fu&#x0364;r Vera&#x0364;nde-<lb/>
rungen nach &#x017F;ich gezogen. Wenn ich alles<lb/>
die&#x017F;es u&#x0364;berlege, &#x017F;o muß ich entweder gar<lb/>
keine Ge&#x017F;chichte, die ich nicht &#x017F;elber ge&#x017F;e-<lb/>
hen, glauben, oder ich muß annehmen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0189] zu Zeiten einen Anfall auf die Ruhe mei- nes Gemuͤthes, wenn ſie der ſcharfe Witz eines Voltaire vortraͤget. Allein meine Ruhe wird ſofort wieder hergeſtellet, wenn ich bedenke, daß keine einzige Geſchichte der Welt mehr Kennzeichen der Richtig- keit vor ſich hat, als die von der Auferſte- hung des Heilandes, und noch nie eine Geſchichte, die ſolche Merkmaale der Rich- tigkeit vor ſich hat, falſch befunden wor- den. Man muß aber, wenn man dieſe Geſchichte mit andern vergleichen will, nicht hier und da einen einzeln Umſtand in Betrachtung ziehen, und die andern zuruͤck laſſen, ſondern man muß ſie nach allen in der Geſchichte bemerkten Umſtaͤn- den betrachten, und alsdenn mit andern Begebenheiten vergleichen, die ihr aͤhnlich ſind, und alsdenn unterſuchen, ob eine alſo bekraͤftigſte Geſchichte jemals falſch befun- den worden. Man muß bey der Auferſte- hung Chriſti inſonderheit bemerken, was von vorhergegangenen Dingen mit derſel- ben in Verbindung ſtehet, wer ſie zuerſt geglaubet und andern berichtet, und was man fuͤr Abſichten dabey gehabt, wie die- ſe Nachricht andern glaubwuͤrdig gemacht worden, und was ſolches fuͤr Veraͤnde- rungen nach ſich gezogen. Wenn ich alles dieſes uͤberlege, ſo muß ich entweder gar keine Geſchichte, die ich nicht ſelber geſe- hen, glauben, oder ich muß annehmen, daß L 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/189
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/189>, abgerufen am 26.11.2024.